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Anklage nach antisemitischen Posts aus Pirna läuft ins Leere

Die Hetze auf Facebook wird einem 52-Jährigen zugeordnet. Hatten die Behörden dann schlampig ermittelt?

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Antisemitismus. Eine Karikatur von Kostas Koufogiorgos.
Antisemitismus. Eine Karikatur von Kostas Koufogiorgos. © kostas koufogiorgos/tooonpool.co

Von Friederike Hohmann

Letztes Jahr im April setzte jemand, der sich Ion Serban nennt, auf der Facebook-Seite „Freie Vereinigung deutscher Patrioten“, die für jedermann einsehbar war und damals 493 Anhänger hatte, mehrere judenfeindliche und den Holocaust leugnende Posts ab. Die Juden würden seit Jahrtausenden Krieg gegen Menschen weißer Rasse führen. Vertreibungen von Juden im Mittelalter seien erfunden worden.

Und auch das: Repressionen gegenüber Juden seien ein Märchen wie das, dass den Kindern zu Ostern die Eier von Hasen geschenkt werden. Die Herrscher des Mittelalters hätten die Juden besser töten sollen. Der Holocaust sei eine von den Juden erfundene Kulisse, es hätte aber einen geben sollen.

Aufgrund einer anonymen Anzeige war nach dem Urheber der Posts gesucht worden. Die Staatsanwaltschaft geht nach ihren Ermittlungen davon aus, dass Herold V. aus Pirna dahinter steht und klagte ihn wegen Volksverhetzung in vier Fällen an.

Im Zweifel für den Angeklagten

Herold V. möchte sich selbst nicht zu den Vorwürfen äußern. Für ihn spricht der Cottbuser Anwalt der rechten Szene, Olaf Klemke, der im NSU-Prozess Ralf Wohlleben vertrat und im Ballstädt-Prozess bei den Opfern mit seinen Äußerungen für Entsetzen sorgte. Hier in Pirna gibt er sich fremdsprachenunkundig, indem er verlangt, dass die wenigen in englischer Sprache verfassten Posts übersetzt werden. Richterin Simona Wiedmer kann das nicht nachvollziehen. Das seien doch recht einfache Sätze. Klemm beanstandet jedoch die von der Richterin angebotene Übersetzung.

Die Ermittlungen hatten ergeben, dass sich der Benutzer, der die Posts unter dem Namen Ion Serban abgesetzt hatte, bei Facebook eine E-Mail-Adresse hinterlegte, die den Vor- und Zunamen und das Geburtsjahr von Herold V. enthält. Auch fand man einen Facebook-Eintrag desselben Nutzers, auf den eine Nutzerin antwortete, und dabei Herold V. mit seinem Vornamen ansprach. Für die Staatsanwaltschaft ist klar, dass damit die volksverhetzenden Posts auf das Konto des 52-jährigen Angeklagten gehen.

Doch der Richterin reicht das nicht. Da die Anzeige anonym gestellt wurde, fehlen Zeugen, die von ihren Beobachtungen berichten könnten. Es gibt zwar Screenshots von den Einträgen, die Posts sind aber inzwischen nicht mehr abrufbar. Auch wurden keine Geräte konfisziert und untersucht, von denen Herold V. die Einträge möglicherweise gesendet hatte. Die Staatsanwaltschaft aber bleibt dabei. Die hinterlegte E-Mail-Adresse führe zu Herold V. Ihr reichen die Indizien, um eine Verurteilung wegen Volksverhetzung zu beantragen.

Die Richterin folgt dann aber dem Antrag der Verteidigung. Sie spricht den Angeklagten frei. Hier könne man sehen, wie der Rechtsstaat funktioniert, obwohl er ja gerade hier derjenige ist, der bekämpft wird, sagt sie in ihrer Begründung. Eigentlich sollten Personen, die solche Hasstiraden ins Netz stellen, auch konsequent verfolgt werden. Das sei eine wichtige Aufgabe des Staates. Solche Posts erfüllten den Tatbestand der Volksverhetzung.

Aber die Ergebnisse der Ermittlungen seien dürftig. Es gibt keine Zeugen und es wurde keine Hausdurchsuchung durchgeführt. So konnten nicht die nötigen Beweise sichergestellt werden. Auch wenn es für sie bitter sei, im Zweifel müsse man einen Schuldigen laufen lassen, um nicht einen Unschuldigen zu verurteilen. Man sollte daraus lernen.