SZ + Niesky
Merken

Lkw lassen die Gläser im Schrank klirren

Zwei Straßenbaustellen sorgen dafür, dass der Verkehr über die Umleitung durch Klitten rollt. Anwohner fürchten um ihre Sicherheit und ihre Häuser.

Von Steffen Gerhardt
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wolfgang und Karin Bille stehen zusammen mit Nachbar Torsten Nitsche (rechts) am Ortseingang von Klitten. Die Geschwindigkeit ist auf 30 km/h reduziert, aber die wenigsten Kraftfahrer halten sich daran.
Wolfgang und Karin Bille stehen zusammen mit Nachbar Torsten Nitsche (rechts) am Ortseingang von Klitten. Die Geschwindigkeit ist auf 30 km/h reduziert, aber die wenigsten Kraftfahrer halten sich daran. © André Schulze

So haben sich Wolfgang und Karin Bille ihr Rentnerdasein in Klitten nicht vorgestellt: Mitunter im Minutentakt donnern leere und beladene Lkw in knapp zwei Metern an dem Grundstückszaun vorbei. "Nur wenige verlangsamen ihr Tempo, wenn sie das Ortseingangsschild passieren", sagt Wolfgang Bille. Das Schild steht genau gegenüber seines Grundstückes. Doch dass ist es nicht allein, was Billes stört.

Am Ortseingang ändert sich auch der Belag von Asphalt auf Beton. Dieser Wechsel ist vor allem bei unbeladenen Lkw laut hörbar. "Es ist wie ein Schlag, der im Haus die Gläser im Schrank wackeln lässt", berichtet Karin Bille. Sie befürchtet, dass  ihr Haus leidet und Risse bekommt von den Erschütterungen.   

Randstreifen bereits kaputt gefahren

Unter diesem Verkehr leiden seit vergangener Woche nicht nur Billes, sondern sämtliche Bewohner der Straße am Jahnsportplatz. Der Grund für das Leiden sind die beiden Straßenbaustellen in Uhyst auf der B 156 und die Ortsdurchfahrt Reichwalde. Beide sind für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Die Umleitung führt durch Klitten und Kringelsdorf - und damit auch an Billes Haus vorbei.

Nur 4,60 Meter breit ist die Betonstraße von Klitten nach Kringelsdorf. Für zwei sich begegnende Lkw zu schmal. Einer muss auf den Randstreifen ausweichen. Ursprünglich diente die Straße für den Werkverkehr in dem Braunkohlegebiet.
Nur 4,60 Meter breit ist die Betonstraße von Klitten nach Kringelsdorf. Für zwei sich begegnende Lkw zu schmal. Einer muss auf den Randstreifen ausweichen. Ursprünglich diente die Straße für den Werkverkehr in dem Braunkohlegebiet. © André Schulze

Schräg gegenüber wohnt Torsten Nitsche mit seiner Familie. Sein Haus steht zwar nicht so dicht an der Straße wie das von Billes, aber die Auswirkungen spürt auch er. "Wir müssen sehr aufpassen, wenn wir mit dem Auto vom Grundstück auf die Straße fahren. Mitunter dauert es schon, bis mal eine Lücke frei ist. Dazu kommt, dass die Randstreifen bereits kaputt gefahren sind, weil die Straße für zwei Lkw zu schmal ist", erzählt Torsten Nitsche. Und noch ein drittes Problem tut sich auf: Wo er und Billes wohnen, gibt es keinen Fußweg. Entweder man läuft auf der Straße oder im Gras. Das ist inzwischen aber heruntergefahren.  

Gebaut in ruhiger Lage

Nach den Worten von Wolfgang Bille ist die von Klitten nach Kringelsdorf führende Straße für diesen Verkehr gar nicht geeignet. "Gebaut wurde sie als Werkstraße und besteht aus Betonplatten. Der Untergrund ist dafür gar nicht gemacht, dass darauf ständig Vierzigtonner rollen", sagt der Klittener. Billes sind 1978 in ihr Eigenheim eingezogen. "Wir haben uns für diesen Bauplatz entschieden, weil es hier sehr ruhig war. Unsere Kinder haben auf der Straße das Fahrrad fahren gelernt." Nitsches sind seit 1976 an der Straße heimisch. Auch sie bevorzugten die ruhige Wohnlage, die nun zu einer Belastung geworden ist.

Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) verweist darauf, dass diese Kreisstraße die offizielle Umleitungsstrecke ist. Sie wurde durch die Verkehrsbehörde genehmigt und angeordnet, sagt Lasuv-Sprecherin Rosalie Stephan.  Auch beim Straßenbau in Reichwalde handelt es sich um eine mit den Beteiligten abgestimmte Umleitungsführung. "Mit dem Auftragnehmer in Uhyst wurde die Strecke besichtigt, und im Anschluss an die Baumaßnahme sollen wie üblich die Schäden beseitigt werden, die im Rahmen der Umleitung entstanden sind, und die Bankette reguliert werden", so die Sprecherin. 

Würden die Begrenzungspfähle und Steine nicht sein, die Autos kämen noch dichter am Grundstück der Familie Bille vorbei. Ursprünglich reichte der Rasen bis an den Asphalt heran.
Würden die Begrenzungspfähle und Steine nicht sein, die Autos kämen noch dichter am Grundstück der Familie Bille vorbei. Ursprünglich reichte der Rasen bis an den Asphalt heran. © André Schulze

Die Anwohner warten darauf, dass der Ausnahmezustand bald ein Ende hat. Was Uhyst mit der B 156 betrifft, sollen die Arbeiten zur Straßenerneuerung nächsten Freitag abgeschlossen werden. In Reichwalde dauert das viel länger. Dort wird die Ortsdurchfahrt grundhaft ausgebaut, einschließlich Gehwegbau und Sanierung der Leitungen unter der Straße.  Hier gibt das Lasuv als Endtermin den Herbst 2021 an.

Kreis kontrolliert Geschwindigkeit

Mit der Umleitung wurde die Höchstgeschwindigkeit auf der Straße am Jahnsportplatz von 50 auf 30 km/h reduziert. "Zur Gewährung von Ordnung und Sicherheit der Anwohner", wie die Straßenverkehrsbehörde mitteilt. Die Behörde hat auf Nachfrage der SZ bereits vier Geschwindigkeitskontrollen in Klitten durchgeführt. Drei am Kindergarten und eine am Abzweig Feldweg. Insgesamt 18 Stunden war das Messgerät an vier Tagen in Betrieb und blitzte dabei 355 Kraftfahrer, die zu schnell waren.  Das heißt, innerhalb einer Stunde sind 20 Fahrzeugführer zu schnell in Klitten unterwegs. Die Behörde selbst wird weiter in Klitten blitzen, verspricht sie. 

Mehr Nachrichten aus Niesky lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Görlitz lesen Sie hier.