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Der Geldwäscher

Ein Radebeuler erzählt immer wieder tolle Geschichten und ist stets unschuldig. Das Gericht glaubt ihm auch diesmal nicht.

Von Jürgen Müller
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Geldwäsche mal wörtlich genommen. Doch das ist keine lustige Angelegenheit, sondern eine Straftat. Das bekam nun auch ein Radebeuler zu spüren.
Geldwäsche mal wörtlich genommen. Doch das ist keine lustige Angelegenheit, sondern eine Straftat. Das bekam nun auch ein Radebeuler zu spüren. © Karikatur: Harm Bengen

Radebeul. Der 60-jährige Radebeuler ist Stammgast am Amtsgericht Meißen. Bekannt ist er aber nicht nur, weil er hier so oft auf der Anklagebank sitzt, sondern weil er sich immer tolle Geschichten ausdenkt, die ihm allerdings niemand abnimmt. 

Ein paar Beispiele gefällig? Nun, so wurde er beispielsweise in einem Meißner Baumarkt von einer Verkäuferin erwischt, als er gerade Rattan-Möbel in sein Auto packte. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn er sie vorher bezahlt hätte. Die Geschichte des Mannes: Er habe nur mal ausprobieren wollen, ob sie ins Auto passen. Als er von der Verkäuferin angesprochen wurde, sei er wegen eines Zuckerschocks in Panik verfallen, ins Auto gesprungen und mit offener Kofferklappe losgefahren. 

Zu Hause habe er auf den Schreck erst mal kurz hintereinander zwei Dosen Cola mit Whiskey, zwei Flaschen Bier und ein halbes Glas Whiskey pur reingekippt. Da hätte er voll sein müssen wie eine Haubitze. Stattdessen war er mit dem Auto zum Einkaufen gefahren.

Auch, dass er mehrfach ohne Fahrerlaubnis gefahren sei, stimme nicht, sagte er bei einer anderen Verhandlung. Dass ihn seine Nachbarn angezeigt hätten, sei ein reiner Racheakt gewesen, behauptete er. Er habe einem der Nachbarn ein Zimmer seiner Wohnung vermietet. Der habe aber plötzlich die Mietzahlung eingestellt. 

Weil er Arbeitslosengeld II beziehe und die Mietzahlung angerechnet werde, habe er den Mietvertrag kündigen müssen. Dafür wolle sich der Nachbar rächen, sagte er damals. Wieder glaubte ihm der Richter nicht.

Auch diesmal ist er nach eigenem Bekunden völlig unschuldig. „Ich bin aus notorischer Blödheit in eine Falle getappt, hatte nichts davon gehabt“, sagt er dem Richter. Vorgeworfen wird ihm diesmal Geldwäsche. Er soll Waren entgegengenommen und diese weiter ins Ausland geschickt haben. Die Sachen wurden von Betrügern bestellt, welche die Adressen und Kontodaten von Leuten ausgespäht hatten. 

Als Lieferadresse wurde die des Angeklagten angegeben. Dieser hat die Pakete entgegengenommen, die Waren auf mehrere Päckchen verteilt und dann ins Ausland geschickt. Üblicherweise bekommt man dafür eine Provision. Doch der Mann will nichts bekommen haben. Er gibt den Ahnungslosen. 

„Wie kann man denn Geldwäsche machen, wenn man überhaupt kein Geld bekommen hat“, fragt er den Richter. Seine Ahnungslosigkeit könnte man ihm ja abnehmen, wenn er nicht so gerichtserfahren wäre. Insolvenzverschleppung, Steuerhinterziehung, Verletzung der Beitragspflicht, Diebstahl, Trunkenheit im Verkehr und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort stehen in seinem Sündenregister. 

Auch zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wurde er schon verurteilt. Die Bewährungszeit hatte er überstanden.

Der Staatsanwalt schlägt dem Angeklagten vor, auf die Berufung im Verfahren wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu verzichten. Im Hinblick auf diese Verurteilung könne dann das jetzige Verfahren eingestellt werden. Doch der Radebeuler bleibt bei seiner Verschwörungstheorie, nicht gefahren zu sein. Auch das Angebot, eine mögliche Geldstrafe abzuarbeiten, lehnt er kategorisch ab. 

Er könne nur eine Stunde am Tag arbeiten, sagt er. Er wird diesmal zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt. Einbezogen werden allerdings zwei weitere Urteile. Kann er das Geld nicht zahlen und arbeitet die Strafe auch nicht ab, muss er für 100 Tage in Haft.