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Vom Betrüger gibt es jetzt ein Foto

Der Mann hatte eine Meißner Seniorin um 60.000 Euro betrogen. Die Polizei hofft, ihm und seinen Hintermännern auf die Schliche zu kommen.

Von Jürgen Müller & Peter Redlich
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Wer kennt diesen Mann? Er soll eine Meißner Rentnerin im Juni um 60.000 Euro betrogen haben.
Wer kennt diesen Mann? Er soll eine Meißner Rentnerin im Juni um 60.000 Euro betrogen haben. © Polizei

Meißen/Dresden. Es ist der in diesem Jahr im Kreis Meißen bisher spektakulärste Betrugsfall. Die Polizei sucht dringend Zeugen in einem Geschehen, das sich Mitte Juni in Meißen abspielte. Unbekannte hatten damals eine 81-jährigen Meißner Rentnerin um 60.000 Euro betrogen.

Demnach meldete sich mittags ein Mann telefonisch bei der Frau und stellte sich als Anwalt vor, der ihren Sohn vertreten würde. Dieser hätte einen schweren Unfall verursacht und befände sich nun bei der Polizei. Gegen eine Kaution käme er wieder auf freien Fuß.

Die 81-Jährige ließ sich darauf ein, 60.000 Euro an einen vermeintlichen Mitarbeiter des Anwalts zu übergeben. Als sie später den Sohn erreichte, bemerkte sie den Betrug und alarmierte die Polizei.

In der Heinrich-Heine-Straße in Meißen-Zaschendorf hat die Rentnerin an den Betrüger das Geld übergeben.
In der Heinrich-Heine-Straße in Meißen-Zaschendorf hat die Rentnerin an den Betrüger das Geld übergeben. © Claudia Hübschmann

Wie die Polizeidirektion am Dienstagmorgen informierte, sind im Zuge der Ermittlungen zwischenzeitlich Bilder des Geldboten aufgetaucht. Von deren Veröffentlichung erhoffen sich die Kriminalisten Hinweise zur Identität des Mannes.

Es ist außergewöhnlich, dass die Ermittler bei solchen Betrugsfällen mehr als die meist vage Beschreibung des Täters bekommen. In diesem Fall sogar Fotos. Beschäftigt mit den Ermittlungen ist die Kriminalaußenstelle (KAST) der Polizeidirektion Dresden in Meißen. Von dort war zu erfahren, dass ein großer Zufall zu diesem Zwischenerfolg, ein Foto zu haben, geführt hat.

Als die Streifenpolizisten nämlich unmittelbar nach der Anzeige am Ort des Geschehens, der Geldübergabe im Meißner Ortsteil Zaschendorf, waren, seien sie von einem Mann angesprochen worden, der in der Straße sein Auto geparkt und eine sogenannte Dashcam hinter der Windschutzscheibe hat. Eine kleine Kamera, die manche nutzen, um Verkehrsgefährdungen aufzuzeichnen. Der Mann habe die Polizisten darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt der Geldübergabe in der Heinrich-Heine-Straße die Kamera angeschaltet war.

Die Bilder zum betreffenden Zeitpunkt wurden ausgewertet. Die Seniorin hat den Geldabholer erkannt. Jetzt wird nach dem Mann gesucht.

Allerdings wissen die Ermittler um den Leiter des Betrugsdezernats in Dresden, Steffen Schmieder, dass üblicherweise zum Abholen des Geldes nur Boten geschickt werden. Diese werden mit einem bestimmten Betrag dafür bezahlt und fahren mitunter Hunderte Kilometer, wenn eine Übergabe stattfinden soll. Die Hintermänner sitzen zumeist in Callcentern im Ausland, beispielsweise in der Türkei.

Dort, so hatte es Schmieder der SZ erklärt, werden oft türkische Bürger, die in Deutschland gelebt haben und hier mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und geflohen sind, beschäftigt. In akzentfreiem Deutsch telefonieren sie in der Bundesrepublik Namen ab, die mit älteren Personen in Verbindung gebracht werden - etwa solche Personen, die Vornamen haben wie Edeltraud oder Irmgard oder Kurt.

Dann spulen sie ihre Masche vom Sohn oder Enkel in Bedrängnis ab und versuchen, die Rentner in intensive, oft lange dauernde Telefonaten zu verwickeln und zu Angaben ihrer Vermögensverhältnisse zu bewegen. Haben diese die einmal preisgegeben, dann richtet sich eine Kautionsforderung auch nach dem, was zu holen ist.

In dem Meißner Fall soll es ähnlich gewesen sein, so eine Bearbeiterin der Fälle aus der Kriminalaußenstelle. Erschwerend für die 81-jährige Rentnerin sei Stress hinzugekommen. Der Pflegedienst für ihren Mann sei gerade da gewesen. So überrumpelt, ist die Frau offenbar schnell auf die Forderung des vermeintlichen Anwalts eingegangen und hat das Geld letztlich übergeben.

In den letzten Monaten und Wochen haben solche Anrufe wieder wesentlich zugenommen. Der Kripo in Meißen liegen aktuell allein aus den letzten Wochen rund ein Dutzend Fälle zur Bearbeitung auf dem Tisch. Zum Glück meistens ohne den Verlust der Ersparnisse der Rentner. Allerdings zumeist auch, weil das Telefonat durch ein Klingeln an der Tür oder etwas anderes gestört wurde. Auch haben schon Mitarbeiter der hiesigen Banken, etwa der Sparkasse Meißen, Rentner beim Abheben von ungewöhnlich viel Geld auf die Betrugsmasche aufmerksam gemacht und so in letzter Minute Schlimmes verhindert.

Die Kripo-Mitarbeiter und die Polizeidirektion Dresden generell raten deshalb seit Jahren schon, auch in solchen scheinbar schwierigen Situationen wie mit dem vermeintlichen Unfall eines nahen Verwandten, diesen oder andere Personen der Familie anschließend anzurufen und sich nach der Wahrheit zu erkundigen. Außerdem, so Dezernatsleiter Schmieder: "Die Polizei erkundigt sich am Telefon nie nach Vermögensverhältnissen und verlangt Kautionsgelder."

Möglicherweise gelingt es ja den Ermittlern diesmal, dem oder den Tätern näherzukommen. Vielleicht hat jemand in Zaschendorf ein Auto zum Zeitpunkt der Geldübergabe mit fremdem Kennzeichen gesehen und kann dazu der Polizei Hinweise geben. Geschehen ist das alles am Nachmittag des 14. Juni 2021 gegen 15 Uhr im Bereich der Heinrich-Heine-Straße.

  • Hinweise nimmt die Polizeidirektion Dresden unter der Rufnummer 0351 4832233 entgegen.