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Verbot von Luxussanierungen: So will sich Dresden gegen extrem steigende Mieten wehren

Wenn Eigentümer ihre Häuser weit über den notwendigen Standard hinaus sanieren, steigen die Mieten. Die bisherigen Mieter können sich ihre Wohnung oft nicht mehr leisten. In einigen Dresdner Vierteln soll das verhindert werden.

Von Dirk Hein
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Wenn zukünftig, wie hier an der Lübecker Straße in Dresden, im Bereich der sogenannten "Milieuschutzsatzung Wohnungen", saniert werden, muss das vorher genehmigt werden.
Wenn zukünftig, wie hier an der Lübecker Straße in Dresden, im Bereich der sogenannten "Milieuschutzsatzung Wohnungen", saniert werden, muss das vorher genehmigt werden. © SZ/ Dirk Hein

Dresden. Bislang sind vergleichbare Probleme vor allem aus Berlin, Hamburg, Köln und Leipzig bekannt: Finanzstarke Eigentümer sanieren ihre Häuser weit über den notwendigen Standard hinaus. Luxussanierungen, der goldene Wasserhahn also, führen zu stark steigenden Mieteinnahmen - und dazu, dass vor allem sozial Schwächere sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können.

Mit sozialen Erhaltungssatzungen, sogenannten Milieuschutzsatzungen, können Städte gegensteuern. Dresden will damit jetzt beginnen.

Was ist eine Milieuschutzsatzung?

"Milieuschutzsatzungen sind in der Baugesetzgebung als Möglichkeit verankert, die Wohnbevölkerung vor Verdrängung zu schützen", sagt Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Gilt so eine Satzung, bekommt die Stadt in dem Gebiet ein Vorkaufsrecht auf zum Verkauf stehende Häuser. Dieses Recht soll noch dieses Jahr weiter gestärkt werden.

Eigentümer sind zudem verpflichtet, alle Sanierungsvorhaben vorab durch die Stadt genehmigen zu lassen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die eigentlich keiner Baugenehmigung bedürfen. Zu genehmigen sind "sowohl an bewohnten als auch an leerstehenden Wohnungen alle Veränderungen an Bestand, Größe oder die Ausstattung." Die Regelung gilt nicht für Neubauten.

Mietwohnungen können zukünftig zudem nicht mehr einfach so in Eigentumswohnungen oder zum Beispiel in ein Notariat oder eine Arztpraxis umgewandelt werden.

Wo soll diese Schutzsatzung bald eingeführt werden?

"Auf der Eigentümer-Seite ist die Begeisterung über so eine Satzung überschaubar. Wir müssen auch daher rechtlich sicher und nachvollziehbar begründen, wo wir so eine Satzung einführen wollen", sagt Bürgermeister Kühn. Seit mehreren Jahren hat die Verwaltung daher in einem ersten Schritt nahezu alle Stadtgebiete überprüft, einzelne Stadtteile ausgeschlossen und so immer kleinteiliger und umfangreicher geprüft.

Für Altlöbtau (4.500 Einwohner) sowie im Bereich Löbtauer Straße/Ostragehege (3.800 Einwohner) sah die Stadtverwaltung 2022 einen „deutlich erhöhten Aufwertungs- und Verdrängungsdruck“ für die vorhandenen Wohngebiete. In diesen Bereichen wurde dann nochmals vertieft geprüft. Alle Bewohner wurde befragt, die erwarteten Bauprojekte und die Gehaltsstruktur der Bewohner analysiert. Das Ergebnis dieser Prüfung liegt nun vor.

Tatsächlich schutzwürdig sind demnach große Bereiche von Altlöbtau; rund um die Wernerstraße und entlang der Oederaner Straße. Ein zweites Gebiet umfasst Teile der Gambrinusstraße und der Semmelweisstraße in Löbtau. Ein drittes, sehr kleines Areal, umfasst eine Seitenstraße der Löbtauer Straße, die Wölfnitzstraße. Betroffen sind etwa 4.500 Wohnungen. Hier soll also die Schutzsatzung eingeführt werden.

Welche Folgen hat das für Mieter und Vermieter?

Die entsprechende Vorlage für die Einführung der Satzung wird demnächst im Rat beraten und wahrscheinlich Anfang 2025 beschlossen. Eigentümer müssen zukünftig jede Sanierung an die Stadt melden und sich diese genehmigen lassen. Die genauen Kriterien, welche Modernisierungen zukünftig noch erlaubt - und welche nicht mehr zulässig sind, müssen noch erarbeitet werden. Zulässig sein werden viele energetisch begründete Sanierungen.

Doch schon beim nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls können laut Thomas Pieper, Abteilungsleiter für Stadtentwicklung im Rathaus, Grenzen erreicht sein. "Viel wird sich auch damit beschäftigen, welche Sanitäranlagen eingebaut werden können", so Pieper weiter. Auch die Frage, ob Parkett oder Laminat verlegt wird, kann eine Rolle spielen.

In dem Gebiet, das nun durch die Satzung geschützt werden soll, sind fast alle Wohnungen nach 1990 bereits saniert worden. Ob diese Standards nicht auch zukünftig reichen, müssen Eigentümer gegenüber der Stadt darlegen.

Einfluss auf das Mietrecht hat die Satzung nicht. Für Mieter besteht kein Anspruch auf sinkende Mietpreise. Dadurch, dass Investoren aber eventuell teure Sanierungen untersagt werden, dürfen diese Mieten nur eng begrenzt anheben. Aufwertungen und Modernisierungen (und deren Folgen) werden verlangsamt, nicht verhindert.

Welche Stadtteile bekommen keine Schutzsatzung?

Um zu bestimmen, welche Stadtteile eine Schutzsatzung bekommen, hat die Stadt eine umfangreiche Übersicht aufgestellt. Darin werden das Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial dem Aufwertungs- und Verdrängungsdruck gegenübergestellt. Für den Bereich an der Löbtauer Straße und in Altlöbtau liegt dieser Wert über der kritischen Schwelle. Für die Innere Altstadt, die Innere Neustadt, für die Leipziger Vorstadt und für Pieschen-Nord liegt der Wert knapp unter der Grenzlinie.

Das kann zum einen daran liegen, dass dort mehr Wohnungen bereits aufwändig saniert sind. Oder daran, dass Bewohner vor Ort höhere Mieten zahlen könnten, ohne umziehen zu müssen. "Die gezogene Linie ist keine politische, sondern eine fachliche. Gerade durch die geplanten Ansiedlungen im Dresdner Norden kann sich das aber ändern", sagt Bürgermeister Kühn. Die Stadt will vor allem in den genannten Gebieten regelmäßig erneut untersuchen, ob eine Schutzsatzung nicht doch notwendig wird.

Wie geht es weiter?

Am 1. März informiert die Verwaltung ab 18 Uhr in Räumen an der Clara-Zetkin-Straße 30 über die geplante Schutzsatzung in einer Infoveranstaltung. Um Anmeldung wird unter www.dresden.de/soziale-erhaltung gebeten. Unter Einbeziehung der dort gegebenen Anregungen, wird die Vorlage für den Rat erarbeitet, die frühestens Ende des Jahres dort beschlossen werden kann.