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Napoleon lässt grüßen

Der mächtigste und umstrittenste Funktionär im deutschen Handball feiert 50. Geburtstag – mit einem besonderen Gast.

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© Fotostand

Von Nils Bastek

Mit Vornamen heißt Bob Hanning eigentlich Hans Robert. So steht das in seinem Pass, so nennt den Handball-Manager aber niemand. Bob ist kürzer, lockerer, einprägsamer und auch deutlich praktischer für jemanden wie Bob Hanning, der konsequent duzt und auch geduzt werden möchte. „Meine Eltern Manfred und Layla sind große Fans von Bob Dylan, der ja eigentlich als Robert Zimmerman geboren wurde“, sagte er mal. So wurde auch bei ihm aus Robert Bob. Lässt sich leicht merken, wie seine Körperlänge von 1,68 Metern, die oftmals noch kleiner wirken, weil er sich in der Regel zwischen mindestens 1,90 Meter großen Handballern bewegt.

Mit seiner Familie, zu der seine Lebensgefährtin und frühere Weltklasse-Sprinterin Katrin Krabbe gehört, zeigt sich der 50-Jährige aber nur selten.
Mit seiner Familie, zu der seine Lebensgefährtin und frühere Weltklasse-Sprinterin Katrin Krabbe gehört, zeigt sich der 50-Jährige aber nur selten. © DAVIDS/Darmer

Hanning wird an diesem Freitag 50 Jahre alt, und er ist der Mächtigste im gesamten deutschen Handball. Offiziell bekleidet er „nur“ das Amt des Vizepräsidenten des Deutschen Handballbundes (DHB). Praktisch aber bestimmt Hanning seit Jahren die sportlichen Geschicke der mit Abstand wichtigsten DHB-Marke, der Männer-Nationalmannschaft. „Ich würde mich schon als sehr konsequent bezeichnen“, hat er mal dem Tagesspiegel gesagt.

Mit Konsequenz gegen Widersacher

Seit 2013 arbeitet Hanning neben seinem Job als Manager der Füchse Berlin nun für den DHB – und seine Konsequenz hat ihm viele Widersacher beschert. Kurze Zeit nach seinem Amtsantritt kam es zum Zerwürfnis mit dem ehemaligen DHB-Präsidenten Bernhard Bauer, dem ein erbitterter Machtkampf folgte. Bauer versuchte Hanning mithilfe einiger Landesverbände aus dem DHB zu drängen, was aber scheiterte, sodass Bauer sich stattdessen selbst verabschiedete. Auch den heftigen Streit mit Ex-Bundestrainer Heiner Brand überlebte Hanning.

Bis zu den Olympischen Spielen 2004 war Hanning noch Brands Co-Trainer gewesen. Die Rollen wechselten, als Hanning 2013 DHB-Vize wurde und der Einfluss des damaligen DHB-Managers Brand dadurch immer stärker abnahm. Brand wollte Hanning nie als seinen Vorgesetzten akzeptieren. Dieser habe eine „narzisstische Persönlichkeitsausprägung“, polterte Brand damals in der Sport-Bild. Bei Hanning stehe die Eigeninszenierung im Vordergrund, er „braucht Leute und benutzt sie“. Aber auch Brand verschwand irgendwann aus dem DHB. Hanning blieb – und hat inzwischen gefühlt mehr Feinde als Freunde.

Ein guter Kumpel aber kehrt extra zu Hannings 50. Geburtstag zurück nach Berlin. Dagur Sigurdsson, der einstige Erfolgscoach der deutschen Handballer, ist einer der wenigen Gäste des umtriebigen Funktionärs, der mit ihm in einem Berliner Restaurant feiern wird. „Es kommt ein ganz, ganz kleiner Kreis aus engen Freunden und Familie“, sagt Hanning. Allerspätestens seit dem sensationellen EM-Sieg der DHB-Auswahl 2016 in Polen zählt auch Sigurdsson zu diesem engen Kreis. Der runde Ehrentag fällt allerdings in eine für den deutschen Handball turbulente Phase, an das Gold-Märchen denkt zurzeit kaum noch jemand.

Stattdessen wird im DHB immer noch über die Zukunft von Bundestrainer Christian Prokop debattiert, den Hanning Anfang 2017 nach Sigurdssons überraschendem Abschied als Nachfolger auserkoren hatte. Nach der desolaten EM in Kroatien steht daher auch Hanning in der Kritik. Wie es nun mit Prokop weitergeht, ist immer noch nicht geklärt. Seinen Geburtstag will Hanning sich davon aber nicht verderben lassen. Bei einem Glas Wein mit Sigurdsson werden beide auch Gedanken an die erfolgreiche gemeinsame Zeit aufkommen lassen.

Sigurdsson war 2014 Hannings Idee gewesen und bis heute sein vielleicht größter Coup. Fünf Jahre zuvor hatte er den Isländer bereits zu den Füchsen geholt, anschließend setzte er ihn auch gegen einige Widerstände als Bundestrainer durch. Als Hanning beim DHB anfing, lag die Nationalmannschaft am Boden. Sigurdsson führte sie dann im Rekordtempo zum EM-Sieg und Olympia-Bronze. All die Widersacher, von denen Hanning schon seine halbe Karriere lang begleitet wird, waren verstummt. Jetzt regen sie sich wieder.

Ex-Bundestrainer Brand kritisiert die Führungsstruktur des DHB und meint damit vor allem Hanning. Der frühere Bundesliga-Coach Martin Schwalb motzte, dass Hanning mit Prokop einen Trainer ohne internationale Erfahrung geholt habe. „Davon lasse ich mir meinen Geburtstag aber sicher nicht verderben. Ich sehe das wie eine Dartsscheibe. In meinem Leben können mich nur meine Freunde treffen. Ansonsten stehe ich daneben und schaue den Pfeilen zu“, sagt Hanning.

Die flotten Sprüche lagen ihm schon immer. Der gebürtige Essener polarisiert seine ganze Karriere lang, vielleicht hat er deshalb so gut mit Sigurdsson harmoniert.

Neue Haare und schräge Pullover

Man kann über Hanning ohnehin vieles sagen, denken oder sich wundern, warum er sich vor Jahren mal im Outfit von Napoleon hat fotografieren lassen und wieso er dem Boulevard intensiv über eine Haartransplantation berichtete: „Da wurden die Haare verpflanzt, es wurden 3 200 Löcher in meine Kopfhaut gebohrt. Das Geräusch und die Schmerzen waren trotz K.o.-Tropfen schwer zu ertragen“, erzählte er. Auch über seine oft schrägen Pullover lässt sich diskutieren. Aber egal was er trägt, sagt oder macht: Es passiert alles aus Kalkül.

Den Napoleon gab er zu PR-Zwecken, als es seinem Ex-Klub HSV Hamburg finanziell schlecht ging und generierte so wichtige Sponsorengelder. Mit Gesprächen über seine Haare oder bunten Pullis fällt er auf, wodurch letztlich der Handball auffallen soll, dem er sein Leben gewidmet hat. Am auffälligsten aber ist die sportliche Bilanz. Die Füchse Berlin formte er vom Zweitligisten zu einem der besten deutschen Klubs. Mit ihm kehrte beim DHB der Erfolg zurück, zumindest aber veränderte Hanning das Denken im deutschen Handball nachhaltig. Einen Aufsteiger wie Prokop hätte es sonst nie als Bundestrainer gegeben.

„Bob ist ein Alphatier, er marschiert immer vorneweg. Man kann sich das vorstellen wie einen Schneepflug, der den Weg freiräumt“, schreibt Sigurdsson in seinem Buch „Feuer und Eis“. Irgendwie passend derzeit, klimatisch und überhaupt. (dpa)