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Als sich der Kottmarturm noch rechnete

Vor 125 Jahren war die Aussichtsplattform noch gut besucht, heute darf sie nicht mehr bestiegen werden.

Von Bernd Dreßler
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Auch im Winter waren Aussichtsturm und Baude auf dem 583 Meter hohen Kottmar beliebtes Ausflugsziel, wie diese um 1900 erschienene Postkarte zeigt.
Auch im Winter waren Aussichtsturm und Baude auf dem 583 Meter hohen Kottmar beliebtes Ausflugsziel, wie diese um 1900 erschienene Postkarte zeigt. © Sammlung Bernd Dreßler

Der Löbauer Robert Rowland war ein akribischer Mann. Immer, wenn Ende des 19. Jahrhunderts wieder ein Kalenderjahr vorüber war, spitzte der Kaufmann den Bleistift und listete fein säuberlich Einnahmen und Ausgaben auf.

Rowland führte für den Gebirgsverein Lusatia Buch über die Kassenverhältnisse des Kottmarturmes. So hatten zum Beispiel 1893 exakt 5.025 Erwachsene der Turm bestiegen und bei einem Eintrittspreis von 10 Pfennigen somit 502,50 Mark eingebracht. 

Dazu kamen noch Kindereintrittsgelder (für sie kostete die Turmkarte fünf Pfennig), verkaufte Kottmar-Broschüren und Zinsen der Eibauer Sparkasse, die das Geld verwaltete. Diesen Einnahmen standen Ausgaben für „Wege-Bauten und -Verbesserungen, Einfriedung des Turmplatzes, Ausbesserungen am Turme“ gegenüber. Unterm Strich konnte der Kottmarturmausschuss 1893 auf ein Vermögen von fast 2.000 Mark verweisen. Gemessen an der heutigen Zeit sind das kleine Beträge, damals jedoch war das viel Geld.

Denkmal für Robert Rowland

Als der am 4. September 1881 eingeweihte Kottmarturm vereinbarungsgemäß nach 20 Jahren von der Lusatia an die Stadt Löbau überging, waren fast 10.000 Mark Eintrittsgeld eingenommen worden, woraus sich ein beachtlicher Publikumszuspruch für den Turm ableiten lässt. Die Einnahmen wurden für noch nicht gedeckte Baukosten, für das Anlegen bzw. die Instandhaltung von Wegen sowie Markierungen und Bänke ausgegeben.

Sogar Aufwendungen für Anteilscheine an den Türmen auf dem Hochwald, dem Jüttelsberg (heute Tschechien) und dem Geisingberg (der vom Kottmar wahrnehmbar ist) wurden bestritten, wie Joachim Golbs im zweiten Band seiner „Geschichten aus meinem Heimatort Obercunnersdorf“ schreibt.

Der Lusatia-Verband betonte bei der Übergabe, dass er den Besitzerwechsel in keiner Weise bedauere, der Turm sei in der Obhut der Stadt Löbau gut aufgehoben, man könne sich nun auf neue Aufgaben konzentrieren.

Und Robert Rowland? Ihm wurde ein Denkmal gesetzt, indem damals das nördliche Gastzimmer der Bergbaude seinen Namen erhielt. Von Rowland waren die maßgeblichsten Anstöße für den Bau des Kottmarturmes gekommen. Heute würde sich der Löbauer Kaufmann im Grabe umdrehen, sähe er das Dasein, das das einst stolze Bauwerk fristet. Gut zehn Jahre sind vergangen, seitdem der Turm nicht mehr bestiegen werden darf. Wann endlich werden die einladenden Worte am Eingang „Blick hernieder in der Täler Grün ...“ wieder ihrem Sinn gerecht?

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