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Auf dass es klingt wie einstmals 1794

Die historische Balg-Anlage der Orgel in der St.-Laurentius-Kirche in Lauta-Dorf wurde restauriert und neu platziert.

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Johannes Soldan und Astrid Zischank bei  finalen Arbeiten an der Balg-Anlage.
Johannes Soldan und Astrid Zischank bei finalen Arbeiten an der Balg-Anlage. © Foto: Christine Primpke

Von Christine Primpke

Lauta-Dorf. St. Laurentius hat in den letzten zwei Jahren einiges über sich ergehen lassen müssen. Also natürlich nicht der Heilige selbst, sondern die Kirche in Lauta-Dorf, die seinen Namen trägt. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen hat es gegeben. Die Dachkonstruktion wurde erneuert: komplett saniert wurde die Felderdecke; die Fenster wurden erneuert – und schließlich folgte eine intensive Reinigung der Kirche. Es war schon ein Kraftakt, dessen es bedurft hatte, um das kleine, sehr beliebte Kirchlein wieder nutzbar zu bekommen.

Zu Himmelfahrt 2018 konnte endlich wieder ein Gottesdienst gehalten werden – aber, Wermutstropfen im Freudenbecher: ohne Orgelklänge. Keyboard und die Drehorgel des Pfarrers mussten aushelfen ...

Denn im Zuge der Dachreparaturen hatte die gesamte Windanlage der Orgel (zwei Blasebälge, Windkanäle, Motor und die dazu gehörende Elektrik) vom Dachboden zurückgebaut werden müssen, um Baufreiheit für die Zimmerer zu schaffen. Nun, nach Abschluss der Bauarbeiten, kamen sofort die Überlegungen auf, die 225 Jahre alte Orgel wieder (be)spielbar zu machen. Aber wie? Es gab zwei Varianten: entweder die Windanlage, wie gehabt, wieder auf dem Dachboden zu montieren – oder, historisch korrekt wie anno 1794, sie direkt „hinter“ der Orgel anzusetzen.

Zurück in die Zukunft

Die Ergebnisse der Vor-Ort-Begehungen mit Experten, etwa dem Orgelsachverständigen, der Kreiskantorin und dem Orgelbauer, legten nahe, die Windanlage wieder „hinter“ der Orgel anzuschließen. Im Frühjahr 2018 wurden Kostenvoranschläge eingeholt, der Denkmalschutz wurde befragt und alle behördlichen Genehmigungen in Sachsen und Brandenburg wurden eingeholt. Das dauerte länger als erhofft – bis Oktober/November 2018. Dann konnte die Orgelbaufirma Johannes Soldan aus Ödernitz bei Niesky mit der Restaurierung der Windanlage der Orgel beginnen. Die Fachleute holten die beiden Blasebälge und das Bälgegestell in ihre eigene Werkstatt. Dort wurden alle Teile gereinigt und restauriert. Die Blasebälge erhielten eine komplette Neu-Belederung, das Bälge-Gestell wurde zerlegt, in seinen Einzelteilen gesichtet und wieder zusammengesetzt. Im März startete Johannes Soldan den Aufbau der Windanlage in Lauta-Dorf. Dank seiner 40-jährigen Erfahrungen im Orgelbau gelang es ihm, sich in die Substanz der 225 Jahre alten Orgel hineinzudenken. So erkannte er an Ausklinkungen im Gehäuse den genauen historischen Standort der Balg-Anlage. Hier vor Ort mussten die letzten fehlenden Teile für die Tretanlage rekonstruiert werden. „Die «modernen» Menschen wollen heute alles neu bauen, aber hier im Orgelbau haben wir es mit historischer Substanz zu tun“, weiß Johannes Soldan. „Diese gilt es zu bewahren und zu restaurieren, damit die geniale Handwerkskunst unserer Vorfahren noch lange für die Nachwelt erhalten bleibt.“

Soldans Fachwissen und seine langjährigen Berufserfahrungen kamen der Königin der Instrumente in Lauta-Dorf voll zugute. Die Orgel hat jetzt wieder ihre originale Windanlage von 1794 (jedoch ergänzt um einen Gebläsemotor). Beim ersten Probespiel war es ergreifend, den wieder gewonnenen Klang zu erleben. Soldans Mitarbeiterin Astrid Zischank übernahm die Tretpedale für den Blasebalg und der Orgelbau-Chef unterzog mit seinem guten Gehör den Klang einer kritischen Prüfung; konkret die „Ansprache“ einzelner Pfeifen. „Wir müssen genau den richtigen Winddruck herausfinden, um den schönen, frischen Klang der historischen Orgel wieder herzustellen.“ Dafür galt es schon, etwas zu experimentieren. Durch Auflegen verschiedener Balggewichte (Ziegelsteine) wird der Winddruck variiert und anhand der Hörproben wird der optimale Winddruck eingestellt.

Die Sanierung der Orgel ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Das Innere der Orgel ist, trotz Schutzvorkehrungen während der Baumaßnahmen, stark verschmutzt. Eine Reinigung des Pfeifenwerkes und des gesamten Orgelinneren mit anschließender Nachintonation wäre für die Werterhaltung des Instrumentes sehr wichtig.

Die Mitglieder des Gemeindekirchenrates möchten sich auf diesem Weg recht herzlich für die erfolgte Sanierung ihrer Orgelanlage bei Fa. Johannes Soldan bedanken. Sicher war es eine ganz besondere Herausforderung am historischen Instrument, aber das Ergebnis spricht beziehungsweise klingt für sich: Der Orgelbaufirma aus Ödernitz ist es gelungen, den alten, ursprünglichen Zustand zur Bespielung der Orgel mit, aber auch ohne Strom zu ermöglichen. Nach einer Stimmung im April kann dann der erste Gottesdienst mit feierlicher Orgelbegleitung organisiert werden. Der Gemeindekirchenrat hofft, recht bald zu einem Orgelkonzert einladen zu können. Der genaue Termin (denkbar im Mai) wird rechtzeitig bekannt gegeben.

Die Orgel

- erbaut im Jahr 1794 durch Carl Gotthold Claunigk

- Umbau 1882 mit neuer Spieltechnik und zum Teil für damalige Zeiten modernen Klang- beziehungsweise Pfeifenregistern durch Conrad Geissler aus Eilenburg

- aktuelle Sanierung seit November 2018 in der Werkstatt von Johannes Soldan (Ödernitz), seit März 2019 wieder vor Ort in Lauta-Dorf