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Wie der Rothenburger Gasthof "Zur Neiße Aue" unter dem Straßenbau leidet

Stefanie Röhle betreibt seit 30 Jahren den Gasthof. Doch zum Feiern ist ihr nicht zumute. Sie ist nicht die Einzige, der der Bau der Noeser Straße in der Kleinstadt Rothenburg Probleme bereitet.

Von Steffen Gerhardt
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Stefanie Röhle betreibt in Rothenburg die Gaststätte und Pension "Zur Neiße Aue". Nun hat sie eine Baustelle vor der Nase und viel weniger Gäste.
Stefanie Röhle betreibt in Rothenburg die Gaststätte und Pension "Zur Neiße Aue". Nun hat sie eine Baustelle vor der Nase und viel weniger Gäste. © André Schulze

Auf das Mittagessen von Stefanie Röhle wollen Peter Mattusch und einige seiner Kollegen bei Lausitz Elaste nicht verzichten. Aber die direkte Straßenverbindung vom Flugplatz zur Gaststätte ist seit einem Monat unterbrochen. Die Noeser Straße am nördlichen Stadteingang von Rothenburg wird grundhaft ausgebaut.

Also kam Peter Mattusch auf die Idee, "wenn ich schon mit dem Auto nicht durchkomme, dann doch mit dem Fahrrad". Inzwischen kombiniert er beides. Mit seinem Pick-up fährt er bis an die Baustelle, nimmt das Fahrrad von der Ladefläche und radelt damit bis zum Gasthof "Zur Neiße Aue" - und auf die gleiche Weise geht es zurück.

Auf jeden Gast angewiesen

Das freut Stefanie Röhle, denn in diesen Wochen ist sie auf jeden Gast angewiesen. Eigentlich hat die ehemalige Musiklehrerin einen Grund zu feiern. Vor 30 Jahren machte sie sich mit der Gaststätte und Pension in Noes selbstständig. "Das wollten wir groß feiern, aber durch die Baustelle werden wir das Fest ausfallen lassen, weil die Gäste ausbleiben", erzählt die Rothenburgerin.

Ihre Gaststätte liegt genau am Ende oder Anfang der Baustelle. Von der Stadt kommend, kann man bis zu ihr fahren. Aus nördlicher Richtung müssen Kraftfahrer ab Lodenau die Umleitung über Neusorge und Bremenhain nehmen. Frau Röhle hat dabei die Erfahrung gemacht, dass bereits die Hinweisschilder auf der B 115 in der Kunnersdorfer Senke und bei Krauschwitz Rothenburg als Sackgasse kennzeichnen. "Das schreckt viele Kraftfahrer und damit auch Gäste ab, überhaupt die Straße entlang der Neiße zu nehmen", sagt die Gastwirtin.

Weite Wege für Firmen und Gewerbe

Von der Baustelle betroffen ist auch das Handwerk sowie die Firmen im Gewerbegebiet Friedensstraße. Frank Leopold führt wenige Häuser nördlich von Frau Röhle einen Dachdeckerbetrieb. Sein Lager und die Fahrzeuge stehen auf dem Flugplatzgelände. "Wir fahren jeden Tag einen Umweg von zehn Kilometern, um an unser Material zu kommen", erzählt der Unternehmer. Dass die Straße gemacht werden muss, dafür hat der Rothenburger Verständnis. Aber dass man dafür ein Dreivierteljahr braucht, um bei Vollsperrung das umzusetzen, dafür fehlt ihm das Verständnis.

Aufs Fahrrad umgestiegen ist Peter Mattusch. Er holt für sich und Kollegen bei Lausitz Elaste das Mittagessen von Stefanie Röhle.
Aufs Fahrrad umgestiegen ist Peter Mattusch. Er holt für sich und Kollegen bei Lausitz Elaste das Mittagessen von Stefanie Röhle. © André Schulze

Beim Fensterproduzenten Evers muss man sich auch umstellen, besonders was das Bringen und Abholen von Material beziehungsweise Fenstern ist. Geschäftsführer Stephan Quill sagt, dass das Unternehmen von Norden her gut zu erreichen ist, weil die Baustelle erst am Stadteingang beginnt. Aber die Ausschilderung irritiert die Lkw-Fahrer. In Lodenau stehen Sackgassen-Schilder mit dem Zusatzschild "3 km". "Ortsfremde wissen das nicht einzuordnen. Deshalb wäre der Zusatz ,Bis Gewerbegebiet frei' sinnvoller", sagt der Bauelemente-Chef.

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Dieser Änderungswunsch ist auch schon mehrfach ins Rothenburger Rathaus geschickt worden. Bürgermeister Philipp Eichler hebt aber die Hände, weil für die Straße und damit auch die Ausschilderung das Landesamt für Straßenbau und Verkehr zuständig ist. Die Stadt ist mit dem Amt dazu im Gespräch.

Oberschüler kommen zu spät

Mit chaosähnlichen Zuständen hat es die Oberschule zu tun. Wie SZ von der Schulleitung erfuhr, müssen die Schulbusse aus dem Süden die Umleitung durch Bremenhain nehmen. Mit der Folge, dass die Oberschüler zehn Minuten später zum Unterrichtsbeginn um 8 Uhr kommen. Nach Schulschluss das gleiche Drama, die Busse fahren zehn Minuten früher ab, damit die weiteren Anschlüsse gewährleistet sind. Den Oberschülern fehlen somit pro Schultag rund 20 Minuten Unterricht.

Bürgermeister Philipp Eichler hat eine Idee, um deren Verwirklichung er kämpft. Man kann doch die Bahnstrecke, zumindest zwischen Bahnhof und dem Schulcampus mit einem Triebwagen aktivieren, der die Schüler transportiert und ebenso die Fahrgäste der Neiße-Buslinien. Dann müssten auch die rund 150 Autos der Polizeischüler nicht durch die beiden Dörfer fahren. Aber der Bürgermeister befürchtet, dass ein Schienenfahrzeug leichter zu bekommen ist als eine Genehmigung dafür. Mit der Landeseisenbahnaufsicht ist er bereits im Kontakt. Essenabholer Peter Mattusch spielt mit dem Gedanken, sich mit einer selbst gebauten Draisine auf den Gleisen hin und her zu bewegen.