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Erika und Isolde können jetzt kuscheln

Das Wildgehege Moritzburg hat seit zwei Monaten ein junges Luchsmädchen. Es konnte die Hausherrin bisher nur am Zaun beschnuppern. Was passiert, wenn der offen ist?

Von Sven Görner
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Luchsmädchen Isolde (links) und die bisherige Hausherrin Erika (rechts) konnten sich bisher nur sehen und durch einen Zaun beschnuppern. Seit Wochenmitte können sie sich nun noch näher kommen. Mit einem überraschenden Ergebnis.
Luchsmädchen Isolde (links) und die bisherige Hausherrin Erika (rechts) konnten sich bisher nur sehen und durch einen Zaun beschnuppern. Seit Wochenmitte können sie sich nun noch näher kommen. Mit einem überraschenden Ergebnis. © SZ/Sven Görner

Moritzburg. Isolde, das neun Monate alte Luchsmädchen, hat längst mitbekommen, dass sich Tierpflegerin Sandra Kühnel und Wildgehegeleiter Ronald Ennersch ihrem Gehege nähern. Ob ihre sprichwörtlichen guten Augen die beiden zuerst entdeckt haben oder ihre nicht minder perfekten Ohren sie auf die Näherkommenden hingewiesen haben, bleibt dabei im Ungewissen. Aber vielleicht ist der Vertreterin von Europas größter Raubkatzenart ja auch der Duft des in kleine Würfel geschnittenen Rindfleischs in die Nase gestiegen, das die junge Frau in einem kleinen Eimer dabei hat.

Jedenfalls kommt Isolde der Tierpflegerin auf ihrer Seite des Zauns entgegengelaufen. Die elfjährige Luchsdame Erika beobachtet das Geschehen aus einiger Entfernung. Bei ihrem Sonnenbad in der bereits angenehm wärmenden Wintersonne lässt sie sich davon aber nicht stören. Wer die Szene beobachtet, könnte meinen, dass die beiden Luchse schon lange in dieser Anlage zusammen leben.

Dabei ist Isolde erst vor zwei Monaten aus dem Norden nach Moritzburg gekommen - aus dem privaten Wildpark Schwarze Berge in der Nähe von Hamburg. In ihrem neuen Zuhause hatte Ronald Ennersch sie erst einmal in dem überdachten Teil der Luchsanlage untergebracht. Sowohl dort, als auch im Freigehege wurden die beiden Tiere zunächst voneinander getrennt. Die ersten Tage konnten sie nur den Geruch des anderen aufnehmen.

Tierpflegerin Sandra Kühnel trainiert mit Isolde.
Tierpflegerin Sandra Kühnel trainiert mit Isolde. © SZ/Sven Görner

Schließlich durfte Isolde einen Teil des Geheges erkunden. Ein relativ großmaschiger Forstzaun ermöglichte zudem ausreichend Blickkontakt. Ihre Nasen konnten die beiden Luchse durch den Zaun aber trotzdem nicht zusammenstecken. Denn wie die äußere Absperrung ihrer Anlage ist auch dieser durch stromführende Drähte gesichert. Denn wie alle Katzen sind auch Luchse ausgezeichnete Kletterer.

Ganz nah, wenn auch noch nicht zu nahe, konnten sich Erika und Isolde trotzdem kommen. Im Zaun zwischen den beiden Teilen des Freigeheges gibt es Schieber und Türen. Dort war es möglich, dass sich beide beschnuppern, ohne dass es gefährlich werden konnte.

„Als nächsten Schritt haben wir Isolde dann in den größeren Teil des Geheges gelassen, während Erika dafür in den anderen kam“, sagt Sandra Kühnel. So konnte das Luchsmädchen alles in Ruhe entdecken, sich auch Rückzugsmöglichkeiten und Fluchtwege suchen.

„Nach diesen zwei Wochen haben wir gedacht, dass wir es jetzt versuchen könnten, die beiden zusammenzulassen“, ergänzt die junge Frau. Ob das funktionieren würde, war dennoch ungewiss. „Ich war sehr aufgeregt“, gesteht Sandra Kühnel.

Was dann passierte, überraschte sie dann umso mehr. „Erika hat sich von Isoldes Anwesenheit nicht aus der Ruhe bringen lassen.“ Und das Luchsmädchen sei zunächst herumspaziert, als wäre es allein. „Nach einer Weile ist Isolde dann zu Erika gegangen, hat sich zu ihr gelegt und sich angekuschelt.“ Und wie hat die darauf reagiert? „Kein Knurren, kein Fauchen - nichts. So als wären die beiden schon immer in dem Gehege zusammen. Das hat mich dann doch überrascht“, ergänzt die Tierpflegerin.

Isolde (rechts) und Erika (links) haben jetzt gemeinsam viel Platz im Gehege.
Isolde (rechts) und Erika (links) haben jetzt gemeinsam viel Platz im Gehege. © SZ/Sven Görner

Das war vor drei Tagen. Seitdem beschäftigen sich die beiden Luchse mal mehr mal weniger miteinander. Dabei ist Isolde gar nicht scheu. Manchmal sogar etwas übermütig. So wie beim Besuch am Freitag im derzeit coronabedingt geschlossenen Wildgehege. Als Erika mit zu Isolde an den Zaun kommt, knurrt diese. Was die bisherige Hausherrin mit einem Fauchen quittiert. Das war’s dann aber auch schon wieder.

Isolde folgt indes Sandra Kühnel zum überdachten Teil der Anlage. Denn das Luchsmädchen weiß sehr genau, was jetzt kommt. Die Tierpflegerin holt einen Teleskopstab mit einer kleinen blauen Kugel an der Spitze und ein Holzstöckchen hervor. Die Tierpflegerin bewegt die blaue Kugel am Zaun entlang - Isolde verfolgt diese mit den Augen und stupst schließlich mit Nase und Maul danach. Das klappt auch ganz oben, weil das Luchsmädchen blitzschnell hochklettert. Bei erfolgreichem Kontakt drückt Sandra Kühnel eine Taste am Stab und es macht Klick. Für Isolde das Signal, dass nun das Holzstöckchen zum Einsatz kommt - mit einem Stück Fleisch an der Spitze.

„So können wir Isolde nicht nur beschäftigen und vertrauter mit ihr werden, sondern sie auch dazu bringen, sich aufzurichten, falls es mal notwendig sein sollte, sich ihren Bauch genauer anzusehen.“ Was die Tierpflegerin überrascht hat: Das Klick-Spiel hat auch Erika neugierig gemacht.