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Heidenauer wollen Weltrekord aufstellen

Rennwagen fahren wie die Meister: Das ist in der RacingLounge möglich. Und die will 2024 international von sich Reden machen.

Von Heike Sabel
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Nur zum Angucken: René Köhler mag Autoreifen lieber kleiner oder digital.
Nur zum Angucken: René Köhler mag Autoreifen lieber kleiner oder digital. © Verein

Rennautos üben auf viele eine magische Kraft aus. Ihnen zuzusehen ist schon ein Erlebnis und nicht wenige wollen selbst mal drin sitzen. Nun ist das in originalgroßen Autos auf echten Bahnen nur den wenigsten vergönnt. Für sie alle gibt es eine Lösung. Sogar mit einem Weltrekord-Versuch.

Anbieter und Initiator ist ein Heidenauer Verein, der seinen Ursprung 2016 in Dohna hatte und inzwischen nach Heidenau auf die Dresdner Straße 77 gezogen ist. Seine Räume hier nennt er passend RacingLounge77. Hier finden dann auch der Rekord-Versuch statt. Es sind einfach gesagt, zwei Rennen, das eine analog und noch etwas an die klassische Variante erinnernd; das andere als Computerspiel. Aber so einfach ist es natürlich nicht.

Ziel: Über 4.000 Kilometer in 60 Stunden

An vier Tagen vom 30. Mai bis 2. Juni 2024 ist es soweit. Ziel ist es, in 24 Stunden mit zwölf Teams auf der hölzernen sechs Spuren-Bahn die längste Strecke zu fahren. "Der Plan ist, dass wir mit den zwölf internationalen Teams insgesamt mehr als 4.000 Kilometer in etwa 60 Stunden zurücklegen, jedes Team fährt dabei ein offizielles 24-Stunden-Rennen", sagt Vereinsvorsitzender René Köhler. Dazu kommen Zeiten für Training und Qualifikation.

Die Slotracing-Bahn der Heidenauer, auf der nächstes Jahr der Weltrekordversuch gefahren wird.
Die Slotracing-Bahn der Heidenauer, auf der nächstes Jahr der Weltrekordversuch gefahren wird. © Verein

Der Weltrekord im Slotracing soll mit von den Teilnehmern selbst gefertigten und lizenzierten Fahrzeugen im Maßstab 1:24 aufgestellt werden. Vorgabe ist ein Melkus-Rennfahrzeug-Modell. Das Original wurde in der DDR auf der Basis des Wartburg 353 unter Leitung des Dresdner Rennfahrers Heinz Melkus als Sportcoupé entwickelt. Zwischen 1969 und 1979 wurden 101 Exemplare gebaut.

Slotracing: Das große Rennen der kleinen Autos

Slotracing ist das Fahren mit schienengebundenen Modellfahrzeugen. Die Schienen besitzen einen Schlitz (Slot), mit dem die Fahrzeuge (Slotcars) in der Spur gehalten werden. Auf der Unterseite der Fahrzeuge befindet sich meist vor der Vorderachse der sogenannte Leitkiel. Er ist beweglich, um das Fahrzeug sicher durch die Kurven zu führen. Am Leitkiel sind die Schleifer angebracht, die bei der analogen Variante, die in Heidenau vorhanden ist, den Motor mit dem Strom versorgen. Die Heidenauer Anlage ist 35,2 Meter lang. Auf großen Anlagen können es die Mini-Autos bis auf 160 km/h bringen.

Simracing: In Heidenau auf dem Nürburgring Rennen fahren

Das Pendant zu Slotracing ist Simracing. Der Begriff stammt aus dem Englischen und ist die Abkürzung für „Simulated Racing“, also simuliertes Rennfahren. Es will ein möglichst realitätsnahes Erlebnis. Deshalb wird bei der Software auf die Fahrzeuge, Fahrverhalten, Spritverbrauch, Reifenabnutzung und unterschiedliche Streckenverhältnisse geachtet. Dabei werden berühmte Rennstrecken, wie der Nürburgring, nachgebaut.

Auto und Nürburgring sehen verblüffend echt aus und doch werden die Rennen in Heidenau gefahren.
Auto und Nürburgring sehen verblüffend echt aus und doch werden die Rennen in Heidenau gefahren. © Verein

Auch bei der Hardware geht es um so viel realistisches Gefühl wie möglich. Es sind sogar komplette Fahrgestell-Nachbildungen möglich. Die Fahrer - sprich Spieler - sitzen in einem sogenannten „SimRigs“, einer Art Gerüst, das individuell angepasst werden kann. Je nach Spezifikation finden sich darin neben einem Lenkrad, Pedalen und Fahrersitz auch Handbremse und Schalthebel. Ein hochauflösender, großer Monitor macht die Rennwagen-Simulation komplett.

Den Ausschlag für die Weltrekord-Idee gaben zwei Termine. Der eine ist das 100-jährige Bestehen von Heidenau als Stadt 2020, was im nächsten Jahr nachgefeiert wird; der andere 55 Jahre Melkus Motorsport. Zu den Teilnehmern werden ein Melkus-Werksteam sowie ein DDR-Rennsport-Legenden-Team, angeführt vom Rennfahrer Jürgen Meißner, gehören. Auch die bisherigen Weltrekordhalter aus Apensen nehmen als Team am Weltrekordversuch teil und wollen gemeinsam mit den Heidenauern einen neuen Weltrekord aufstellen, sagt Köhler. Unterstützung gibt es unter anderem vom ADAC, in dem der Verein als Ortsclub aufgenommen wurde.

Nachwuchs erobert die Rennbahnen

Letztlich wollen die Heidenauer mit dem Weltrekordversuch auch auf den Modellsport als Nischensportart aufmerksam machen. Nicht nur, dass sie sonst nicht so öffentlichkeitswirksam ist, die Holzrennbahn ist auch teuer. Der Verein kann sich das auf Dauer nur mit der neuen Sportart Simracing leisten. Für beide Sportarten will der Verein auch einen regionalen Firmencup starten.

Der Nachwuchs indes ist von Anfang an begeistert. Die ersten Junior-Schumis drehten schon in Dohna ihre Runden auf der aus Hannover geholten Bahn. Auch jetzt, da es das simulierte Rennfahren gibt, hat die Bahn ihre Fans. Knapp 30 Kinder und Jugendliche trainieren zum Teil mehrmals der Woche in der RacingLounge.