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Vor Gericht in Meißen: Stiefvater vergewaltigt Stieftochter in zwei Fällen

Ein 35-jähriger Mann aus Niederau hat seine Stieftochter zweimal sexuell missbraucht. Er gesteht die Taten, das Opfer soll ihn aber dazu angestiftet haben.

Von Martin Skurt
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Ein Stiefvater nutzte das Vertrauensverhältnis zu seiner Stieftochter, die ihn "Papa" nannte, aus und vergewaltigte sie zweimal.
Ein Stiefvater nutzte das Vertrauensverhältnis zu seiner Stieftochter, die ihn "Papa" nannte, aus und vergewaltigte sie zweimal. © Claudia Hübschmann

Meißen. Am Amtsgericht in Meißen saß am Montag ein 35-jähriger Familienvater auf der Anklagebank. Das war schon der zweite Prozesstag. Er soll seine damals 15-jährige Stieftochter vergewaltigt haben. Und zwar in zwei Fällen. Dadurch habe er bewusst das Vertrauen der Geschädigten ausgenutzt, wie das Gericht urteilt. Der Angeklagte hat das Mädchen schon seit 2013 gekannt. Gemeinsam mit fünf weiteren Kindern sowie der Mutter lebten sie in einem Haus in Niederau. Angeblich hätte ihm die Stieftochter zweideutige Anspielungen gemacht.

An einem Abend im März 2022 saß die Geschädigte auf dem Sofa in der Wohnküche. Der Angeklagte soll sich zu ihr gesetzt haben. Die Stieftochter habe sich an ihn angelehnt. Doch dann fragte er sie, ob er ihre Brüste anfassen darf. Sie habe deutlich Nein gesagt. Der Angeklagte fasste trotzdem zu und streichelte auch den Genitalbereich. Daraufhin führte er seine Finger in die Vagina des minderjährigen Mädchens ein.

Angeklagte nutzte Vertrauensverhältnis aus

Nach Aussagen der Geschädigten erlitt sie dabei Schmerzen. Das nahm der Familienvater billigend in Kauf und ging weiter. Er nahm ihre Hand und führte diese an seinen Penis, um onanierende Bewegungen auszuführen. Seine Stieftochter wollte das nicht und äußerte auch, dass es nicht richtig sei. Einen Monat später zu Ostern gab es einen ähnlichen Fall. Die Stieftochter lag in ihrem Bett. Er legte sich dazu und streichelte wieder ihre Brüste und führte seine Finger in ihr Geschlechtsteil ein. Der Angeklagte habe vermutlich nur gestoppt, da das Fußgetrappel eines wachen Kinds zu hören war. "Wir wissen nicht, was noch passiert wäre", fasst der Richter zusammen.

In beiden Fällen gibt der Angeklagte zu, dass er den sexuellen Missbrauch an seiner Stieftochter begangen habe. Allerdings hätte ihn seine Stieftochter regelmäßig dazu verleitet. So hätten sie vor den Taten miteinander geschäkert, wie Po-Klatscher und Umarmungen. Bei der ersten Tat hätte sie sich an ihn drangekuschelt, nur kurz Nein gesagt, aber dann doch mitgemacht. Er wäre angeblich aufgesprungen, um aufs Klo und auf dem Balkon eine rauchen zu gehen. "Ich hatte ein extrem schlechtes Gefühl", sagt der Angeklagte. Das Mädchen ist weggegangen.

Vor dem Fall habe der Angeklagte seiner Stieftochter außerdem Nachrichten geschickt, ob er mal Hand anlegen dürfe, hält ihm der Staatsanwalt vor. Der 35-Jährige erwidert darauf nur, er hätte so etwas geschrieben und seine Stieftochter hätte ihm das eben gesagt. Er wisse aber im Nachhinein nicht, warum er "diesen Scheiß" geschrieben habe. Die Nachrichten der Geschädigten nach der zweiten Tat sprechen wiederum eine eindeutige Sprache. Sie wolle nicht, was ihr Stiefvater macht. Daraufhin schreibt der Vater wieder nur: "Echt jetzt, ist es so schlimm?" Er wolle ihr doch nur helfen. Diesmal schiebt er noch deutlich nach: Die Geschädigte dürfe niemanden etwas sagen, sonst zerstöre sie die Familie. So übte er Druck auf sie aus, wie der Richter in seinem Urteil darlegt.

In diesem Verfahren wird die Geschädigte zudem durch eine Nebenklägerin vertreten. In ihrem Plädoyer arbeitet sie heraus, wie der Angeklagte ganz bewusst das Vertrauen seiner Schutzbefohlenen ausgenutzt hat. Die Geschädigte war davon beeindruckt und hatte tatsächlich Angst, die Familie kaputtzumachen. Deswegen habe sie sich erst zwei Wochen nach der Tat im April an die Familienhelferin gewendet. Die Stieftochter habe im Angeklagten eine Vaterrolle gesucht und gefunden.

Frau erfährt erst im Gericht von den Details der Taten

Die Mutter wiederum habe ihren Mann sofort nach zwei Wochen Abwesenheit zurückgeholt. Er sei für die Finanzen zuständig. "Die Mutter stellte ihre Bedürfnisse über ihre Tochter", sagt die Nebenklägerin. "Sie verschwendet keinen Gedanken daran, ob ihre anderen Töchter sicher sind." Die Geschädigte habe zudem zu viel Verantwortung für ihr Alter getragen und sich ebenso um die Kinder gekümmert. Gemeinsam mit der Familienhilfe habe sie zum Beispiel trainiert, zu ihrer Mutter Nein zu sagen. Sie habe während der Taten ihres Stiefvaters auch nicht geschrien, um die Kinder nicht zu wecken.

Mittlerweile lebt die Geschädigte nicht mehr zu Hause. In der Zeugenaussage habe die Familienhelferin angedeutet, dass die Geschädigte es nicht verstehen konnte, dass sie und nicht der Angeklagte von zu Hause verstoßen wurde. Sie habe ihre Geschwister acht Monate lang nicht gesehen. Zudem hatte sie psychische Vorbelastungen, um die der Stiefvater wusste und die er auch ausnutzte. Der Angeklagte habe es nicht geschafft, der Familie deutlich zu sagen: Es stimme, was die Stieftochter erzählt.

Das Tragische an der ganzen Geschichte ist, dass ein großer Teil der Familie dem Mädchen nicht geglaubt hat, eingeschlossen seiner Mutter. Allerdings habe auch ihr Mann ihr nicht alles gesagt. Es wäre seit dem Vorfall regelmäßig in ihrer Familie Thema gewesen, der Angeklagte habe ihr aber keine Details verraten. Obwohl der Angeklagte alle Taten vor Gericht zugegeben hat, auch mit den Details. Dem verhandelnden Richter sei dieser Punkt besonders nahe gegangen. "Wir würden uns wünschen, dass mit diesem Urteil nun ein wenig Klarheit herrscht", so der Richter. Der Angeklagte erhielt eine Freiheitsstrafe für drei Jahre.