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Pirna: Wie eine Schule eine bundesweit einmalige Bildung dauerhaft etabliert

Am Schiller-Gymnasium gibt es einen besonderen binationalen Bildungsgang, den Sachsen und Tschechien jetzt mit einem Vertrag fest besiegelt haben.

Von Thomas Möckel
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Kontrakt besiegelt: Die Vize-Kultusminister Jaroslav Miller (2.v.vl.) und Wilfried Kühner (3.v.l.) unterzeichnen den Vertrag im Pirnaer Schiller-Gymnasium.
Kontrakt besiegelt: Die Vize-Kultusminister Jaroslav Miller (2.v.vl.) und Wilfried Kühner (3.v.l.) unterzeichnen den Vertrag im Pirnaer Schiller-Gymnasium. © Michaela Scharf

Sachsen und Tschechien haben jetzt einen bundesweit einmaligen Bildungsgang an einer Pirnaer Schule per Vertrag manifestiert und auf Dauer gesichert. Der Amtschef des sächsischen Kultusministeriums, Wilfried Kühner, und sein tschechischer Amtskollege, Vizeminister Jaroslav Miller, unterzeichneten kürzlich eine Vereinbarung zur Umsetzung des binationalen-bilingualen deutsch-tschechischen Bildungsgangs am Schiller-Gymnasium in Pirna. Damit werde laut des Ministeriums aus dem langjährigen Projekt nun eine feste Institution.

Die Vereinbarung beziehe sich auf die Angelegenheiten des deutsch-tschechischen Bildungsgangs an der Schule sowie des Internats in der Schlossstraße. Durch die Überarbeitung sei ein flexibler, zeitgemäßer und unbefristeter Vertrag entstanden, der die Eigenverantwortung des Schiller-Gymnasiums deutlich stärke. So seien beispielsweise bei schulstrukturell notwendigen Änderungen keine ministeriellen Verhandlungen mehr nötig.

„Mit der neuen Vereinbarung legen wir den Grundstein für eine dauerhafte sächsisch-tschechische Bildungszusammenarbeit“, sagt Kühner. Der binationale Bildungsgang am Schiller-Gymnasium sei dabei das Flaggschiff der grenzüberschreitenden Bildungskooperation. Zudem wies der Amtschef darauf hin, dass die Verwaltungsvereinbarung auf dem europäischen Gedanken der Verständigung und Begegnung junger Menschen aus beiden Nachbarländern basiere. Auch Schulleiter Kristian Raum betonte, dass das Schiller-Gymnasium durch die Mehrsprachigkeit im Bildungsprofil ein kleines Europa mitten in Pirna sei. Der Erfolg des Bildungsgangs in den vergangenen 25 Jahren, so Kühner, sei vor allem dem engagierten Einsatz der Lehrer sowie dem Ehrgeiz der Schüler zu verdanken.

Binationale Klasse gibt es seit 25 Jahren

1998 war zwischen Sachsen und Tschechien die erste Vereinbarung zum gemeinsamen Betrieb eines binationalen-bilingualen deutsch-tschechischen Bildungsgangs am Schiller-Gymnasium geschlossen worden. Dieser bundesweit einmalige Bildungsgang umfasst sechs Jahre, er ist für Schüler von der Klassenstufe sieben bis zur Jahrgangsstufe zwölf vorgesehen. Der Unterricht wird in jedem Schuljahr in einer speziellen binationalen Klasse mit jeweils 14 tschechischen und 14 deutschen Schülern organisiert.

Der tschechische Vize-Kultusminister Jaroslav Miller würdigte ebenfalls die Arbeit der Kollegen, die am bisherigen Prozess des Bildungsgangs beteiligt waren. Darüber hinaus betonte er gegenüber den Schülern, wie wichtig Mehrsprachigkeit in der heutigen Gesellschaft sei und dass ihnen mit dem Erwerb des deutschen und tschechischen Abiturs die Welt offenstehe. Zudem dankten die beiden Vizeminister der Stadt Pirna als zuständigen Schulträger. Das Rathaus hat in den zurückliegenden Jahren Millionen investiert, um die Lernbedingungen zu verbessern, neue Fachkabinette zu schaffen sowie die Bildungsstätte um einen Neubau zu erweitern.

Die beiden Schülersprecher, Vivien Rücker und Miroslav Ottel, betonten ihrerseits, welchen Mehrwert das Erlernen verschiedener Sprachen und die damit verbundene Möglichkeit, neue Kulturen, Länder und Menschen kennenzulernen, bringe. Zudem führte die binationale Theater-AG Szenen ihres Musicals „Masak“ auf, das Anfang September dieses Jahres Premiere feierte. Weitere Aufführungen des Stücks sind in Pirna, Děčín und Bautzen geplant.

Freundschaftsvertrag mit Mělník

Zum Abschluss des Festaktes ging es noch an einen besonderen Ort. Vor der Turnhalle des Gymnasiums an der Seminarstraße hatte die binationale Klasse 7/3 im Oktober eine Linde und eine Eiche als Symbole des deutsch-tschechischen Zusammenwachsens gepflanzt, die Gehölze symbolisieren die Nationalbäume der beiden Länder. Das Baumsetzen ist Teil der Aktion „Pirna 800“, bei der bis zum 800-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2033 insgesamt 800 neue Bäume in Pirna gepflanzt werden sollen. Das Schiller-Gymnasium beteiligt sich als Klimaschule für nachhaltige Entwicklung an dieser Aktion. Die beiden Vizeminister, zwei Schüler sowie die Schulleitung begossen symbolisch die Bäume – und besiegelten den neuen Vertrag noch einmal auf diese Weise.

Auch über den Bildungsgang hinaus baut das Schiller-Gymnasium seine Kontakte und Beziehungen ins Nachbarland weiter aus. Erst kürzlich unterzeichneten Raum und seine Amtskollegin Ilona Němcová vom "Gymnázium Jana Palacha" in Mělník einen Vertrag, nachdem beide Bildungsstätten jetzt Partnerschulen sind. Der Kontrakt soll die Bildungsstätten und vor allem die Menschen, die darin lehren und lernen, näher zusammenbringen. Vorgesehen sind beispielsweise ein regelmäßiger Schüler- und Lehreraustausch sowie andere Formen der Zusammenarbeit. Die beiden Schulen kooperieren bereits seit 2017.