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Bautzen hat eine neue Hausärztin

Susanne Tschötsch hat schon immer von einer eigenen Praxis geträumt. Jetzt geht sie den Schritt – gegen den Trend.

Von Theresa Hellwig
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Susanne Tschötsch aus Doberschau hat eine neue Hausarzt-Praxis in Bautzen eröffnet. Ihr Schwerpunkt ist die Diabetologie; mit dem Instrument in ihrer Hand untersucht sie, ob die Füße ihrer Patienten noch Gespür haben.
Susanne Tschötsch aus Doberschau hat eine neue Hausarzt-Praxis in Bautzen eröffnet. Ihr Schwerpunkt ist die Diabetologie; mit dem Instrument in ihrer Hand untersucht sie, ob die Füße ihrer Patienten noch Gespür haben. © Steffen Unger

Bautzen. Den Traum, Ärztin zu werden, den hatte Dr. Susanne Tschötsch schon lange. Als Kind, erinnert sich die 40-Jährige aus Doberschau, gab es ein Schlüsselereignis. Erst wurde ihr Großvater krank – und starb kurz darauf. Dann musste auch noch ihr Bruder ins Krankenhaus, weil sich sein Blinddarm entzündet hatte. Damals, da war Susanne Tschötsch etwa sieben Jahre alt. „Ich erinnere mich noch genau an den Geruch im Krankenhaus und daran, wie ich helfen wollte“, sagt sie heute. Schon zu dieser Zeit habe sie den Entschluss gefasst, Ärztin werden zu wollen.

Wohl kein unübliches Gedankenspiel bei vielen Kindern und Jugendlichen. Aber Susanne Tschötsch blieb am Ball. Sie arbeitete in den Ferien im Labor, machte Schülerpraktika in Arztpraxen und arbeitete im Studium im Krankenhaus. Ihr Traum von der eigenen Praxis festigte sich. „Für mich gab es nie etwas anderes“, sagt sie.

Und während es immer mehr Menschen in die Großstädte zieht, während in der Oberlausitz Arztpraxen schließen, Mediziner in den Ruhestand gehen, erfolglos Nachfolger oder Nachfolgerinnen suchen, während Patientinnen und Patienten über einen Mangel an Arztpraxen klagen; während all das passiert, wagt Susanne Tschötsch den Schritt in die entgegengesetzte Richtung – und hat nun in Bautzen eine eigene Hausarzt-Praxis eröffnet.

Schon gut ausgelastet

Ein Blick in die Zahlen: 34 Hausärztinnen und Hausärzte gibt es gerade in Bautzen, einige mit besonderen Schwerpunkten, wie auch Susanne Tschötsch. Insgesamt sechs neue Ärztinnen und Ärzte dürften laut den aktuellen Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen im gesamten Planungsbereich Bautzen neu öffnen; eine Sperre gibt es nicht. Der Bedarf an Ärzten ist da.

Die neue Praxis – ein Hoffnungsträger für Bautzen? Zumindest für diejenigen, die zuvor bei Christine Murillo-Pertuz in Behandlung waren sicherlich. Schon Ende vergangenen Jahres hat Susanne Tschötsch deren Praxis übernommen. Das heißt in ihrem Fall, dass sie den Patientinnen- und Patientenstamm der Ärztin weiterführt. Sie hat sich aber ihre eigenen Praxisräume gesucht und diese in der Bautzener Taucherstraße gefunden.

Selbst Susanne Tschötsch sagt aber, dass sie mit dem Stamm an Patientinnen und Patienten, die sie übernommen hat, schon gut ausgelastet ist. Anfragen bekomme sie viele, angesichts einiger Allgemein-Medizin-Praxen, die gerade ihre Pforten schließen. Vor allem aber für Diabetikerinnen und Diabetiker hat die Ärztin noch Kapazitäten.

Mehr Zuckerkranke

Denn auf die Zucker-Krankheit will die neue Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie einen Schwerpunkt legen. Auch dieses Spezialgebiet ist ihr seit der Kindheit wichtig, erzählt sie. Schon damals habe es Fälle von Diabetes in ihrer Familie gegeben. Noch heute liest sie auch in ihrer Freizeit noch am späten Abend Artikel in Fachzeitschriften, „weil es mich so sehr interessiert“.

Sie erzählt von steigenden Erkrankungszahlen, von Schwangerschaftsdiabetes und von den Folgen, die die Zucker-Krankheit haben kann. „Herzerkrankungen, Augenprobleme, Nierenversagen“, zählt sie auf. Das diabetische Fußsyndrom sei auch so eine Folge, die oft schleichend eintritt. Weil die Füße taub werden, entstehen kleine Wunden, die nicht richtig heilen können – es könne sogar passieren, dass der Fuß amputiert werden muss. „Es ist mir wichtig, dass sich auch junge Frauen, die unter Schwangerschaftsdiabetes leiden, hier wohlfühlen“, sagt Susanne Tschötsch.

Zurück in die Heimat

Auch die Doberschauerin ist für ihr Studium weit weggezogen, hat acht Jahre lang an einer Universität im Ruhrgebiet gelernt. Weil ihre Familie aber noch immer in Doberschau lebt und ihr mit der Betreuung ihrer Kinder helfen kann, zog es sie schon vor ein paar Jahren zurück in die Region. „Ich hänge an der Heimat“, sagt sie. Ihre fachärztliche Ausbildung absolvierte sie dann im Bautzener Krankenhaus. Die Arbeitsbelastung aber war hoch, 50- oder gar 60-Stunden-Wochen keine Seltenheit, sagt sie. Also verstärkte sich der Wunsch nach Selbstständigkeit – nach etwas Eigenem. Nach selbstbestimmtem Arbeiten.

Ganz einfach sei der Start nicht gewesen, erzählt die 40-Jährige. Sie habe sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung gemeldet, musste dann den Praxissitz abkaufen. Etwa ein Jahr habe es gedauert, eine Praxis zu finden. Als sie dann endlich eine gefunden hatte, ging es plötzlich alles ganz schnell: Nur knapp zwei Monate hatte sie Zeit, um die Räumlichkeiten zu renovieren und alles einzurichten. Sie fand ihre drei Mitarbeiterinnen. Nervös sei sie damals gewesen, die Tage vor der Eröffnung: „Stress pur“. An Tag eins dann sei aber alles an Angst von ihr abgefallen – und es habe sich richtig angefühlt.

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