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150 Minuten Aufenthalt im Bahnhof?

Bequemes Umsteigen für Zugreisende wurde schon vor über 120 Jahren gefordert. Beispielsweise in Ebersbach.

Von Bernd Dreßler
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Der Ebersbacher Bahnhof ist heute verschlossen und ungenutzt. Gebaut wurde er in Dimensionen, die dem blühenden Bahnverkehr vergangener Zeiten entsprachen.
Der Ebersbacher Bahnhof ist heute verschlossen und ungenutzt. Gebaut wurde er in Dimensionen, die dem blühenden Bahnverkehr vergangener Zeiten entsprachen. © R. Altmann-Kühr

Was nützt heutzutage eine schnelle Bahnverbindung im Fernverkehr, wenn man beim Umsteigen keine vernünftigen Anschlüsse bekommt und ewig auf den nächsten Zug warten muss? So gut wie nichts, wie jüngst die SZ bewiesen hat, als sie derzeit fragwürdige Umsteigebeziehungen des Trilex in Dresden thematisierte.

Bemerkenswert, dass sich an dieser Problematik die Gemüter bereits erhitzten, als die Bahn ihr Liniennetz auf eine Dichte gebracht hatte, von der man im 21. Jahrhundert nur noch träumen kann. Das war vor über 120 Jahren. Da fuhren beispielsweise zwischen Ebersbach und Löbau täglich acht Personenzüge. Und trotzdem wurden mangelnde oder nicht vorhandene Anschlussverbindungen kritisiert. Wenn der Abendzug aus Löbau in Ebersbach um 20.10 Uhr ankomme, so wurde bemängelt, dann stehe der Fahrgast, der weiter nach Zittau wolle, dumm da. Erst 22.40 Uhr könne er weiterreisen, machte die Lokalzeitung "Ebersbacher Wochenblatt" im Februar 1898 ihrem Unmut Luft. Zusätzlich müsse ein Zug eingesetzt werden, den dann auch Anschlussreisende aus Berlin und Görlitz nutzen könnten, schlug das Blatt zur Beseitigung des Missstandes vor.

Den Morgenverkehr im Blick

Die damalige Anschlussdiskussion, hatte aber nicht nur den Spät-, sondern auch den Morgenverkehr im Blick. Warum, so wurde gefragt, werde nicht ein Frühzug in Ebersbach so eingesetzt, dass man in Löbau gleich Anschluss nach Görlitz und damit weiter nach Berlin habe? Damit würden, hob das "Ebersbacher Wochenblatt" hervor, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, "weil viele Einwohner mit der Einführung eines solchen Frühzuges in die Lage kämen, ihre Kinder eine Löbauer Schule besuchen lassen zu können, ohne sie dort in Pension thun zu müssen".

Der Adressat, der diese Verbesserungen durchsetzen müsse, wurde klar benannt: die Königliche Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahn. Wobei man im Ton höflich blieb. Man bat die Bahndirektion, "die hier geäußerten Wünsche, die nicht unbillig erscheinen dürften", bei der Ausarbeitung des Sommerfahrplanes mit "in wohlwollende Erwägung" zu ziehen. "Unseres Erachtens könnten große Schwierigkeiten hierfür kaum obwalten", betonte das "Ebersbacher Wochenblatt".

Wäre eigentlich eine solche Diskussion in naher oder ferner Zukunft wieder möglich? Dafür dürfte der Zug endgültig abgefahren sein. Erste Überlegungen in der deutschen Verkehrspolitik, stillgelegte Bahnstrecken wiederzubeleben, kommen viel zu spät.

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