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Die zweite Reihe der „Gruppe Freital“

Neun weitere Personen sollen an den Anschlägen der rechtsterroristischen Vereinigung beteiligt gewesen sein. Eine Anklage gibt es gegen sie aber noch nicht.

Von Andrea Schawe
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Mitglieder der Gruppe Freital posieren im September 2015 auf dem Freitaler Windberg. Acht von ihnen wurden im März 2018 verurteilt. Seit Juli 2016 wird auch gegen die zweite Reihe der rechtsterroristischen Vereinigung ermittelt.
Mitglieder der Gruppe Freital posieren im September 2015 auf dem Freitaler Windberg. Acht von ihnen wurden im März 2018 verurteilt. Seit Juli 2016 wird auch gegen die zweite Reihe der rechtsterroristischen Vereinigung ermittelt. © Screenshot SZ

Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen weitere mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer der Gruppe Freital sind noch nicht abgeschlossen. Nach SZ-Informationen soll die Anklageerhebung allerdings kurz bevorstehen, einen genauen Zeitpunkt will die Ermittlungsbehörde nicht nennen.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft sieben Männern und zwei Frauen zwischen 25 und 54 Jahren vor, in unterschiedlicher Zusammensetzung an den Taten der rechtsterroristischen Vereinigung beteiligt gewesen zu sein. Es bestehe der Verdacht der Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, der gefährlichen Körperverletzung, Sachbeschädigung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, teilt Sachsens Justizministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Landtag mit.

Ermittelt wird unter anderem gegen zwei Lebensgefährtinnen der verurteilten Angeklagten. Die 30-jährige Stephanie F. soll die Gruppe unterstützt und Sachbeschädigung begangen haben. Der Angeklagte Philipp W. hatte sie per Brief aus der Untersuchungshaft zu seiner Verlobten gemacht, um ihr ein Zeugnisverweigerungsrecht zu verschaffen. Auch der 54-jährigen Simone S. wird vorgeworfen, die Gruppe unterstützt zu haben.

Sebastian S. (25) soll nach den Ermittlungen seit Juli 2015 Mitglied in der rechtsterroristischen Vereinigung gewesen sein. Gegen ihn und Ferenc A. (30) wird ermittelt, weil sie an dem Anschlag auf das Auto eines Freitaler Linke-Stadtrats beteiligt gewesen sein sollen. Der Freitaler NPD-Stadtrat Dirk Abraham steht unter dem Verdacht der Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und zur Sachbeschädigung.

Der 49-jährige Torsten L. hatte die Ermittler nach dem Anschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Übigau im Oktober 2015 auf die Spur der Gruppe Freital gebracht. L. wurde im April 2016 auch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er zusammen mit Timo S., einem der Rädelsführer, nach einer Demo in Freital Pro-Asyl-Aktivisten angegriffen hatte.

Haftbefehle abgelehnt

Axel G. (30), der 32-jährige Sandro M. und Daniel A. (27) werden verdächtigt, die rechtsterroristische Vereinigung unterstützt zu haben. A. soll außerdem geplante Straftaten nicht angezeigt haben.

Ermittlungen gegen eine weitere Beschuldigte wurden eingestellt, weil die 20-Jährige im März 2019 verstorben ist. Miriam K. war ebenfalls die Lebensgefährtin eines der verurteilten Angeklagten und soll die Gruppe mitgegründet haben.

Das Oberlandesgericht Dresden hatte am 7. März 2018 acht Angeklagte wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen und versuchten Mordes sowie Beihilfe verurteilt. Der Staatsschutzsenat verhängte eine Jugendstrafe sowie Freiheitsstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Sie hatten 2015 zwei Flüchtlingswohnungen in Freital, ein Parteibüro der Linken und das Auto eines Linke-Stadtrats sowie ein alternatives Wohnprojekt in Dresden angegriffen. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen zurückgewiesen.

Bereits Ende März 2018 hatten Terrorismus-Ermittler des Landeskriminalamtes und der Generalstaatsanwaltschaft sieben Wohnungen in Freital und Umgebung, eine in Unterhaching bei München und eine im niedersächsischen Tostedt durchsucht. Bei den Durchsuchungen wurden unter anderem zahlreiche Smartphones, Festplatten und USB-Sticks sichergestellt. Außerdem fanden die Ermittler neben vier Hakenkreuzfahnen auch diverse Waffen wie Schlagringe, eine Schreckschusswaffe mit Munition und mehrere Messer.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte damals versucht, gegen zwei Beschuldigte einen Haftbefehl zu erwirken, sagt Wolfgang Klein, der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, auf SZ-Anfrage. „Der zuständige Ermittlungsrichter sah jedoch keinen Haftgrund und hat den Erlass eines Haftbefehls abgelehnt.“ Als Voraussetzung für eine Untersuchungshaft gelten etwa die befürchtete Vernichtung von Beweisen, Flucht- oder Verdunklungsgefahr.