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"Wir müssen in den Dingen erfolgreich sein, die wir beeinflussen können"

Die guten Nachrichten hatten es dieses Jahr in Bad Gottleuba-Berggießhübel schwer. Am Ende sind wichtige Entscheidungen gefallen.

Von Heike Sabel
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Bürgermeister Thomas Peters (CDU) musste dieses Jahr einige Rückschläge einstecken.
Bürgermeister Thomas Peters (CDU) musste dieses Jahr einige Rückschläge einstecken. © Daniel Förster

Bad Gottleuba-Berggießhübel ist dieses Jahr ungewollt in die Schlagzeilen geraten. Eine Demo der Freien Sachsen gegen eine mögliche Unterbringung von Flüchtlingen im Schloss Friedrichsthal ließ Widersprüche, Ängste und Gerüchte aufbrechen. Das hat die Stadt und das Zusammenleben verändert und doch hat auch viel anderes die Stadt geprägt. Was und wie es weitergehen soll, sagt Bürgermeister Thomas Peters (CDU) im Gespräch mit Sächsische.de.

Vor einem Jahr sagten Sie, Sie seien zu ungeduldig. Sind Sie jetzt auf dem harten Boden der Realitäten angekommen, Herr Peters?

Meine Ungeduld beim Einsatz für unsere Stadt und für unsere ländliche Region hält an und wird sich nie ändern - manchmal etwas zum Leidwesen der Mitarbeiter im Rathaus.

Inwiefern?

Vieles dauert uns allen zu lange. Wir brauchen mehr eine Ermöglichungskultur in allen Ebenen der Verwaltung, was vor allem weniger Restriktionen und damit Bürokratie bedeuten würde. Hier sind die Gesetzgeber in Dresden und Berlin angehalten, etwas zu tun. Wir haben hier in Bad Gottleuba eine konkrete Veränderung: Ab 2024 wollen wir an einem Sonnabend im Quartal das Meldeamt im Rathaus öffnen, um den Bürgern mehr Flexibilität zu bieten, insbesondere den zahlreichen Pendlern.

Das klingt jetzt nicht nach der ganz großen Neuerung ...

Das ist ein Anfang und im neuen Rathaus werden wir noch mehr Möglichkeiten haben. Wir brauchen positive Nachrichten, das ist so eine, wenn auch kleine. Für mich ist das Glas immer halbvoll. Deshalb gehören unser neuer Unimog und das neue Feuerwehrfahrzeug für Markersbach-Hellendorf auch dazu. Die Städtebauförderung beschert uns eine neue Außensportanlage sowie einen tollen Spielplatz an der Grundschule in Berggießhübel, die Fördermittel für den Spielplatz Langenhennersdorf stehen bereit. Der Breitbandausbau geht ebenfalls gut voran.

Die guten Nachrichten kamen dieses Jahr im Doppelkurort scheibchenweise bzw. kamen spät, Stichwort Kita bzw. Gemeindezentrum Markersbach und die Entscheidung zu Penny und der Mafago - ohne Edeka. Ist das nun die Minimal- oder Optimalvariante?

Die große Lösung mit Edeka wäre gut gewesen und hätte ihren Charme gehabt. Es bleibt jedoch die Frage, ob zwei Neubauten genehmigt worden wären. Die jetzige Lösung ist gut für die Stadt und die umliegenden Orte, weil sie Versorgungssicherheit bedeutet. Die Stadt verkauft die größere Fläche für 171.000 Euro an Rewe/Penny, die Mafago geht für 20.000 Euro an die Industriekultur i.G. Die Initiative einiger Stadträte steht damit vor der Umsetzung. Rewe/Penny baut den Supermarkt und die Brücke, für die Mafago gibt es eine Investitionsverpflichtung von mindestens 100.000 Euro in fünf Jahren mit der Rückkauf-Option für die Stadt. In beiden Projekten sehe ich eine Chance für eine positive Entwicklung unsere Stadt.

Minimal- oder Optimalvariante?

Ich denke, unter den gegenwärtigen Bedingungen ist es eine optimale Lösung.

Ist die Lösung in Markersbach mit dem Umzug der Kita ins Gemeindezentrum auch optimal?

Das Gesamtprojekt wird gut und die künftige gemischte Nutzung des Gebäudes ist die richtige Entscheidung. Es war ein langer Prozess, auch weil es viele Beteiligte und eine schwierige Vertragskonstruktion erforderte.

Wann wird der Kindergarten umziehen?

Ich denke, Anfang 2025 ist realistisch.

Apropos Kitas: Das Haus des Kindes in Gottleuba steht doch auch schon lange auf der Agenda. Was wird damit?

Es gibt einige Projekte, die aufgrund der beschränkten Haushaltsmittel warten müssen. Das Haus des Kindes gehört dazu, eine neue Sporthalle an der Oberschule auch. Und diese Wahrheit müssen wir kommunizieren und vertreten.

Wie hat sich Bad Gottleuba-Berggießhübel nach der Freie Sachsen-Demo in Berggießhübel verändert?

Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Dies ist kein Phänomen von Bad Gottleuba-Berggießhübel, es ist das Ergebnis der Bundespolitik, die korrigiert werden muss. Die Auswirkungen spüren wir in ganz Europa, zuletzt in den Niederlanden. Wir müssen in den Dingen erfolgreich sein, die wir beeinflussen können. Dazu gehören unsere Pflichtaufgaben, die wenigen verbliebenen freiwilligen Aufgaben und der Umstand, dass der ländliche Raum zusammenhalten muss und seine Interessen klar kommunizieren und durchsetzen muss.

Was ist im September in Berggießhübel schiefgelaufen?

Der Faktor Zeit war äußerst begrenzt. Ich denke, wir haben daraus alle sehr viel gelernt.

Was haben Sie daraus gelernt?

Der Ton in unserer Gesellschaft ist allgemein rauer geworden. Vielfach ist ein großer Frust entstanden, die Ursachen dafür sind äußerst komplex und es gibt Streitereien, wo es sie früher nicht gab. Aus meiner Sicht müssen wir diesem Umstand damit begegnen, dass auf allen Ebenen die Kommunikation verbessert wird. Dafür muss auch bei polarisierenden Themen Zeit sein, auch wenn uns Social Media gern drängt und sich die Ereignisse dann meist überschlagen. Ich bin noch heute im Dialog mit Teilnehmern der Demonstrationen und nehme mich der Sorgen und Nöte der Bürger an.

Was sollen die guten Nachrichten 2024 sein?

Wir wollen unsere begonnenen Projekte erfolgreich umsetzen und damit einen großen Schritt nach vorn machen. Es werden 2024 so viele Investitionen mit Fördermitteln getätigt, wie es bisher in unserer Stadt noch nicht der Fall war. Darauf sind wir besonders stolz. Aber wir wollen auch über die kleinen Dinge berichten und gerade das Engagement im Ehrenamt würdigen. Wir brauchen aktive Einwohner, um den Zusammenhalt in unseren Ortsteilen zu stärken. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gemeinsam gelingen wird und wir ein gutes Jahr 2024 erleben dürfen.