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„Wichtigtuer finde ich zum Kotzen“

Mit seinem weihnachtlichen Erich-Kästner-Programm kommt der Schauspielers Walter Sittler nach Dresden. Jetzt erzählt er, warum er den Dichter bewundert.

Von Nadja Laske
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Den 120. Geburtstag des Dresdner Dichters Erich Kästner nimmt Schauspieler Walter Sittler zum Anlass, in dessen Rolle zu schlüpfen.
Den 120. Geburtstag des Dresdner Dichters Erich Kästner nimmt Schauspieler Walter Sittler zum Anlass, in dessen Rolle zu schlüpfen. © PR

Herr Sittler, Sie sind in einer großen Familie mit acht Geschwistern aufgewachsen. Welche Weihnachtserinnerungen gehören zu jener Zeit?

Wir hatten immer einen großen Weihnachtsbaum mit 50 echten Kerzen. Bis heute bestehe ich auf echte Kerzen. Sollten sie irgendwann verboten werden, will ich auch keinen Weihnachtsbaum mehr.

So viele Kinder, das klingt nach Leben in der Bude.

Stimmt, wir hatten ein sehr lebendiges Heim, da war immer was los, zumindest, solange ich noch zu Hause wohnte. Ab meinem 13. Lebensjahr allerdings war ich im Internat und bin nur noch in den Ferien nach Hause gekommen. Mein Vater war als Literaturprofessor und meine Mutter als Lehrerin und Übersetzerin beruflich sehr eingespannt.

Welche Bücher haben Sie als Kind fasziniert?

Um ehrlich zu sein: Ich habe kaum gelesen. Fußball spielen und klettern, das waren meine Hobbys.

Wie sind Sie dann zu Erich Kästner gekommen?

Martin Mühleis, unser Regisseur, bot mir 2006 seine Bearbeitung von Erich Kästners „Als ich ein kleiner Junge war“ an. Inzwischen haben wir die Vorstellung mehr als 250 Mal gegeben. So ist die Idee für ein neues Programm entstanden: Kästner im Winter und zur Weihnachtszeit.

Was begeistert Sie so an Erich Kästner?

Er hat eine reiche, aber leicht verständliche Sprache und ist in seiner Art zu beschreiben sehr modern. Scheinbar mühelos blickt er unter die Oberfläche der Menschen und der Verhältnisse und erzählt ehrlich, ohne etwas zu beschönigen, aber immer liebevoll von seinen Protagonisten. Kästner ist absolut kitschfrei, und er nimmt sich selbst nicht zu wichtig. Das gefällt mir an ihm. Wichtigtuer finde ich einfach zum Kotzen.

Waren Sie schon im Kästnermuseum?

Unbedingt! Schon öfter.

Die zur Zeit meistgestellte Frage auch an Sie: Wo waren Sie, als die Mauer fiel?

Wir gaben gerade ein Comedian-Harmonists-Programm. Es ging um die verbrannten Bücher der Nazizeit. Am Rande erfuhren wir, dass die Mauer geöffnet sei und haben in der Pause unser Publikum darüber informiert. Das war ein großer Moment.

Welche Verbindungen gab es für Sie in den Osten?

Wir hatten keine familiären Beziehungen in die DDR, aber ich bin direkt nach der Wende nach Dresden gefahren. Ich war neugierig, wollte wissen, was hier los ist und wie die Menschen sind. Durch Erich Kästner hat sich das Interesse natürlich vertieft. Den Wiederaufbau der Frauenkirche habe ich intensiv verfolgt, und ich habe mich gefreut, dass ihr den Kulturpalast erhalten habt.

Welche Unterschiede stellen Sie fest, wenn Sie in den neuen Bundesländern unterwegs sind?

Den Begriff „neue Länder“ mag ich nicht. Sie sind so alt wie die anderen. Die Menschen hier haben die geballte westliche Präpotenz zu spüren bekommen, die entfesselte Marktwirtschaft. Das macht vieles bis heute schwer. Ich finde, die Vereinigung hätte langsamer vonstattengehen müssen, mit mehr Verständnis für die Prägung der Menschen in der DDR.

Premiere „Weihnachten mit Erich Kästner“: 30. November, 20 Uhr, Gläserne Manufaktur sowie am 1. Dezember, 15 Uhr und 19 Uhr; Tickets zu 39/49/69 Euro plus Vorverkaufsgebühren gibt es in der VW-Manufaktur und im Internet unter www.glaesernemanufaktur.de

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