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Der Einbrecherschreck von Meißen

Auf eigene Faust setzt ein 35-Jähriger nächtliche Einbrecher fest. Seine Erfahrung als Soldat hilft ihm dabei.

Von Stephan Hönigschmid
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Enrico Ledermüller und seine Freundin Susann Heyer im Keller des Wohnhauses in der Kerstingstraße. Dort spielten sich in der Nacht zu Dienstag dramatische Szenen ab.
Enrico Ledermüller und seine Freundin Susann Heyer im Keller des Wohnhauses in der Kerstingstraße. Dort spielten sich in der Nacht zu Dienstag dramatische Szenen ab. © Claudia Hübschmann

Meißen. Es ist der Albtraum schlechthin: nächtliche Einbrecher im eigenen Haus. Dem Meißner Enrico Ledermüller (35) ist das in der Nacht zum Dienstag passiert. „Ich bin nachts um zwei wach geworden, weil unser Sohn geschrien hat. Nachdem ich ihm seine Trinkflasche gegeben hatte, bin ich noch mal kurz auf den Balkon gegangen, um Luft zu schnappen.“

Dabei habe er in der Nähe des Kellers einen Mann mit einer Art Maske im Gesicht gesehen. „Das hat mich stutzig gemacht, und ich wollte wissen, was los ist. Weil ich weiß, dass die Treppe im Hausflur Knackgeräusche macht, bin ich barfuß in den Keller gelaufen.“ Dort angekommen, muss Enrico Ledermüller starke Nerven haben.

„Ich habe zunächst zwei Männer gesehen, die in den Keller einer Nachbarin eingebrochen waren und ihn durchwühlten. Hinter einer Mauer befand sich zudem ein weiterer Einbrecher, der wohl Schmiere stehen sollte.“ Besonders gut hat das nicht funktioniert, denn alle drei sind vollkommen überrascht, als Enrico Ledermüller plötzlich im Raum steht. Geistesgegenwärtig wendet der Afghanistan-Veteran eine Technik der psychologischen Kriegsführung an, die er während seiner zehn Jahre bei der Bundeswehr gelernt hat.

Das Haus in der Kerstingstraße, in dem es passierte.
Das Haus in der Kerstingstraße, in dem es passierte. © Claudia Hübschmann

„Ich habe sie lautstark angeschrien und ihnen deutlich gemacht, dass sie keine Chance haben“, sagt der 1,93 Meter große Ex-Soldat. Bei den ersten beiden hat er mit seinem autoritären Auftreten auf Anhieb Erfolg. Nur der Dritte, der die anderen warnen sollte, versucht, durch einen Lichtschacht zu flüchten.

„Er ist aber nicht weit gekommen. Ich habe mich mit voller Wucht auf ihn geschmissen. Danach hörte auch er auf mein Kommando“, sagt Enrico Ledermüller, der Wert darauf legt, dass es nicht zu einer Schlägerei gekommen ist. „Die waren in Schockstarre und haben sich dann auch, wie von mir gefordert, auf den Boden gelegt, die Arme seitlich.

„Allerdings hatten sie den Ernst der Lage noch nicht so richtig verstanden. Einer fragte mich tatsächlich, ob er aufstehen könne, weil ihm kalt sei. Außerdem wollten sie sich gern mit mir einigen, ohne dass ich die Polizei rufe. So etwas kam für mich natürlich nicht infrage“, sagt Enrico Ledermüller, der sich bei dem Vorfall auch Verletzungen zugezogen hat.

„Ich bin mit dem Ellbogen an den Putz gekommen und habe deshalb eine blutige Platzwunde. Außerdem hat mein Knie was abbekommen und ist nun dick“, beschreibt der Meißner die Auswirkungen. In der Nacht selbst bleibt keine Zeit, um darüber nachzudenken. „Ich habe einfach funktioniert. Hundertprozentig wusste ich ja auch nicht, wie es ausgeht. Als Unteroffizier trainiert man zwar auch Geiselübungen, aber die Realität ist immer noch mal anders.“

Schließlich läuft er die Kellertreppe hinauf, um seiner Freundin Susann Heyer (29) über die Haussprechanlage zu sagen, dass sie die Polizei rufen soll. „Zuvor habe ich Richtung Keller geschrien, dass die Einbrecher ja nicht auf die Idee kommen sollen, sich zu rühren.“ Fünf Minuten später trifft die Polizei mit acht Beamten ein und nimmt die drei Deutschen  im Alter von 22, 25 und 30 Jahren fest.

Trotz des Heldenmuts von Enrico Ledermüller warnt Polizeisprecher Lukas Reumund davor, es ihm nachzumachen. „Durch seine Bundeswehrzeit hatte der Bürger eine Vorbildung. Grundsätzlich sollte sich aber niemand in Gefahr begeben, sondern genügend Abstand halten und lieber die Polizei rufen.“

Der ehemalige Soldat ist der Polizei dankbar, dass sie so schnell vor Ort war, und kann auch deren Argumente verstehen. Trotzdem sagt er: „Ich würde es wieder tun.“ Er hoffe nicht, dass es notwendig sei. Dennoch würde er auch einem erneuten Einbruch nicht tatenlos zuschauen. „Ich würde mich lediglich besser schützen und beispielsweise Stiefel anziehen. Auch die Strategie würde ich ein wenig ändern“, sagt Enrico Ledermüller, der sich schon seit Langem über die zahlreichen Einbrüche in der Gegend geärgert hat.

Ob die Täter auch dafür verantwortlich sind, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unklar. „Die Ermittlungen laufen. Dabei schauen wir natürlich auch auf ältere Fälle“, sagt Lukas Reumund.

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