Gaststätten und Kitas: Macht Sachsen zu schnell auf?

Dresden. Die für Freitag geplante Öffnung von Gaststätten, Hotels, Herbergen und Ferienwohnungen in Sachsen setzt die Landesregierung unter Zeitdruck und Stress.
Wenn das Kabinett an diesem Dienstag die dafür notwendige neue Rechtsverordnung beschließt, könnte es deshalb zu geringeren Vorgaben an die Gastronomie- und Tourismusbranche kommen als bislang erwartet.
Der Grund: Die ursprüngliche Variante, dass alle Einrichtungen, die ab dem 15. Mai eine Wiedereröffnung nach der coronabedingten Schließung planen, sich im Vorfeld ein eigenes Hygienekonzept bestätigen lassen müssen, ist weder zeitlich noch personell umsetzbar. Absehbar ist daher, dass sich das Kabinett dafür entscheidet, die Wiedereröffnung aller gastronomischen und touristischen Einrichtungen von der strikten Einhaltung eines allgemeinen Hygienekonzepts abhängig zu machen, das in den vergangenen Tagen vom DEHOGA Hotel- und Gaststättenverband Sachsen ausgearbeitet wurde.
An einer solchen Variante gibt es aber auch Kritik. Vor allem Arbeitnehmervertreter monieren, dass die Beschäftigten in den unterschiedlichen Betrieben künftig nicht ausreichend geschützt sind, wenn keine individuellen Sicherheitskonzepte umgesetzt werden müssen. Abschließend entscheiden muss diesen Streit nun die Ministerrunde um Regierungschef Michael Kretschmer (CDU).

Gleichzeitig nimmt aber auch die Kritik an der nur drei Tage später vorgesehenen Öffnung aller Krippen, Kindergärten und Horts im Freistaat zu. Interessenvertreter und Politiker, aber auch Lehrer und Erzieher sehen den Starttermin 18. Mai als zu verfrüht an und befürchten enorme Organisations- und Personalprobleme.
Die Landtagsabgeordnete Luise Neuhaus-Wartenberg (Linke): „Diese Art der rasanten Öffnung der Kitas und Schulen ist unverantwortlich.“ Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hält sie eine „gefährliche Illusion“ vor, wenn er glaube, dass die notwendigen Abstandsregeln in den Schulen und Kindereinrichtungen tatsächlich eingehalten werden können.
Auch ihre Fraktionskollegin Marika Tändler-Walenta mahnt, bei den Vorgaben für die Kita-Öffnungen klaffe eine „Lücke zwischen Theorie und Praxis“. Das berge viele Risiken für die Kinder und die Beschäftigten. Tändler-Walenta spricht deshalb für eine nur schrittweise Öffnung der Kindertagesstätten aus – analog zu dem Verfahren bei den sächsischen Schulen. Massive Einwände kommen auch von der Gewerkschaft.
Ver.di-Fachbereichsleiter Detlef Heuke verweist auf räumliche, finanzielle und personelle Engpässe in vielen Kindertagesstätten, die eine korrekte Umsetzung der Hygiene- und Abstandskonzepte oft unmöglich machen würden. Dazu fehle Geld, um alle Erzieherinnen mit ausreichend Hygieneartikeln und Schutzkleidung auszustatten. Die Kommunen und Träger würden mit diesen Problemen alleingelassen. „Dafür lässt sich der Freistaat ob seines Engagements von den Eltern feiern und sonnt sich im bundesweiten Überbietungsreigen der Öffnungen.“
Ähnliche Befürchtungen gab es zuvor auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband sowie dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag. Gerade der kommunale Spitzenverband lässt dann auch keine Zweifel daran, dass es auch nach dem 18. Mai zu keiner normalen Betreuungssituation in den Kitas kommen wird. Vielmehr seien jederzeit Einschränkungen wie beispielsweise bei den Öffnungszeiten möglich, heißt es.