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Warum ein Nieskyer Cocktails mixt, obwohl er einen Automaten dafür hat

Mit dem Cocktailautomaten verwirklicht sich Barkeeper André Köhler einen lang gehegten Wunsch, den er erst selbst umsetzen wollte. Die Premiere der Anschaffung steht fest.

Von Steffen Gerhardt
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Mit dem Automatenerfinder Arne Müller (links) von "Cocktail-Chef" stößt Cocktailzauberer André Köhler auf die ersten Cocktails aus dem Automaten an.
Mit dem Automatenerfinder Arne Müller (links) von "Cocktail-Chef" stößt Cocktailzauberer André Köhler auf die ersten Cocktails aus dem Automaten an. © SZ/Steffen Gerhardt

Doppelagent James Bond würde an der Bar von André Köhler stehen und einen geschüttelten Wodka Martini von ihm verlangen. An dem neuen Cocktailautomaten des Nieskyer Barkeepers würde sich der britische Geheimagent nicht vergreifen wollen, denn dieser kann die Getränke weder schütteln noch rühren.

Darüber dürfte André Köhler froh sein. "Ich habe mir diesen Automaten nicht dafür zugelegt, dass er jetzt meinen Job übernimmt, sondern als Ergänzung zu meiner Tätigkeit als Barkeeper", sagt der 39-Jährige. Unter dem Namen "Cocktailzauberei" ist er weit über Niesky hinaus bekannt. Selbst am Nordkap in Norwegen schätzen die Leute seine selbst gemixten Getränke. "Das ist bisher das Weiteste, wohin ich gefahren bin." Ansonsten ist Deutschland seine Bühne.

Der Wunsch kam vor 15 Jahren

So einen Automaten zu besitzen, das ist schon viele Jahre sein Wunsch. "Ich hatte mir vor 15 Jahren schon Gedanken gemacht, so ein Gerät selbst zu bauen. Das ist nicht billig und die Garantie, dass es dann auch funktioniert, gab mir keiner." Also ließ André Köhler die Finger davon, schließlich muss so ein Gerät nicht nur technisch rund laufen, sondern auch Hygienevorschriften einhalten. Denn die Genussmittel, die durch die Schläuche fließen, sind Lebensmittel.

In Ruhe gelassen hat ihn das Vorhaben aber nicht. André Köhler stöberte im Internet und fand schließlich eine Firma in Amöneburg in Mittelhessen, die solche Automaten herstellt. "Ich war gleich begeistert von der Technik und was der Automat so alles kann. Am nächsten Tag war einer schon bestellt", berichtet der Barkeeper. Vergangenen Sonnabend fuhr "Cocktail-Chef" Arne Müller mit seinem Lieferfahrzeug auf den Hof von André Köhler. Beide rollten den Automaten in die Party-Garage und holten die notwendigen Getränkeflaschen herbei, um den Bauch des Automaten zu füllen.

Vom Bastelobjekt zum Serienprodukt

Arne Müller erzählt, dass er ein Bastler ist, wie es André Köhler sein wollte. Nach verschiedenen Versuchen und Prototypen ging die erste Cocktail-Chef-Anlage 2013 zum Fasching nach Kirchhain. Der Automat hielt, was er versprach und die Narrenschaft ist davon begeistert gewesen. Noch im selben Jahr bezog Arne Müller eine Werkstatt in Amöneburg-Mardorf und die Serienfertigung begann.

Elf Jahre spätere spricht Arne Müller von rund 150 Cocktailautomaten, die neben Deutschland auch in Belgien, Österreich und der Schweiz stehen. Ach ja, und nach Mallorca lieferte Müller 2022 die erste Anlage. Inzwischen haben seine Töchter Julia und Johanna Müller das Geschäft übernommen. Arne Müller tritt eigentlich kürzer, aber das Ausliefern lässt er sich nicht nehmen. Da fährt er an einem Tag schon mal gut 1.000 Kilometer hin und zurück, um so eine Anlage nach Niesky zu bringen.

Barkeeper André Köhler zeigt das Innere des Cocktailautomaten. Wichtig ist, dass die Kanister immer gefüllt sind. So wie der Tank im Auto. Sonst bleibt alles stehen.
Barkeeper André Köhler zeigt das Innere des Cocktailautomaten. Wichtig ist, dass die Kanister immer gefüllt sind. So wie der Tank im Auto. Sonst bleibt alles stehen. © SZ/Steffen Gerhardt

30 verschiedene Cocktails

André Köhler ist begeistert von den Möglichkeiten. 30 unterschiedliche Cocktails bietet die Maschine zeitgleich an. Wer es darauf anlegt, kann in der Stunde 120 bis 150 Getränke "zapfen". Vorausgesetzt, die nachfüllbaren Fünf-Liter-Kanister im Unterdeck werden nicht leer. Man wählt auf einem Display seine Getränke-Nummer und drückt auf "Start" - und schon füllen sich die transparenten Plastikschläuche mit bunten Flüssigkeiten, die im Glas ein Cocktail werden. Mit oder ohne Alkohol.

Die Automatencocktails sind zwar nicht vergleichbar mit den Cocktails, die der Meister seines Faches im Cocktailshaker schüttelt, aber die Qualität stimmt bei beiden. Das ist André Köhler wichtig. Mit den gleichen Zutaten, die er nimmt, wird auch der Automat gespeist. Für Familien- und Betriebsfeiern, aber auch zu anderen Anlässen ist der gemietete Automat eine gute Alternative für die Gastgeber, die auf einen Barkeeper und sein Personal verzichten möchten, sagt André Köhler zum Verwendungszweck.

Der Beruf ist ein anderer

Den Cocktailshaker showmäßig über den Kopf kreisen zu lassen, nicht nur das hat André Köhler gelernt. Der Nieskyer stammt aus einer Gastronomiefamilie, wie er erzählt. Das färbte auf ihn ab, mit dem nicht alltäglichen Wunsch, Barkeeper zu werden. Wissen, Erfahrung und Fertigkeiten eignete sich Köhler zuerst in den Diskos in Mücka und Weigersdorf an. Er stand in Bautzen hinter einer Cocktailbar, besuchte Kurse an der "Barschule" in Rostock. 2011 entschloss er sich, seine Cocktailzauberei als Nebengewerbe anzumelden. Denn André Köhler hat einen ganz anderen Beruf erlernt: Straßenwärter. Damit ist er bei der Straßenmeisterei in Weißwasser beschäftigt.

Seinen Cocktailzauber entfaltet er vorwiegend an den Wochenenden. Premiere wird sein Cocktailautomat zu Pfingsten beim Reit- und Springturnier in Horka haben.