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DRK bezahlt den Führerschein nicht mehr

Annett Bärwald begann die Fahrschule auf Kosten des DRK, um als Pflegehelferin zu arbeiten. Doch dann wurde ihr gekündigt.

Von Kathrin Krüger
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Eine Ebersbacherin sollte beim Großenhainer DRK als Pflegehelferin anfangen. Doch es scheiterte an der fehlenden Mobilität.
Eine Ebersbacherin sollte beim Großenhainer DRK als Pflegehelferin anfangen. Doch es scheiterte an der fehlenden Mobilität. ©  Anne Hübschmann

Ebersbach. In Deutschland werden Pflegekräfte händeringend gesucht. Doch offenbar ist die Not noch nicht so groß, dass um jeden einzelnen Bewerber gekämpft wird — wie der Fall von Annett Bärwald aus Ebersbach zeigt. Die 39-Jährige lernte Beiköchin, ist jetzt allerdings arbeitslos. Die alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter lebt von Hartz IV. Sie hoffte auf ein eigenes Einkommen als Pflegehelferin. Dafür absolvierte sie nach eigenen Angaben eine Weiterbildung und ein Praktikum beim DRK. Weil sie im Job Auto fahren muss, versprach ihr das Großenhainer DRK die Finanzierung des Führerscheins.

Annett Bärwald begann die Theorieausbildung bei der Fahrschule von Roland Thiele in Großenhain im Oktober vorigen Jahres. „Es fiel mir schwer, für mich war das alles Neuland“, gibt die Ebersbacherin zu. Nach einem halben Jahr, im Februar, wurde sie zur theoretischen Prüfung zugelassen – und bestand beim ersten Mal. Allerdings gibt Fahrschulinhaber Thiele zu, dass das schon eine ziemlich lange Zeitspanne ist, andere Fahrschüler werden eher fertig.

Immerhin hatte die Ebersbacherin dann rasch zehn praktische Fahrstunden, die sie regelmäßig absolvierte – bis die Kündigung der Kostenübernahme durch das DRK kam. „Auch das Jobcenter wollte mir die Fahrstunden nicht bezahlen, sie haben mir nicht mal einen Darlehensvertrag ermöglicht“, sagt Annett Bärwald. 

Vom Jobcenter hört sich das anders an. „Die Fallmanagerin hat eine Förderung gegebenenfalls als Darlehen in Aussicht gestellt. Eine entsprechende Entscheidung konnte allerdings bisher nicht getroffen werden, da keine Aufstellung über die Höhe der Kosten von der Fahrschule vorgelegt wurde“, teilt das Jobcenter mit.

Das DRK Großenhain bestätigt, dass Annett Bärwald Praktikantin war und auf der Suche nach Pflegekräften für die neue Sozialstation Ebersbach im Juli eine Übernahme der Fahrschulkosten vereinbart wurde. „Mit der Maßgabe, dass Frau Bärwald spätestens zum 1. September beim DRK Kreisverband Großenhain e. V. eingestellt wird“, antwortet das DRK. 

Die Anmeldung für die Fahrschule sei aber erst Anfang September von Frau Bärwald vorgelegt worden. Neu vereinbart wurde daraufhin eine Einstellung zum 1. Dezember. Bis dahin sei der Abschluss der Fahrschule anzustreben.

„Mit der Hoffnung, dass mit der praktischen Ausbildung die Fahrschule bald abgeschlossen wird, haben wir Frau Bärwald im März einen Arbeitsvertrag mit Beginn 1. Mai 2019 vorgelegt, diesen unterzeichnete sie ebenfalls nicht“, heißt es beim DRK. Annett Bärwald erklärt, warum. 

„Ich sollte in der Sozialstation Thiendorf anfangen und bekam dafür den Arbeitsvertrag“, so die Ebersbacherin. Weil sie den allerdings per Bus nicht absichern kann, hat sie ihn nicht unterschrieben. Das DRK aber wollte nun nicht mehr länger warten. 

„Wir haben alles versucht, Frau Bärwald den Führerschein und die anschließende Beschäftigung zu ermöglichen. Durch die lange Zeitspanne gab es den Punkt, wo wir davon Abstand nehmen mussten“, so das DRK.

Zum einen hätte man nicht die Stelle über einen längeren Zeitraum frei halten können. Zum anderen gäbe es eine Verantwortung gegenüber den Patienten in Bezug auf Zuverlässigkeit und Vertrauen in die Arbeit. „Diese war aus unserer Sicht durch die lange Verzögerung nicht mehr gegeben. Auch wir müssen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln“, heißt es aus der Großenhainer Geschäftsstelle. 

Eine Nachfrage bei Fahrschulen ergibt, dass Fahrschüler, deren Kurs vom Amt bezahlt wird, sich in der Regel weniger anstrengen als Menschen, die ihren Führerschein selbst finanzieren müssen. Trifft das auch auf Annett Bärwald zu?

DRK ist nicht dazu verpflichtet

Diesen Eindruck hat Sozialberaterin Petra Wegner vom Großenhainer ASB nicht. Auf Anraten der SZ-Lokalredaktion bewarb sich Annett Bärwald bei ihr um eine Spende der Stiftung Lichtblick der Sächsischen Zeitung. Wird die bewilligt, könnte die 39-jährige Frau die Fahrstunden rasch fortsetzen. „Das ist auch mein Ziel, damit es nicht wieder so lange dauert wie bei der Theorie“, sagt sie. Und schließlich wird ja Personal in der Pflege gebraucht. Deutschlandweit.

Das DRK legt wert auf die Feststellung, dass man keinerlei Verpflichtung habe, die Fahrschulkosten für neue Mitarbeiter zu finanzieren. „Dies geschieht ausschließlich auf freiwilliger Basis.“ Fest stehe jedoch, dass ein Führerschein für den Einsatz in der ambulanten Pflege zwingend notwendig ist. Das Jobcenter will Annett Bärwald deshalb weiter unterstützen und bittet um direkten Kontakt zur Fallmanagerin. Auch die zuständige Teamleiterin stehe für ein persönliches Gespräch gern zur Verfügung.