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Kommt ein Logistiker nach Deutschenbora?

Das Gewerbegebiet in Deutschenbora wird reaktiviert. Mit einem Fach-Großhändler hat sich ein Interessent angemeldet. Handelt es sich dabei um Logistik?

Von Uta Büttner
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Auf einem brachliegenden bereits versiegelten Gelände in Deutschenbora soll ein Gewerbegebiet entstehen.
Auf einem brachliegenden bereits versiegelten Gelände in Deutschenbora soll ein Gewerbegebiet entstehen. © Claudia Hübschmann

Nossen. Die Anwohner in Deutschenbora sind durch den Lärm von den Autobahnen 4 und 14 und durch die Wilsdruffer Straße gestresst. Nun soll auf der brachliegenden Fläche zwischen A4 und Wilsdruffer Straße, wo einst ein Logistikzentrum geplant war, ein Gewerbepark entwickelt werden. Ausdrücklich ausgeschlossen seitens der Stadt Nossen ist dabei ein Logistiker, denn der würde das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen und damit die ohnehin hohe Lärmbelastung weiter verschärfen.

Der Investor für die Planung, Erschließung und Vermarktung des Gewerbegebietes, Fuchs & Söhne Holding GmbH, hat im August dieses Jahres eine Bauvoranfrage an das Landratsamt – die Genehmigungsbehörde – für den Bau einer Gewerbehalle gestellt. Interessent sei ein namhafter, europaweit tätiger Fach-Großhandel für elektronische Bauteile mit einem Umsatz von 382 Millionen Euro und 1.000 Beschäftigten, informierte Christian Halpick von Fuchs & Söhne. Er wölle ein Vertrieb/Verteilzentrum mit Schulungsräumen von circa 25.000 Quadratmeter errichten. Nun gilt es für die Stadt und das Landratsamt zu entscheiden, ob es sich dabei um eine Logistik handelt. Halpick sagt nein, es werde auch nach Großhandels- und nicht Logistiktarif bezahlt.

Halpick ist etwas verärgert, weil er noch keine Rückmeldung vom Landratsamt erhielt. Er habe eine detaillierte Betriebsbeschreibung eingereicht. Doch die würde der Behörde nicht ausreichen. Eigentlich hätte er die Bauvoranfrage überhaupt nicht machen müssen, da es sich ja um einen Elektrogroßhandel handele und dieser laut Bebauungsplan zulässig sei. Sein Interessent hätte ihn aber gebeten, vorab eine zuverlässige Aussage auch von der Gemeinde zu bekommen, denn in der Vergangenheit habe er schon einmal eine schlechte Erfahrung an einem Standort in Österreich gemacht. Aktuell befinde sich die Firma in einem Standortauswahlverfahren. Zur Disposition stehen laut Halpick auch Orte in Polen oder Tschechien. „Wir riskieren die Absage des Unternehmens und die Ansiedlungsverschiebung in Richtung Osten“, warnt er. Er glaube, das Landratsamt spiele auf Zeit, unter anderem auch, weil die Stadt Nossen mit einbezogen wurde. „Die Stadt muss aber gar nicht gefragt werden“, betont er. Doch laut Kreisbauamt Meißen sei die Stadt laut Sächsischer Bauverordnung am Verfahren zu beteiligen, „sie muss dem beantragten Vorhaben zustimmen“, teilte die Behörde mit. Die Bauaufsichtsbehörde entscheide im Einvernehmen mit der Stadt. So werde auf deren Stellungnahme noch gewartet. Doch diese tut sich schwer mit einer Entscheidung.

Mehr als 60 Fahrzeuge pro Tag

So wurde im Technischen Ausschuss Ende Oktober über die Bauvoranfrage beraten. Dabei wurde die Betriebsbeschreibung ausgewertet. Darin heißt es laut Unterlagen der Stadt, es würde sich um eine Verkaufseinrichtung handeln und sei somit zulässig. Weiterhin führte die Verwaltung als Beratungsgrundlage für die Stadträte aus, dass in der weiteren Beschreibung ein Logistikunternehmen beschrieben werde: Anlieferungen mit täglich 20 bis 25 Fahrzeugen und mehr, Auslieferungen täglich mit 40 Fahrzeugen und mehr, ein Drei-Schicht-System müsse möglich sein, die Mitarbeiter seien beim Wareneingang und -ausgang und der Verpackung eingeteilt.

Weiterhin führt die Verwaltung aus, dass Mitarbeiterparkplätze und Kundenstellplätze fehlen und der eingereichte Übersichtsplan weder eine Verkaufsfläche noch einen Kunden-Beratungsraum zeige. Es seien 18 Andockplätze für Lkw geplant. Die derzeitige Schlussfolgerung der Stadtverwaltung lautet deshalb, dass ein Umschlagplatz für Waren offensichtlich sei, welcher ein Logistikunternehmen bedeutet. Werde diese Vermutung durch entsprechend geänderte Unterlagen ausgeräumt, könne eine Zustimmung in Aussicht gestellt werden. Auf Nachfrage bei Fuchs & Söhne teilte Halpick mit, er werde keine weiteren Unterlagen einreichen, „ich habe drei Seiten abgegeben, ich weiß nicht, was ich sonst noch abgeben soll“, sagt er etwas verärgert.

In der Stadtratssitzung Mitte November sollte nach der Beratung entschieden werden, so der Plan. Doch dazu wird es nicht kommen. Problem: Logistik oder Großhandel. Wie wird beides abgegrenzt? Wichtig sei das Verkehrsaufkommen, sagte Stadtrat Michael Thiel von der Unabhängigen Bürgerliste Nossen. Deshalb einigte man sich im Technischen Ausschuss zunächst darauf, mit dem Investor, dem Landratsamt und der Stadt zunächst einen Abstimmungstermin zu vereinbaren. Allerdings werde dieser nicht vor der nächsten Stadtratssitzung stattfinden, weshalb sich die Entscheidung nun weiter verschieben wird. Der ursprünglich geplante Baubeginn, Mitte 2023, zur Erschließung des Gewerbegebietes ist laut Halpick bereits jetzt schon nicht mehr haltbar.