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Farben der Trauer auf dem Friedhof Pirna

Trauer hat viele Facetten. Der Tod ist eine. Jetzt wird dazu eingeladen, sich Fragen dazu und zu anderen Lebenssituationen zu stellen und nach Antworten zu suchen.

Von Heike Sabel
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Carola Epperlein hat die bunten Trauer-Tafeln in Altenburg entdeckt und nach Pirna auf den Friedhof geholt.
Carola Epperlein hat die bunten Trauer-Tafeln in Altenburg entdeckt und nach Pirna auf den Friedhof geholt. © Daniel Schäfer

Friedhöfe sind besondere Orte. Hier treffen sich Menschen, die trauern, die Ruhe suchen, die Verstorbenen nah sein wollen, die oft viele Fragen haben. Und nun kommen noch mehr Fragen dazu. Geschrieben auf 25 Tafeln. Die stehen seit einigen Tagen an zufällig ausgewählten Stellen auf dem Friedhof an der Dippoldiswalder Straße in Pirna.

Die Farben der Trauer - meine Trauer ist bunt: Das steht auf der Eingangstafel und ist herausfordernd. Kaum jemandem, der auf den Friedhof kommt, ist bunt zumute. Doch dieses Bunt steht für die Vielfalt der Trauer. Darüber ins Gespräch zu kommen, ist auch Anliegen der Tafeln, sagt Carola Epperlein. Sie ist die Koordinatorin des Ambulanten Hospizdienstes der Malteser in Pirna und Neustadt und hat die Tafeln in Altenburg entdeckt.

Wanderausstellung der bunten Trauertafeln

Dort wurden die Tafeln erstmals zum bundesweiten Corona-Gedenktag im April an einem Teich gezeigt. Carola Epperlein sah sie, las sie und wollte sie unbedingt nach Pirna holen. Mit Friedhofsleiterin Anett Hauschild wählte sie die Plätze für die Tafeln aus. Von einer sieht man zwar schon die nächste, doch man schafft bei einem Besuch nur zwei, drei, wenn man sich intensiv mit dem Inhalt der Texte beschäftigt.

Meine Trauer ist bunt wie ein Kaleidoskop, dessen Inhalt in allen Farben schillert, sich überschneidet und sich stetig verändert. Meine Trauer ist bunt gerahmt vom Dank und Gedenken bei allem was war, ist und sein wird. Ich darf dir Farbe, Erinnerung und Licht schenken.

Tafel am Eingang

Es sind Fragen, die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber fordern. Was vermisse ich, worauf bin ich wütend, wer steht mir bei, wohin will ich? Es geht dabei nicht nur um den Tod. Trauer hat viele Gesichter. Abschiede, Veränderungen, Ängste, Verluste, Trennungen. Trauer auf den Friedhof und den Tod zu begrenzen, reduziert sie und nimmt uns Menschen einen wichtigen Teil unseres Lebens.

Trauerarbeit ist harte Arbeit

Die Tafeln sprechen einen direkt an. Den einen wird die eine Tafel berühren, den anderen eine andere in seiner Situation abholen. Die Tafel der gelben Trauer zum Beispiel richtet sich ganz besonders an verwaiste Elternteile. Unweit dieser Tafel befindet sich der vor reichlich fünf Jahren eingeweihte Gedenkort für früh verstorbene Kinder. Hier wird ihrer und der Sternenkinder jährlich am dritten Adventssonntag gedacht. Bis mindestens zu diesem Tag sollen die Tafeln stehen bleiben, sagt Carola Epperlein.

Hospizdienste und Trauerangebote:

Vielleicht wird man die Tafeln beim ersten Gang auf den Friedhof übersehen, beim zweiten vielleicht wahrnehmen und dann irgendwann wiederkommen, um sie zu lesen. Bei der Trauer hat jeder seinen Rhythmus, gibt es keine gesellschaftlichen Normen oder Vorgaben. "Es ist eben oft nicht irgendwann einfach gut", sagt Carola Epperlein. "Trauerarbeit ist harte Arbeit." Eine, der sich viele nicht stellen wollen oder können. Die Gespräche darüber ergeben sich überall, wo Menschen mit ihrer Trauer aufeinandertreffen. Das kann auf dem Friedhof sein, beim Einkaufen, im Bus. Deshalb sind auch keine Veranstaltungen zu den Tafeln vorgesehen.

Die Tafeln sind als Wanderausstellung geplant. Der nächste Standort steht noch nicht fest. Interessierte Einrichtungen können sich bei Carola Epperlein melden.