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Streit um die neue B 6 in Dresden

Die lärmende Bundesstraße ist ein Krankmacher. Jetzt soll sie verlegt werden. Warum das auf Widerstand stößt.

Von Melanie Schröder
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Wo Anwohner in Stetzsch derzeit noch bequem die Bahngleise überqueren können, soll künftig eine hohe Bücke stehen. Andreas Berger (v.l.), Christine Püschmann und Peter Bartels  kritisieren das.
Wo Anwohner in Stetzsch derzeit noch bequem die Bahngleise überqueren können, soll künftig eine hohe Bücke stehen. Andreas Berger (v.l.), Christine Püschmann und Peter Bartels kritisieren das. © Marion Döring

Sie fürchten, dass ihre Wohnviertel zertrennt werden. Sie machen Witze über „die neue Mauer, die hochgezogen wird“. Der Grund für den Galgenhumor ist eine neue Straße: die B 6 neu. 

Das Projekt erregt Widerspruch. Peter Bartels, Andreas Berger und Christine Püschmann haben eine Bürgerinitiative gegründet, die schon lange Änderungen der Planungen fordert. Jetzt wird das Bündnis erneut aktiv. Wichtige Fragen zur B 6-Verlegung im Überblick.

Warum soll die B 6 überhaupt verlegt werden und wie ist der aktuelle Stand?

Seit der Öffnung der Niederwarthaer Brücke hat der linkselbische B 6-Verkehr zugenommen. Und damit der Lärm. Im Ortsteil Stetzsch werden laut Umweltamt am Tag bis zu 72 Dezibel erreicht, in der Nacht bis zu 66 Dezibel. Beide Werte sind zu hoch. Laut Stadt werden am Tag maximal 55 Dezibel außerhalb des Hauses angestrebt. Anwohner stark befahrener Straßen seien einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgesetzt, heißt es.

Ähnliche Lärmwerte gelten auch an der B 6 in Cossebaude. Um Anwohner zu entlasten, soll die Straße verlegt werden – als B 6 neu. Dieses Vorhaben ist Teil des Bundesverkehrswegeplans 2030. Der Bund will allein 83 Millionen Euro in die Verlegung eines vier Kilometer langen Abschnitts zwischen Cossebaude und der Autobahnzufahrt Dresden-Altstadt investieren. Die Stadt zahlt nichts, was aber auch bedeutet: Keine der vorhandenen örtlichen Straßen wird an die B 6 neu angebunden. Unter anderem das ärgert Anwohner.

Die neue Straße soll neben den linkselbischen Bahngleisen verlaufen. Sie wird die Ortsschaft Cossebaude und die Stadtteile Stetzsch und Kemnitz durchqueren. Sechs Meter hohe Schutzwände sollen vor Lärm schützen. Ein Planfeststellungsverfahren könne laut dem Generalplaner Deges Ende 2020 beantragt werden. Dabei würden alle betroffenen Grundstücke ausgewiesen. Bürger können dann widersprechen.

Was kritisieren Anwohner an der Planung der neuen Trasse?

Peter Bartels, ehemaliger SPD-Stadtrat und Sprecher der Bürgerinitiative, lebt in Mobschatz. Er müsste künftig zumindest mit dem Auto Umwege fahren, um auf die andere Seite der B 6 neu zu kommen. Er kritisiert unter anderem, dass die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan durch eine bewusste Falschaussage erfolgte: „Es hieß, von dem Bauprojekt seien null Einwohner betroffen. Das stimmt nicht.“ Bartels und seine Mitstreiter gehen von gut 500 Betroffenen aus – so viele Menschen hatten auch eine Petition der Initiative unterzeichnet.

Die Probleme laut Bartels: Grundstücke würden verkleinert, Anwohner seien dauerndem Lärm ausgesetzt. Auch Fußgänger, Rad- und Autofahrer würden eingeschränkt, da nicht ausreichend zweckmäßige Querungen auf der Strecke geplant seien. Im Fokus steht dabei vor allem der Übergang Am Urnenfeld. Hier soll eine sieben Meter hohe Brücke mit drei Aufzügen entstehen, um die Gleise zu queren. „Radler müssen ihre Räder die Treppen hochschleppen, Autofahrer müssen Umwege fahren. Und was ist, wenn die Aufzüge im Winter ausfallen?“, fragt Andreas Berger. Zunächst war Am Urnenfeld ein Tunnel im Gespräch. Deges wolle ihn nicht bauen, weil er zu teuer wäre, kritisiert Bartels.

Wie reagiert der Generalplaner Deges auf die Kritik?

Deges-Sprecher Michael Zarth verweist auf Sächsische.de-Nachfrage auf zwei Bürgerveranstaltungen, in denen sich massiver Widerstand gegen einen Fußgängertunnel formiert hätte. Unübersichtlichkeit und eine erhöhte Kriminalität seien befürchtet worden. „Aufgrund entstehender Angsträume bei Dunkelheit und Vandalismus wurde der Tunnel – insbesondere für die Nutzung als täglicher Schulweg für Kinder – vehement abgelehnt“, so Zarth. Diese Sicherheitsbedenken hätten dazu geführt, die Tunnelvariante zu verwerfen. Hinzu kämen wirtschaftliche und bautechnologische Gründe – „etwa für den Bau notwendige Sperrpausen der Bahn“. Zum Vergleich: Die Kosten für einen Fußgängertunnel veranschlagt Zarth mit rund 3 Millionen Euro, die für eine Fußgängerbrücke mit 1,6 Millionen Euro.

Wie sind Anwohner persönlich von dem Bauprojekt betroffen?

Zwei Interessen stehen sich gegenüber: Die Anwohner an der jetzigen B 6 begrüßen die Verlegung, da Lärm und Verkehr für sie abnehmen würden. Wer aber vom Neubau betroffen ist, hat auch Probleme. Berger, Eigentümer in Stetzsch, erklärt, er würde durch den Bau seinen Pachtgarten verlieren. Zudem würde die Lärmschutzwand direkt an seinem Wohngrundstück in der Seegärten-Siedlung verlaufen. „Wir wären abgeschnitten von Supermärkten, weil wir mit dem Auto erst Umwege fahren müssten. Das ist auch belastend für die Umwelt.“ Ebenso würde der Zugang zum Elberadweg und dem Nahverkehr erschwert.

Wie geht es jetzt weiter mit der Planung der B 6 neu?

Zwei Interessen stehen sich gegenüber: Die Anwohner an der jetzigen B 6 begrüßen die Verlegung, da Lärm und Verkehr für sie abnehmen würden. Wer aber vom Neubau betroffen ist, hat auch Probleme. Berger, Eigentümer in Stetzsch, erklärt, er würde durch den Bau seinen Pachtgarten verlieren. 

Zudem würde die Lärmschutzwand direkt an seinem Wohngrundstück in der Seegärten-Siedlung verlaufen. „Wir wären abgeschnitten von Supermärkten, weil wir mit dem Auto erst Umwege fahren müssten. Das ist auch belastend für die Umwelt.“ Ebenso würde der Zugang zum Elberadweg und dem Nahverkehr erschwert.

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