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Der Krieg kam eher als die Kaserne

1914 begann die Geschichte des Militärstandortes Löbau – als Lazarett. Fast 80 Jahre bestimmten Uniformen das Stadtbild.

Von Rolf Hill
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Blick auf die Löbauer Jägerkaserne, die auf dem Areal des ehemaligen Rittergutes Körbigsdorf errichtet wurde. Die Postkartenansicht entstand 1914.
Blick auf die Löbauer Jägerkaserne, die auf dem Areal des ehemaligen Rittergutes Körbigsdorf errichtet wurde. Die Postkartenansicht entstand 1914. © Sammlung Rolf Hill

Seit wann gehörten in Löbau Uniformen zum Stadtbild? Alles begann am 4. April 1912, einem Karfreitag. Da erhielt der damalige Löbauer Stadtrat die Nachricht des Königlich Sächsischen Kriegsministeriums, die Stadt werde dauerhaft eine Garnison bekommen. Vor allem der damalige Bürgermeister Carl Ernst Otto Mücklich hatte dafür seinen Einfluss geltend gemacht. Allerdings konnte er die Verwirklichung des von ihm stets unterstützten Projekts nicht mehr erleben. Er erlag wenige Wochen danach einem Schlaganfall.

Für den Bau einer Kaserne nahm die Stadt Löbau einen Kredit in Höhe von 2.300.000 Mark auf und ließ das militärische Areal auf eigene Kosten von 1913 bis 1914 auf dem Gelände des ehemaligen Ritterguts Körbigsdorf errichten. Die Bauleitung übernahm Baumeister Carl Hermann Uhlig aus Oberschöna bei Freiberg. Nach Löbau sollte das 1. Königlich Sächsische Jägerbataillon Nr. 12 aus Freiberg kommen. Der Umzug war zum 1. Oktober 1914 vorgesehen. Nachweislich sollte die Kaserne zunächst bis zum 31. März 1948 an die Garnison vermietet werden.

Doch zum Einzug der „Freiberger Jäger“ kam es nicht, da das Bataillon im Ersten Weltkrieges eingesetzt wurde. So richtete man in Löbau vorerst ein Reservelazarett mit etwa 500 Betten ein. Nach dessen Auflösung im Jahre 1919 bezog ein Grenzjägerbataillon als vorläufige Reichswehreinheit die Kaserne. Während der Weimarer Republik, ab 1920, diente der Standort hauptsächlich sowohl als Ausbildungsbasis als auch als Domizil wechselnder Einheiten des Reserve- und Ersatzheeres. 1930 wurde die Kaserne für die Wehrmacht ausgebaut. Während des Zweiten Weltkrieges waren hier vor allem zwei Ersatzbataillone stationiert.

Die Löbauer Kasernenwache im Jahre 1931. Dieses Motiv wurde als Ansichtskarte im Löbauer Verlag Max Walter aufgelegt.
Die Löbauer Kasernenwache im Jahre 1931. Dieses Motiv wurde als Ansichtskarte im Löbauer Verlag Max Walter aufgelegt. © Sammlung Rolf Hill

1945 schien es einen Bruch in der militärischen Nutzung zu geben, denn die Behörden nutzten das Objekt als Auffang- und Aussiedlerlager. Doch vier Jahre später zog bereits eine Volkspolizei-Bereitschaft ein und setzte damit de facto die militärische Nutzung fort. Diese Einheit der Kasernierten Volkspolizei (KVP) wurde 1956 durch das Panzerregiment 16 der 7. Panzerdivision der Nationalen Volksarmee (NVA) abgelöst. Nach dessen Abzug wurde ein anderes Kapitel in der Geschichte des Militärstandortes aufgeschlagen: 1963 öffnete hier die Offiziersschule der Landstreitkräfte der NVA. Sie erhielt den Namen des KPD-Führers Ernst Thälmann und entwickelte sich in den Folgejahren zu einem der größten Militärobjekte des Warschauer Paktes. Besonders nach Beginn der Diplomausbildung an der nunmehrigen Offiziershochschule am 4. Januar 1971 wuchs die Bedeutung der Einrichtung. So tauchten im Löbauer Stadtbild zunehmend auch weibliche Offiziersschüler auf. Und selbst Kursanten aus Vietnam, teilweise in ihren eigenen, aber auch in NVA-Uniformen, waren nichts Ungewöhnliches mehr.

Den entscheidenden Einschnitt in der Geschichte des Löbauer Militärstandortes brachte das Jahr 1990. Der Befehl Nr. 21/90 des damaligen Ministers für Abrüstung und Verteidigung verkündete am 24. Juli 1990, dass die militärische Ausbildung an der Offiziershochschule, sowohl in Löbau als auch in Zittau, eingestellt wird. Keine drei Monate später ordnete der Minister in einem Tagesbefehl zur Eingliederung der NVA in die Bundeswehr an, die noch verbliebenen Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten am 2. Oktober, 0 Uhr, aus ihren Verpflichtungen zu entlassen und ab dem nächsten Tag der Bundeswehr zu unterstellen. Damit gingen nicht nur 27 Jahre militärische Lehreinrichtung am Fuße des Löbauer Berges zu Ende, sondern Löbaus militärische Traditionen überhaupt.

Einzig der Verein Garnison Löbau e. V. erinnert mit seiner ständigen Ausstellung im ehemaligen Stabsgebäude neben dem Haupteingang der Jägerkaserne an die vergangenen 105 Jahre als Garnisonsstadt. Zum Glück werden zahlreiche Gebäude bis heute von unterschiedlichen zivilen Einrichtungen sowie der Bundespolizei genutzt. Das ist ein entscheidender Grund, warum das Areal zwischen Georgewitzer und Jägerstraße nicht einen ebenso traurigen Anblick bietet wie seine ehemalige Zweigstelle an der Kantstraße/Sachsenstraße in Zittau. Ob das so bleibt, ist allerdings ungewiss.

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