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Ein Schweizer Schatz in Görlitz

Die Baslerin Vanja Hug und die Görlitzerin Anke Tietz wurden einer Geduldsprobe unterzogen. Doch nun liegt ihr Buch über eine der spektakulärsten Reisen eines Görlitzers vor.

Von Sebastian Beutler
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Glücklich, dass es endlich vorliegt: Anke Tietz (li.) und Vanja Hug mit dem kürzlich erschienenen Buch über Gersdorfs Schweiz-Reise vor 233 Jahren.
Glücklich, dass es endlich vorliegt: Anke Tietz (li.) und Vanja Hug mit dem kürzlich erschienenen Buch über Gersdorfs Schweiz-Reise vor 233 Jahren. © Nikola Schmidt

Es war fast geschafft. An jenem 18. September 1786 verpackte der Görlitzer Forscher Adolf Traugott von Gersdorf die letzten Gesteinsproben in seinem Basler Hotelzimmer, füllte damit die achte Kiste, die er in den zurückliegenden Monaten aus der Schweiz in die Oberlausitz geschickt hatte und hoffte inständig, dass sie allesamt in der Heimat gut ankommen mögen. Vor allem die fünfte Kiste war ihm wichtig. Darin lag ein kostbares Geschenk, das ihm der Bergsteiger Michel-Gabriel Paccard überreicht hatte. Eine Gesteinsprobe vom obersten eisfreien Felsen am Mont Blanc. Paccard hatte sie mitgebracht, als er zusammen mit Jacques Balmat wenige Tage zuvor zum ersten Mal den höchsten Berg der Alpen bestiegen hatten, was Gersdorf vor Ort miterlebte. 40 Gramm Granit, von denen damals schon eine besondere Faszination ausging. Heute liegt die Probe hinter Glas in einer Vitrine des Görlitzer Museums auf der Neißstraße. Es beherbergt dank der ausgiebigen Schweiz-Reise und der vielfältigen Kontakte von Gersdorf in das Alpenland heute die größte Schweiz-Sammlung des 18. Jahrhunderts außerhalb des Landes. Davon ist jedenfalls der Görlitzer Kunstwissenschaftler, Marius Winzeler überzeugt. „Mit ihren Alpenmodellen, den systematischen Gesteins- und Mineralienproben aus der Schweiz, dem bedeutenden Konvolut hervorragender Schweiz-Ansichten im Graphischen Kabinett, vor allem aber auch den Zeichnungen und Aufzeichnungen von Gersdorf selbst ist die Görlitzer Sammlung einzigartig und ergibt in unübertroffener und dennoch auch subjektiv die Interessen des Sammlers spiegelnden Komplexität ein Bild vom Wissen über die Schweiz am Ende des 18. Jahrhunderts.“ Sogar die oftmals erwähnte Weimarer Schweiz-Sammlung, die vor allem auf den Bergbauminister Goethe zurückgeht, wird durch die Görlitzer übertrumpft. Und das alles dank Adolf von Gersdorf, einem Adligen aus Niederrengersdorf, dessen Vorfahrin Henriette Catharina von Gersdorf die Franckeschen Stiftungen in Halle gefördert und Großmutter des Gründers der Herrnhuter Brüderunität Nikolaus Ludwig von Zinzendorf war.

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