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Die Schätze aus der Elbe

Vor 400 Jahren suchten Goldwäscher am Fluss ihr Glück. Auch heute finden Experten in Dresden wertvolle Steine.

Von Peter Hilbert
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Geologieprofessor Jan-Michael Lange und Mitarbeiterin Nadine Janetschke untersuchen Gesteine am Dresdner Elbufer.
Geologieprofessor Jan-Michael Lange und Mitarbeiterin Nadine Janetschke untersuchen Gesteine am Dresdner Elbufer. © René Meinig

Jan-Michael Lange und Nadine Janetschke knien am Neustädter Elbufer vis-à-vis vom Terrassenufer. Hier sind der 57-Jährige und die 39-Jährige – ausgerüstet mit Eimer, Bürste und Hammer – ganz in ihrem Metier. Denn die Elbe hat viele Steine freigegeben, die bei höherem Pegel nicht zu sehen sind. Lange leitet bei den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden die Sektion Petrographie, also Gesteinskunde, Geologin Janetschke arbeitet in seinem Team. Beide sind derzeit dabei, ein Buch für interessierte Laien und Wissenschaftler zu erstellen, mit dem sie Gerölle – also Steine aus der Elbe – bestimmen können. Deshalb sind sie am Fluss unterwegs.

Die Elbe: Fluss machte einst vorm heutigen Dresden einen großen Bogen

Anhand der Herkunft der Gesteine können sie auch den früheren Elbverlauf erforschen. Denn der war sehr unterschiedlich, erläutert Lange. Durch einzelne Minerale ist nachweisbar, dass die Elbe schon vor 15 Millionen Jahren hier floss. „Eine geschlossene Schotterschicht des Flussbettes gab es aber erst vor fünf bis zehn Millionen Jahren“, erklärt der Experte. Damals schlug das verwilderte, breite Fluss-System einen Bogen Richtung Norden durchs heutige Ottendorf-Okrilla. Später gab es noch die Bautzner Elbe und andere Verläufe. Nach der ersten Eiszeit bahnten sich die Fluten einen neuen Weg. „Erst seitdem gibt es das Elbtal zwischen Dresden und Meißen“, so der Gesteinskundler.

Die Herkunft: Wasser schwemmt Steine aus Osterzgebirge und Böhmen hierher

„Die Gesteine kommen aus Böhmen, dem Osterzgebirge und dem Elbsandsteingebirge“, sagt Lange. Das kann sein Team mit folgendem Verfahren genau belegen. Die gefundenen Exemplare werden mit ins Senckenberg-Institut nach Klotzsche genommen, dort mithilfe des Mikroskops untersucht und mit Steinen aus dem Herkunftsgebiet verglichen. „Manchmal fahren wir auch direkt dorthin.“ So waren sie schon in der Gegend von Prag. Aus der dortigen Sarka-Schlucht kommt der schwarze Kieselschiefer, von dem Geologin Janetschke gerade ein Exemplar am Neustädter Elbufer gefunden hat. Dieses Gestein sei etwa 500 Millionen Jahre alt, erklärt sie.

Violett ist der Amethyst, der aus dem Osterzgebirge stammt. 
Violett ist der Amethyst, der aus dem Osterzgebirge stammt.  © René Meinig
Dieser versteinerte Holzstamm ist etwa 280 Millionen Jahre alt.
Dieser versteinerte Holzstamm ist etwa 280 Millionen Jahre alt. © René Meinig
Der rötlich gestreifte Achat ist schon seit Langem in der Elbe zu finden.
Der rötlich gestreifte Achat ist schon seit Langem in der Elbe zu finden. © René Meinig

Die besonderen Steine: Experte findet Amethyst an der Elbe

Währenddessen schrubbt Lange einen Stein, der in verschiedenen Lilatönen schimmert. Mit geübtem Griff pickert er ihn mit dem Hammer auf – ein Amethyst. „Das ist ein Schmuckstein“, sagt er. Das Mineral ist zwischen 200 und 300 Millionen Jahre alt und wird für Ketten, Ringe und Ohrringe verarbeitet. Diese violette Quarzart stammt zum größten Teil aus dem Osterzgebirge. Der berühmteste Fundort ist Schlottwitz im Müglitztal. Zur Zeit August des Starken war der Amethyst als Landedelstein begehrt. Ein solcher ist auch der rötlich gestreifte Achat, der aus dem Müglitztal kommt und den es an vielen Stellen der Elbe gibt.

Im Fluss zu finden ist ebenfalls das sogenannte Elbegold. Das sind winzige, abgerundete, nur millimetergroße Körner. Im 16. und 17. Jahrhundert hat es an der Elbe sogar Goldwäschereien gegeben. Mit dem Dresdner Hobbygoldwäscher Rolf Böhme war Lange schon einmal an der Elbe in Zschieren unterwegs. „Innerhalb von zehn Minuten hatte er ein Goldflitterchen von einem halben Millimeter in der Waschpfanne“, berichtet Lange. „Das ist aber etwas, an dem sich Fachleute erfreuen. Geld verdienen lässt sich damit nicht“, sagt er.

Die Felsen: Elbe gibt Kreidezeitliche Formationen in Briesnitz frei

Durch die sehr niedrige Elbe bietet sich jetzt am linken Ufer zwischen Weißeritzmündung und Autobahnbrücke ein interessanter Anblick. In Briesnitz und Cotta sind kreidezeitliche, knapp 100 Millionen Jahre alte Gesteinschichten zu sehen – sogenannte Pläner. In diesem kalkigen Tonstein kann man Strudellöcher finden, die die Elbe im Felsen ausgespült hat.

© SZ