Urlaub nach Corona: Caravan für Anfänger

Auch wenn an Reisen im Moment noch nicht zu denken ist: Irgendwann dürfen wir wieder unsere Koffer packen und die Welt erkunden. Denn aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Und die Reiseveranstalter sitzen in den Startlöchern. Umbuchen statt Stornieren lautet die Devise. Viele Unternehmen setzen auf Gutscheine, manche locken sogar mit Treue-Bonus. Und immer mehr Veranstalter werben im Netz bereits mit Angeboten für das nächste Jahr – Frühbucherrabatt inklusive.
Bevor es soweit ist, wollen wir Ihnen die Zeit mit einer Auswahl unserer schönsten Reisereportagen vertreiben – und Lust auf eigene Touren machen. Viel Vergnügen!
Urlaub im Caravan – gelingt der auch ohne jegliche Erfahrung? Die SZ wagte den Selbstversuch mit einem 13 Meter langen Gespann auf den Straßen Istriens und Campingplätzen an der Adria.
Tag 1: Zuschauen als Beifahrer
Selten war ich so froh, eine Reise nicht allein antreten zu müssen. Denn die Aufgabe besteht darin, einen über 38.000 Euro teuren Wohnwagen drei Tage lang unfallfrei durch Slowenien und Kroatien zu kutschieren. Journalistenkollege Thomas, der für ein Fachmagazin schreibt und auch privat seit Jahrzehnten Campingurlaub macht, übernimmt die Rolle des Instruktors. „Bist du schon mal Gespann gefahren?“, fragt er. Als ich verneine, ist die Sache für ihn klar: „Schau es dir erst mal als Beifahrer an. Später wechseln wir.“
Erleichtert sehe ich zu, wie er den BMW zurücksetzt und die Anhängerkupplung genau unter der Deichsel des Wohnwagens platziert. Jetzt Feststellbremse lösen, Stützrad hochkurbeln und und das Kabel für die Stromversorgung einstöpseln. Anschraubbare Zusatzspiegel am Auto sollen für bessere Sicht nach hinten sorgen. „Funktionsprobe!“, ruft Thomas. Beflissen eile ich nach hinten, um zu sehen, ob es am Wohnwagen blinkt und leuchtet, wenn er vorn Tasten, Hebel und Bremspedal betätigt.
Um von unserem Startpunkt im italienischen Muggia zum 45 Kilometer entfernten Campingpark Umag in Istrien zu kommen, müssen wir zunächst Slowenien durchqueren. Eigentlich kein Ding, würden wir auf der E751 fahren. Doch Thomas plant anders: „Lass uns einen Abstecher nach Portorož machen.“ Der malerisch gelegene Küstenort gebe gute Fotomotive her, sagt er.
Wohnmobil oder Caravan – was passt zu mir?
Je näher wir Portorož kommen, desto mehr bezweifle ich, dass dieser Umweg eine gute Idee war. Unsere 13-Meter-Fuhre ist zu lang für die Serpentinenstraße. In einer schlecht einsehbaren Linkskurve passiert es: Ein Bus kommt uns entgegen, bremst und bleibt so ungünstig im Scheitelpunkt der Kurve stehen, dass wir nicht mehr an einander vorbeikommen. Es hilft nichts: Wir müssen langsam zurückstoßen, um weiter ausholen zu können. Ich springe raus und versuche mich als Einweiser. Der erste Versuch misslingt: Fast touchiert der Caravan den Bus. Der Fahrer hupt, macht aber sonst keine Anstalten, sich an der Lösung des Problems zu beteiligen. Erst beim zweiten Mal klappt es. Schwitzend steige ich wieder ins Auto.
Normalerweise würde ihm so etwas nicht passieren, sagt Thomas beim Weiterfahren. Denn da habe er ein Camper-Navi dabei. Füttert man solche Geräte mit den Maßen und Gewichtsangaben für das jeweilige Gefährt, spuckt es nur noch jene Routen aus, auf denen es keine zu engen Straßen oder zu niedrige Brückendurchfahrten gibt. Gut, dass wir den Rest der Strecke ohne solche Hilfe auskommen. Eine halbe Stunde später erreichen wir den Campingpark Umag, der direkt an der Adria liegt. Thomas erklärt mir, was zu tun ist: Wagenstützen runterkurbeln, Kabeltrommel komplett abrollen, Stromversorgung herstellen. Ein Surren verrät, dass die Klimaanlage läuft. Ich ziehe die Schuhe aus und lasse mich auf das Doppelbett im Bug fallen. Endlich Zeit, mich mal in dieser rollenden Einzimmerwohnung umzusehen. Der erste Eindruck: Hier hätte auch eine vierköpfige Familie Platz.
Tag 2: Zum ersten Mal selbst am Steuer
Die Autokennzeichen verraten es: Deutsche Camper mögen Kroatien. Laut Tourismuszentrale kommen die meisten Gäste aus Bayern und Baden-Württemberg, Sachsen liegt aber schon auf Platz fünf des Rankings. Überhaupt scheint der Osten Deutschlands gut vertreten zu sein. Auf der Nachbarparzelle parkt ein Wohnmobil mit Thüringer Nummernschild. „Wir waren schon vier oder fünf Mal im Land“, sagt Ralf-Thorsten Hausdorff aus Apolda, der noch am Frühstückstisch sitzt. Diesmal seien er und seine Frau in Umag gelandet, „weil wir ein paar Hundert Kilometer sparen wollten“. Also nicht 1.400 wie bis nach Dubvronik, sondern „nur“ 900. Es ist trotzdem eine Strecke, für die sich die Hausdorffs zwei Tage Zeit nehmen. Gründe für Kroatien gebe es genug, schwärmt Ramona Hausdorff: „Das Meer. Das gute Essen. Das Gefühl von Freiheit.“
Ich hingegen fühle mich an diesem Morgen vor allem angespannt. Immerhin soll ich das Gespann zum ersten Mal selbst bewegen. „Denke auch daran, dass das Heck des Wohnwagens ausschwenkt“, mahnt Thomas, als wir losrollen.
Die ersten Kilometer gehen gut: Durch ständige Kontrollblicke in den rechten Außenspiegel vergewissere ich mich, dass der Wohnwagen dem Fahrbahnrand nicht zu nahe kommt. Allerdings hat unser rollendes Feriendomizil eine Breite von 2,50 Metern. Damit rollt dessen linke Seite knapp jenseits der Mittellinie, wenn die Straße zu schmal wird. „Im Zweifelsfall hältst du an. Dann bist du nicht schuld, wenn dir jemand reinfährt“, rät Thomas. Gut, dass die Spiegel Orientierung geben. Passe ich mit denen an einer Engstelle durch, klappt das auch mit dem Wohnwagen.
Vorbei geht es an Feldern mit roter Erde, Olivenbäumen und Weinbergen. Obwohl ich außerorts das Tempolimit nicht ausreize, fühlt es sich hin und wieder an, als schlingere die Fuhre. Bin ich immer noch zu schnell? Nach einem Zwischenstopp im Künstlerstädtchen Grožnjan zuckeln wir ins rund 15 Kilometer östlich gelegene Livade.
Dort sind wir zum Mittagessen verabredet. Die Region ist für bekannt ihre edlen Pilze – spätestens seit 1999, als Gutsbesitzer Giancarlo Zigante einen rund 1,3 Kilo schweren Weißen Trüffel fand. 20.000 D-Mark seien ihm für den Rekordfund geboten worden, der sogar im Guinness-Buch der Rekorde steht, berichtet der Gastronom. Er habe abgelehnt und die Delikatesse gemeinsam mit Freunden und Bekannten verspeist. Auf unsere Pasta hobelt der Kellner preiswertere Schwarze Trüffel. Die kosten immerhin noch acht Kuna pro Gramm, umgerechnet 1,08 Euro.
Nicht ganz billig ist auch der Campingplatz, auf dem wir am späten Nachmittag einchecken. Im Istra Premium Camping Resort unweit von Poreč kostet eine günstige Parzelle in der Hauptsaison rund 66 Euro pro Nacht. Vorausgesetzt, man bleibt für eine Woche und ist nur zu zweit. Allerdings sieht die 37 Hektar große Anlage nicht nur aus wie neu, sie ist es auch. Ende Juni hat die Valamar-Kette Eröffnung gefeiert.
Leider sind die Parzellenzufahrten auch hier ziemlich eng. „Dann nehmen wir den Mover“, beschließt Thomas. Der Wohnwagen verfügt über einen Hilfsantrieb, der den abgekoppelten Einachser an die gewünschte Parkposition bugsieren kann – bedient wird er per Fernbedienung. Das Problem ist nur: Auf die Schnelle ist nicht herauszukriegen, wie sich das System aktivieren lässt. Während wir beratschlagen, steht plötzlich ein junger Mann mit nacktem Oberkörper neben uns. „Do you need help?“ Ja, brauchen wir. Zu dritt schieben wir den wuchtigen Hänger über den Kies, bis er so steht, wie er stehen soll. Wie sich herausstellt, kommt unser Helfer aus Norwegen und wohnt nebenan. Das angebotene Dosenbier schlage ich freundlich aus. Später vielleicht.
Tag 3: Mit Muskelkraft in die Parzelle
Schon acht Uhr morgens brütet die Hitze über Funtana. Da reicht das Hochkurbeln der Scherenstützen am Wohnwagen, um ins Schwitzen zu kommen. Erfahrene Camper hätten für diese Arbeit einen Akkuschrauber parat, hat man mir gestern erzählt. Jetzt verstehe ich, warum. Für heute steht nur noch eine 40-Kilometer-Etappe an. Und es wird touristisch reizvoll: Wir besuchen die Hafenstadt Rovinj.
Die auf einem Hügel erbaute Altstadt gehöre zu den am häufigsten fotografierten Silhouetten weltweit, erklärt Stadtführer Renato Orbanić stolz. Tatsächlich habe ich diese Ansammlung von bunten Häuserfassaden und den venezianisch anmutenden Kirchturm dahinter schon mal auf Instagram gesehen. Dazu das Blau der Adria – da muss man als Tourist sein Smartphone zücken.

Am Nachmittag erreichen wir unser Ziel, das „Marina Camping Vestar“ südlich von Rovinj. Noch ein letztes Mal gilt es, den Wohnwagen per Muskelkraft auf die Parzelle zu bugsieren. Jetzt fällt die Anspannung von mir ab: Weder Zugfahrzeug noch Hänger haben Schaden genommen. Doch ohne meinen Instruktor Thomas hätte ich das nie geschafft. Bevor ich das erste Mal selbst mit einem Leih-Caravan in den Urlaub fahre, werde ich das Gespann-Fahren noch mal üben. Und wenn es dann los geht, definitiv ein Camper-Navi mitnehmen.
Die Recherche wurde unterstützt vom Verband der Caravaning Industrie (CIVD) und der Messe Düsseldorf.