Die Masche mit dem Gewinn

Rentner überweist 900 Euro an Betrüger. So stand es vorige Woche im Polizeibericht. Ein 83-jähriger Radebeuler hat sich von einem vermeintlichen Gewinn von 38 700 Euro am Telefon blenden lassen. Die 900 Euro seien eine Vorauszahlung, die nötig wäre, um den Gewinn zu erhalten. Der Rentner erwarb, wie ihm geheißen, Gutscheinkarten und übermittelte den Betrügern die darauf angeführten Codes. Als die Täter ein zweites Mal Geld abschwatzen wollten, zeigte der Radebeuler den Betrug an. Doch die 900 Euro ist er los.
Gewinnversprechen und Abzocke machen derzeit im Raum Dresden die Runde. „Jeden Tag bekommen wir Anrufe“, sagt Kriminaloberkommissar Mathias Rosanka. Zehn solcher Anzeigen in der Woche seien es aktuell mindestens. Zuvor war es ein Versuch in Strehla bei Riesa. Die Masche mit dem Gewinn verspricht für die Abzocker schnelles Geld.
Mathias Rosanka gehört mit Kriminalhauptkommissar Carsten Billy zu den Spezialisten in der Mannschaft von Steffen Schmieder. Der Erste Kriminalhauptkommissar leitet das Betrugsdezernat der Polizeidirektion Dresden, die auch für den Kreis Meißen zuständig ist. Schmieder kennt die Tricks inzwischen alle und ist doch verwundert, dass immer wieder Menschen darauf reinfallen.
Es sind vor allem ältere Bürger, denen das passiert. Schmieder: „Die Täter gehen inzwischen gezielt auf Adressen und Telefonnummernfang.“ Da wird vor einem Einkaufszentrum ein Auto geparkt, an dem sich jeder Karten wegnehmen kann mit vermeintlichen Gewinnen, wie etwa einem Audi A6. Das lockt. So mancher füllt leichtgläubig die Karte aus mit seiner Telefonnummer und mehr.
Der Anruf folgt dann etwas später. „Sie haben doch an einem Gewinnspiel teilgenommen. Jetzt haben Sie gewonnen“, heißt es dann am Telefon vielversprechend. Der Gewinn werde von einer Notarin aus Karlsruhe überbracht. Die Bewachung für den Geldkoffer müsse allerdings mit einer Gebühr im Voraus bezahlt werden. Eine Legende, wie sie immer wieder aufgetischt wird, weil der Geprellte ja wirklich an einem Gewinnspiel teilgenommen hat und das in Aussicht gestellte Geld ja so verlockend ist.
Schmieder: „Also wird die erste Gebühr bezahlt. Mitunter versuchen es die Betrüger noch einmal mit einer Nachforderung.“ Der Radebeuler Rentner ist dabei stutzig geworden und hat die Polizei informiert. Andere zahlen wiederholt und sind dann auch das Geld los.
Mathias Rosanka: „Fast immer wird zum Begleichen der Vorauszahlung aufgefordert, Gutscheine zu erwerben – oft von Amazon, Paysafe oder Steam. Sind dann die Gutscheincodes am Telefon abgefragt und in den Händen der Täter, hören die Betrogenen nichts mehr von den Anrufern.“
Ganze Callcenter gibt es dafür. Nach Erkenntnissen der Kriminalisten im Betrugsdezernat sitzen die Anrufer zumeist in der Türkei. Es sind Türken, die in Deutschland gelebt haben und akzentfrei Deutsch sprechen. Nicht selten wird über Manipulation am Computer auch eine deutsche Nummer eingeblendet, sodass die Angerufenen, zumeist Rentner, kaum Verdacht schöpfen.
Steffen Schmieder: „Bevorzugte Anrufzeiten sind Montag bis Freitag, in der Arbeitszeit, wenn Rentner zu Hause sind.“ Seit etwa zwei Jahren habe diese Variante des Betruges drastisch zugenommen. Allerdings auch die Aufklärung darüber. Was wiederum dazu führt, dass sich immer mehr Senioren eben nicht täuschen lassen, gleich auflegen und die Polizei informieren. So wie eine Radebeulerin, die am 23. März gegen 14 Uhr einen Anruf bekam. Ihr wurde ein Gewinn von 47 000 Euro angekündigt. Zur Übernahme des Gewinnes sollte sie 1 000 Euro Bearbeitungsgebühr bereithalten. Die 67-Jährige und ihr Mann stellten Nachfragen. Die Anruferin brach darauf das Telefonat ab, heißt es in der Information der Polizei.
„Richtig so“, sind sich Schmieder und seine Kollegen einig. Carsten Billy: „Wir haben einen Flyer drucken lassen und weisen darauf explizit auf die Betrugsmaschen und richtigen Reaktionen dazu hin.“ Zwei generelle Grundsätze stehen da drin: Nie am Telefon Auskunft zu Geld geben und auf Geld- und Gutscheinforderungen eingehen. Nie einen Fremden in die Wohnung lassen.
In Radebeul hat beispielsweise die Wohnungsgenossenschaft Lößnitz solche Blätter mit ihren Betriebskostenabrechnungen verteilt. Deren kaufmännischer Vorstand Thomas Vetter: „Wir haben dazu gute Kontakte mit Revierleiter Hanjo Protze. In unseren Häusern wohnen viele ältere Bürger. Die wollen wir rechtzeitig vor Schaden bewahren.“
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