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Kreis Görlitz: Der Wirt des Gasthofes Sweet Water Station lebt nicht mehr

Er kam aus Radebeul nach Niesky. Um Andreas Rothe trauert nicht nur seine Familie in Kosel. Wie es mit dem Gasthof jetzt weitergeht.

Von Steffen Gerhardt
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Andreas Rothe (im Foto) ist mit 66 Jahren gestorben. Er hat die Sweet Water Station mit seiner Frau Doris (links)  gemeinsam vor 15 Jahren im Niesyker Ortsteil Kosel aufgebaut. Sie und Tochter Marita werden das Restaurant weiterführen.
Andreas Rothe (im Foto) ist mit 66 Jahren gestorben. Er hat die Sweet Water Station mit seiner Frau Doris (links) gemeinsam vor 15 Jahren im Niesyker Ortsteil Kosel aufgebaut. Sie und Tochter Marita werden das Restaurant weiterführen. © André Schulze

Ohne Hut ging Andreas Rothe nie aus dem Haus. Selbst in seiner Gaststätte im Nieskyer Ortsteil Kosel, die er zusammen mit seiner Frau Doris Rothe führte, sahen die Gäste den Wirt immer mit einem Cowboyhut den Kopf bedeckt. Beides erleben Frau, Stieftochter und die vielen Gäste nicht mehr. Am Montag vor Weihnachten ist der erst 66-Jährige verstorben.

Die Sweet Water Station ist sein Western-Saloon gewesen. Was sich viele Jahrzehnte Deutsches Haus nannte, einige Jahre leer stand, wurde ab 2009 zu einem beliebten gastronomischen Treffpunkt nicht nur für Cowboy- und Western-Fans, sondern auch für Familien und Gesellschaften. Schließlich bietet der einstige Dorfgasthof und jetzt Steak-Haus nicht nur eine Gaststätte, sondern auch einen großen Saal und vier Fremdenzimmer.

Aufgeben ist nicht

"Es geht weiter", sagen Witwe Doris Rothe und ihre Tochter Marita Herenz. "Wir führen das Haus im Sinne meines Mannes fort. Das hätte er so gewollt", betont Doris Rothe. Auch wenn es für die 57-Jährige ein großer Verlust ist, nein, aufgeben wird sie ihr gemeinsames Lebenswerk nicht. "Da steckt unser Herzblut und unser Geld drin." Zudem der Arbeitsplatz einer langjährigen Angestellten.

Die Sweet Water Station in Kosel bleibt als Pension und Gaststätte weiterhin geöffnet. Die Küche ist von Mittwoch bis Sonntag ab 17 Uhr für die Gäste bereit.
Die Sweet Water Station in Kosel bleibt als Pension und Gaststätte weiterhin geöffnet. Die Küche ist von Mittwoch bis Sonntag ab 17 Uhr für die Gäste bereit. © André Schulze

Es ist ein großes Wagnis gewesen, den gut laufenden Karl-May-Saloon in Radebeul, gleich neben dem Karl-May-Museum, aufzugeben und aufs Land in die Peripherie der Kleinstadt Niesky zu ziehen. "Die Pacht wurde uns beiden zu hoch und so suchten wir nach einem neuen Objekt. Mein Wunsch war dabei in die Lausitz, meine Heimat, zurückzukehren. Schließlich bekamen wir das Angebot eines Radebeuler Gastes, seinen Besitz in Kosel zu kaufen." Schon nach der ersten Besichtigung stand für Andreas und Doris Rothe fest: "Das wird unser neues Gasthaus!"

Vom Elektriker zum Gastronom

Für beide ist die Gastronomie zur Jahrtausendwende Neuland gewesen, als sie zum 25. Februar 1999, dem Geburtstag von Karl May, ihren Saloon in Radebeul eröffneten. Andreas Rothe ist gelernter Elektriker, seine Frau Lebensmitteltechnologin. Sie arbeitete als Laborleiterin. Für den in Dresden aufgewachsenen Andreas Rothe ist es die dritte Ehe, die er mit Doris Herenz einging. Für sie selbst die zweite Ehe. "Andreas und ich wollten nicht nur eine Beziehung, sondern auch einen neuen Lebensinhalt - und dieser führte uns zur Gastronomie", erzählt die Witwe.

Obwohl in Sachsen zu Hause, hatte Andreas Rothe schon immer ein Faible für den Wilden Westen. Das machte er nicht nur mit Hut und Stiefel deutlich. "Mein Mann trug fast nur Jeans und hat mich mit seinem Western-Virus infiziert", ergänzt Doris Rothe. Das zeigte sich nicht nur in der Ausgestaltung und auf den Speisekarten der beiden geführten Gaststätten in Radebeul und Kosel. Die Hochzeit verlief ebenfalls standesgemäß in Nashville, der Hauptstadt des amerikanischen Bundesstaates Tennessee.

Überhaupt sind die USA ein beliebtes Reiseziel für die beiden. Und nicht nur für sie. Marita Herenz siedelte nach der 10. Klasse für ein Jahr in die USA, besuchte dort die Highschool und lebte in Los Angeles und Kansas City an der Grenze zu Kanada. "Bekannt ist die Stadt für ihre Barbecues und ihre Jazz-Vergangenheit. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt", erzählt die heute 29-Jährige. Die amerikanische Barbecues-Tradition brachte sie mit nach Deutschland.

Tochter führt Saloon fort

Wieder in Deutschland lernte Marita Herenz im "Tuchmacher" in Görlitz Hotelfachfrau und stieg damit in die Familiengastronomie in Kosel ein. "Eigentlich bin ich in der Gaststätte groß geworden, schon als Dreijährige wirbelte ich durch den Karl-May-Saloon", erzählt die junge Frau. Zusammen mit ihrem Freund wohnt sie in Kosel. "Marita wird die Sweet Water Station übernehmen, darüber sind sich mein Mann und ich einig gewesen", sagt Doris Rothe - und ihre Tochter nickt dazu.

Westernfreunden wird der Name bekannt vorkommen. In dem Film "Spiel mir das Lied vom Tod" gibt es einen Saloon gleichen Namens. "Davon ließ sich mein Mann inspirieren", sagt seine Frau. Auch wenn der Filmtitel jetzt makaber klingen mag. "Andreas mochte schwarzen Humor und er ging ihm locker über die Lippen", fügt sie hinzu.

Seit 2021 sind Rothes mit ihrer Smoker-Lokomotive auch mobil unterwegs. Sie bietet eine besonders schonende und schmackhafte Zubereitung von Fleisch.
Seit 2021 sind Rothes mit ihrer Smoker-Lokomotive auch mobil unterwegs. Sie bietet eine besonders schonende und schmackhafte Zubereitung von Fleisch. © SZ-Archiv/André Schulze

Er stand gern im Mittelpunkt

Andreas Rothe ist ein geselliger Mensch gewesen. "Er brauchte immer Leute um sich. Hatten wir Veranstaltungen im Saal, stand Andreas auf der Bühne und eröffnete das Programm", erzählt seine Frau. Im vergangenen Jahr hat sich der Gastronom aus dem Geschäft zurückgezogen. Widmete sich mehr den beiden Ponys, genannt seine "Mädels", und dem Schäferhund Bonny, der im vergangenen Jahr neu aufs Grundstück kam und in der Gewöhnungsphase war.

"2023 war für uns kein gutes Jahr", sagt Doris Rothe und wischt sich die Tränen von der Wange. Zum Jahresanfang starb nach 14 Jahren plötzlich die liebgewonnene Dogge von ihrem Mann. Im Norwegen-Urlaub im Frühjahr musste Andreas Rothe mit einem Herzinfarkt in die Klinik eingeliefert werden. Obwohl Besserung in Aussicht gestellt wurde, hat sich das Herz seitdem nicht wieder erholt und versagte am 18. Dezember seinen Dienst für immer.

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"Wir hatten gemeinsam noch so viel vor, wollten in Mexiko Freunde besuchen und auch wieder in die USA reisen", berichtet Doris Rothe. Dann schaut sie auf die Terrasse hinter dem Haus. "Wir wollten sie ausbauen und darauf zwei Schaukelstühle stellen und im Ruhestand die Natur genießen."