So klappt es mit dem Urlaub an Nord- und Ostsee

Vom Hotel „Am alten Strom“ in Warnemünde sieht man die Fischkutter am anderen Ufer in den Wellen wippen und hört die Kreuzfahrtschiffe hupen, die vom Passagierkai ablegen. Zum Leuchtturm auf der Hafenmole sind es 400 Meter, der Teepott liegt etwas näher. Viele Sachsen wissen ganz genau, wie es hier aussieht und riecht, wie weich der Sand durch die Finger rinnt. Die Ostseeküste ist für sie ein Sehnsuchtsort, an den sie immer wieder zurückkehren. Von den 34 Millionen Übernachtungen, die Urlauber 2019 in Mecklenburg-Vorpommern machten, waren fast 13 Prozent aus Sachsen. Nur die Berliner kamen zahlreicher. Und wie sieht es für die nächsten Wochen aus?
Die Lage in Mecklenburg-Vorpommern
Die Reservierungsbücher des Hotels „Am alten Strom“ in Warnemünde sind gut gefüllt. Zwischen 20. Juli und 28. August, den sächsischen Sommerferien, ist es fast ausgebucht, sagt eine Mitarbeiterin. „Das meiste sind Buchungen aus dem letzten Jahr.“ Ausgebucht heißt: zu 100 Prozent voll. Wie kann das sein? Die mecklenburgische Landesregierung hat festgelegt, dass Hotels und Pensionen ihre Betten zu maximal 60 Prozent belegen dürfen. Nur die privaten Quartiere können uneingeschränkt gebucht werden. „Das gilt bis 21. Juni“, sagt Christina Gehm, Vize-Direktorin des Parkhotels Rügen in Bergen. „Wir hoffen, dass wir ab dem 22. Juni wieder alle Kapazitäten nutzen können.“ Ihre Kollegin in Warnemünde sagt: „Wir entscheiden von Woche zu Woche, wie wir weiter verfahren.“ Bevor sie auflegt, um eincheckende Gäste zu bedienen, verrät sie noch, dass die 60 Prozent in ihrem Haus „schon lange überschritten“ sind. Dass etliche Betriebe aufgrund der Auslastungsbeschränkung überbucht seien, bestätigt auch Katrin Hackebarth vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern. Sollte die Beschränkung nicht zurückgenommen werden, müssten Hotels und Pensionen Buchungen stornieren. „Dann raten wir dazu, sie abhängig vom Eingang zu machen“, sagt Hackebarth. Also: Wer zuletzt gebucht hat, hat als Erster Pech. Christina Gehm auf Rügen möchte sich dieses Szenario lieber gar nicht vorstellen.

Auch in Bergen sind in dieser Woche die ersten Gäste nach der Corona-Zwangspause angereist. Trotz der Hygienemaßnahmen wie Maskenpflicht beim Personal, Abstandsregelungen, kein Büffet und geschlossener Pool- und Wellnessbereich seien alle entspannt und zufrieden. „Sie sind froh, wieder verreisen zu dürfen“, sagt Gehm. Bis 20. Juli gebe es noch freie Plätze, danach wird es eng. Anzurufen lohne trotzdem. Denn das Hotel arbeitet mit Busreiseunternehmen zusammen, die viele Zimmer blockiert haben. In Sachsen werden Busreisen ab 6. Juni wieder erlaubt sein. Wann es in den anderen Bundesländern soweit ist, oder ob geplante Reisen abgesagt werden müssen, kann kein Mensch derzeit sagen. Des Einen Leid wäre dann des Anderen Freud.
3.363 Beherbergungsbetriebe gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, darunter 1.400 Hotels und Pensionen und 217 Campingplätze. Zusammen haben sie fast 240.000 Schlafgelegenheiten. Wer keinen abbekommt, darf nach der momentanen Verordnung nicht ins Land. „Die Nachfrage geht auf jeden Fall über das Angebot hinaus“, sagt Katrin Hackebarth. Über 300.000 Übernachtungen werden allein zu Pfingsten im Bundesland erwartet. „Viel mehr können es aufgrund der Beschränkungen gar nicht sein.“ Sie empfiehlt allen, die für den Sommer eine Unterkunft suchen, bei örtlichen Institutionen, Kurverwaltungen, Regionalverbänden oder Tourist-Informationen nachzufragen.
www.ostseeferien.de
www. mecklenburgische-seenplatte.de
Die Lage in Niedersachsen
Auch für die sieben ostfriesischen Inseln gilt: Tagesgäste müssen draußen bleiben. Die aktuelle niedersächsische Corona-Verordnung sieht vor, dass nur auf eine Insel gelangt, wer mindestens eine Übernachtung gebucht hat. Die Reedereien geben keine Tagestickets für die Fähren aus. „Wer rüber möchte, kann frühestens für den Folgetag die Rückfahrt buchen“, sagt Göran Sell, Geschäftsführer der Ostfriesische Inseln GmbH.
Davon abgesehen ist auch auf Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum genau wie im Rest Niedersachsens seit Montag wieder vieles möglich, sofern die überall gültigen Abstands- und Hygieneregeln beachtet werden. Die wenigsten Beschränkungen gelten für Urlauber, die Ferienwohnungen oder -häuser mieten. Man darf mit seiner Familie und Angehörigen eines weiteren Hausstandes solange Urlaub machen, wie man möchte. Allerdings darf die Wohnung oder das Zimmer erst nach sieben Tagen wieder belegt werden, „selbst wenn der Urlauber nur eine Nacht bleibt“, erklärt Sell. Die besonders beliebte Insel Norderney macht eine Ausnahme: Hier müssen Urlauber mindestens eine Woche buchen.
Generell dürfen Hotels, Camping-, Bootsliege- und Wohnmobilplätze bis maximal 60 Prozent belegt werden. Das gilt auch für Jugendherbergen, Schullandheime, Familienbildungs- und Freizeitstätten. Saunen oder Schwimmbäder müssen geschlossen, Oberflächen regelmäßig gereinigt, Räume oft gelüftet werden. Gaststätten haben wieder geöffnet, müssen aber Hygieneregeln einhalten. Wer seine Kontaktdaten hinterlässt, darf Boote oder Fahrräder leihen, wer eine Maske trägt, eine Tour mit einem Ausflugsschiff machen. Verboten bleiben touristische Busfahrten und Gruppenreisen. Ab 8. Juni, so die aktuelle Planung, könnte der Übernachtungstourismus weiter ausgebaut werden. Wie, ist aber noch unklar. Definitiv geschlossen bleiben Bars, Kneipen und Discos.

„Die Leute haben sehnsüchtig darauf gewartet, dass die Küstenregionen wieder freigegeben werden“, sagt Jennifer Renner vom niedersächsischen Tourismusverband Nordsee. Nur vereinzelt seien noch Kapazitäten frei. Sie rät aber zur Hartnäckigkeit: „Es lohnt sich, trotzdem anzurufen. Was heute noch belegt war, ist morgen vielleicht schon wieder frei“, sagt sie. Etliche Urlauber hätten zwei Asse im Ärmel – also zwei Unterkünfte für den gleichen Zeitraum gesichert und würden sich nun für eines der Ziele entscheiden. Sie empfiehlt, direkt über die Touristinfos vor Ort zu gehen. Dort kenne man das Angebot genau und könne flexibel beim Suchen helfen.
Göran Sell macht für die ostfriesischen Inseln wenig Hoffnung. „Hier ist es im Sommer immer schwierig, kurzfristig ein Zimmer zu finden.“ Viele Gäste buchen ein Jahr im Voraus. Die Lage entspanne sich aber Ende August.
Ist ein Hotel oder eine Pension gefunden, ist man gut beraten, direkt beim Vermieter noch vor der Buchung nachzufragen, wie er sich im Fall einer Stornierung verhalten will. Weil viele Hoteliers und Pensionsbesitzer Sorge hatten, sich schadenersatzpflichtig zu machen, hat die Dehoga in Niedersachsen einen Reiserechtler mit einem Gutachten beauftragt. „Es hat sich herausgestellt, dass der Hotelier in seiner Entscheidung, wem er die Reise storniert, frei ist, solange er nicht gegen die Prinzipien des Gleichstellungsgesetzes verstößt“, sagt Hauptgeschäftsführer und Rechtsanwalt Rainer Balke. Der Vermieter darf seinen Gästen die Reise also nicht wegen deren Hautfarbe, Geschlecht oder Staatszugehörigkeit absagen. „Aber er kann die Dauer der Buchung als Maßstab für die Stornierung festlegen, oder wer den besten Preis zahlt.“ Der Grund für eine Absage muss also nicht zwangsläufig der Zeitpunkt der Buchung sein, auch wenn das den Gästen sicher am ehesten zu vermitteln sei, so Balke.
www.die-nordsee.de
www.borkum.de
www.reiseland-niedersachsen.de
Die Lage in Schleswig-Holstein
Seit dem 18. Mai dürfen Touristen in Schleswig-Holstein wieder übernachten – nur am Pfingstwochenende nicht auf den Inseln und Halligen der Nordsee sowie in den Gemeinden St. Peter-Ording und Büsum. „Das müssen wir machen, um zu große Besucherströme zu vermeiden“, sagt Manuela Schütze von der Tourismusagentur Schleswig-Holstein. Für die Ostseeküste hat die Landesregierung bislang keine Beschränkung ausgesprochen. Aber das kann sich ändern. Drohen zum Beispiel in der Hochsaison Besucheranstürme, dürfen Bürgermeister Parkplätze oder Promenaden sperren oder sich für die Strände Nutzungsbeschränkungen einfallen lassen. Das gelte vor allem für die besonders beliebten Reiseziele wie die nordfriesischen Inseln Sylt und Föhr, aber auch für Timmendorfer Strand und Scharbeutz in der Lübecker Bucht. Schütze nennt sie „Hotspots“. Welche Regeln dort wann und für welchen Zeitraum getroffen würden, ließe sich nicht generalisieren. Daher sollten sich Besucher bei der Touristeninformation ihres Urlaubsortes erkundigen.

In den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen Schleswig-Holsteins sind seit Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen sehr viele Anfragen eingegangen. „Die Buchungslage ist gut“, sagt Schütze. Föhr sei sogar für den Herbst schon stark nachgefragt, in Husum lägen die Buchungszahlen aber noch unter Vorjahresniveau. Grömitz, Hohwachter Bucht und Eckernförde an der Ostseeküste seien ebenfalls gut gebucht. Das gilt zwar auch für Travemünde. Da dort aber die Segelregatta „Travemünder Woche“ Mitte Juli abgesagt worden ist, gebe es noch freie Übernachtungsplätze, so Schütze. Auch eine Nachfrage in Flensburg lohne sich. „Wenn man ein wenig abseits der Hotspots schaut, im Nachbarort oder im Binnenland, wird man immer fündig“, ermuntert sie.
Und wenn gar nichts mehr geht? „Die Nordsee ist auch im November und Dezember sehr spannend“, sagt Sell. Der gebürtige Ostberliner hat in Leipzig studiert und in Görlitz gearbeitet, bevor er noch Ostfriesland ging. „Dick eingemummelt am Strand spazieren gehen oder Radfahren übern Deich. Die Nordsee ist dann rau und wild, eben ein ganz anderes Meer als die Ostsee.“
Alternative Lausitzer Seenland
Als Alternative für den Urlaub am Meer bieten sich die beiden großen Seenlandschaften in Sachsen an. 35 Seen zwischen Berlin und Dresden bilden das Lausitzer Seenland. Entstanden aus gefluteten Tagebaurestlöchern ist es Europas größte künstliche Wasserlandschaft und das viertgrößte Seengebiet in Deutschland. An unzähligen Stränden und Naturbadestellen können Urlauber baden oder sich beim Radfahren, Skaten, bei Bootstouren, Segeln oder einer Floßtour erholen. Das Seenland erstreckt sich über die Bundesländer Sachsen und Brandenburg. In beiden sind generell Ferienhäuser und -wohnungen, Hotels, Pensionen und Campingplätze mit gemeinsamer Sanitärausstattung geöffnet.

Gaststätten und Cafés haben von 6 bis 22 Uhr auf. Reisebusreisen, Stadtrundfahrten und Schiffsausflüge sind auch wieder erlaubt. Allerdings werden die Übernachtungskapazitäten langsam knapp. Stark nachgefragt sind Ferienhäuser und -wohnungen. Sie gibt es nur noch vereinzelt oder nicht unmittelbar in Seenähe. Ein Blick auf die Internetseite des Vereins Landurlaub in Sachsen ist dafür empfehlenswert. „Glück kann man auch bei Hotels und Pensionen haben“, sagt Katja Wersch vom Tourismusverband Lausitzer Seenland. Sie dürfen in beiden Bundesländern voll belegt werden.
www.lausitzerseenland.de
www.landurlaub-sachsen.de
www.oberlausitz.com
Baden im Leipziger Neuseenland
Auch im ehemaligen Braunkohleabbaugebiet im Süden von Leipzig werden seit Langem Tagebaurestlöcher geflutet. Inzwischen bilden mehr als 17 Seen das Leipziger Neuseenland. Zu den bekanntesten gehören der Cospudener, der Schladitzer und der Zwenkauer See. Der Hainer See ist über einen Kanal mit der Pleiße, Markkleeberger und Störmthaler See durch eine Schleuse verbunden. Auf den großen Wasserflächen lässt sich weit mehr tun als baden: Paddeln, Segeln, mit Kanu oder Ausflugsschiff fahren. Ausflüge nach Leipzig oder ins Umland nach Altenburg oder Grimma bieten sich an.

Auch Pilgern geht: In Borna treffen sich der Jakobsweg und die Via Porphyria. „Geschlossen waren die Seen in der ganzen Corona-Zeit nie“, sagt Sandra Brandt, Geschäftsführerin des Tourismusvereins Leipziger Neuseenland. Allerdings gelten beim Sonnen und Schwimmen die Abstandsregeln. Verleiher von Rädern und Wasserfahrzeugen haben geöffnet, bitten aber um vorherige Reservierung. Genau wie die vielen Vermieter, die noch freie Übernachtungsplätze für Sommerurlauber haben. Die Website des Vereins verlinkt darauf. „Man findet sie auch über die großen Buchungssysteme HRS oder booking.com“, so Brandt. Und wenn dort alles vergeben ist? „Beim Anbieter anrufen. Manchmal hat er trotzdem Platz.“
www.leipzig.travel/de/leipzigerneuseenland
Bisher in der Serie "Lust auf Deutschland" erschienen:
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