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Den Stadtrat fraktionslos gestalten

Die SZ stellt vor der Stadtratswahl die Spitzenkandidaten der Listen vor. Heute: Stefan Schwager von den Freien Wählern.

Von Antje Steglich
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Stefan Schwager führt die Freien Wähler im Stadtrat an und kandidiert erneut für ein Mandat.
Stefan Schwager führt die Freien Wähler im Stadtrat an und kandidiert erneut für ein Mandat. © Lutz Weidler

Riesa. Ihm geht es allein um Riesa. Darum, dass die Menschen hier gut leben können. Deshalb trifft sich die SZ mit Stefan Schwager an der Fähre in Promnitz zum Interview. Von dort hat man einen guten Blick über die Skyline von Schwagers Heimatstadt – vom Stadtpark bis zum Muskator-Gelände. Die Trinitatiskirche ragt als höchster Punkt aus dem Häuserwald heraus, davor fließt träge die Elbe dahin. Stefan Schwager wirkt entspannt und zufrieden, obwohl bereits zwei anstrengende Schichten hinter ihm liegen. „Das da sind Papa-Augenringe“, sagt der 38-Jährige lachend und zeigt auf sein Gesicht. Der zweieinhalbmonatige Sohn hält ihn nachts wach und nimmt keine Rücksicht darauf, dass Papa als Lehrer an der Förderschule Goethestraße frühmorgens wieder fit sein muss. Dazu kommen die Ehrenämter als Vorsitzender der Sternwarte, Organisator der Kinderuni und Fraktionschef der Freien Wähler im Riesaer Stadtrat. Zudem steckt er mittendrin im Wahlkampf, Ende Mai wird in Riesa ein neuer Stadtrat gewählt.

Der Diplom-Pädagoge Stefan Schwager, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg studierte, tritt zum zweiten Mal an. Bei seiner politischen Premiere 2014 schaffte er auf Anhieb mit mehr als tausend Stimmen das fünftbeste Ergebnis des 30-köpfigen Gremiums. „Das war erstaunlich“, sagt der gebürtige Riesaer rückblickend. Ob er daran anknüpfen kann und die Freien Wähler erneut als Fraktion in den Stadtrat einziehen, mag er nicht zu beurteilen. Zumal sich in den vergangenen Jahren gerade personell so einiges geändert hat.

Von den Initiatoren der Freien Wähler, die sich 2014 aus der Initiative für Riesa heraus zusammengefunden haben, ist neben Stefan Schwager nur noch Matthias Schache auf der aktuellen Kandidatenliste verblieben. Toralf Schadewitz und Markus Mütsch vervollständigen die nur vierköpfige Liste. Die Kandidatensuche sei schwierig. Nicht nur, weil mit der Unabhängigen Liste nun eine zweite parteien-unabhängige Vereinigung ins Rennen um die Stadtratsmandate gegangen ist. Es gebe auch einen allgegenwärtigen Verdruss gegenüber politischer Arbeit und Bedenken, sich politisch zu äußern.

„Viele befürchten zum Beispiel berufliche Nachteile“, sagt Stefan Schwager. Auch er selbst sei schon oft persönlich angegriffen worden. „Wenn ich im Stadtrat etwas kritisch hinterfragt haben, wurde gleich mein Verein infrage gestellt. Das ist unfair“, sagt er und macht unter anderem das Parteiensystem dafür verantwortlich. „Wenn es nach mir ginge, würde ich den ganzen Stadtrat fraktionslos gestalten“, so Stefan Schwager, „nur 30 Mandatsträger, 30 Bürger der Stadt Riesa.“

Fraktionszwänge seien den Freien Wählern sowieso fremd, Meinungsvielfalt gilt als ein hohes Gut. „Wir haben sehr unterschiedliche Kandidaten“, sagt Stefan Schwager unter anderem mit Blick auf Riesas Ex-Finanzbürgermeister Markus Mütsch, der den Ausbau des Hafens ausdrücklich begrüßt, und den Bautechniker Toralf Schadewitz, der als Anwohner die Ausbaupläne eher ablehnt. „Das ist doch gerade der Spaß daran. Erst so entsteht eine lebhafte Debatte. Bei uns wird nicht einfach nur abgenickt, sondern wir lernen immer ein bisschen dazu.“ Die 14-tägigen Fraktionssitzungen würden sich dadurch zwar durchaus mal über Stunden hinziehen, dafür kenne jeder die Beschlussvorlagen für den Stadtrat genau. Und das gehöre für Stefan Schwager mit zu den wichtigsten Aufgaben eines Kommunalpolitikers: „Es ist doch nicht unsere Aufgabe, zu loben, sondern die Entscheidungen zu hinterfragen und Impulse zu geben.“ Deshalb wünscht er sich noch mehr und schnellere Informationen durch das Rathaus und setzt sich für mehr Transparenz ein. Die direkte Mitbestimmung soll durch die Freien Wähler gestärkt und eine Generationenpolitik in die Leitdebatte der Stadt in den Fokus rücken. Zudem wünscht er sich mehr Grün in der Stadt und dass sich die Verwaltung mehr Mühe mit der Gestaltung zum Beispiel der Grünanlagen und alten Bäume gibt. „Vielleicht entwickelt sich Riesa ja mal zu einer Wohnstadt für die großen Metropolen“, sagt Stefan Schwager. Da müsse man die Stadt auch als Wohnort attraktiver gestalten – und er selbst werde gern daran mitwirken. Nicht nur, weil ihn „eine Fußfessel aus Zucker“ an Riesa hält, wie er selbst über seine Heimatstadt sagt.

„Ich finde es einfach wichtig, mich für die Stadt einzusetzen“, sagt Stefan Schwager, der am 26. Mai auch erstmals für den Kreistag kandidiert. Jeder könne am Gartenzaun oder in den sozialen Netzwerken meckern, aber so könne man weder die Hintergründe verstehen, noch die Zukunft der Stadt mitgestalten. „Mir ist das aber allein schon für meine Kinder wichtig“, so der zweifache Vater. Und dafür nehme er auch ein paar kurze Nächte und Augenringe in Kauf.