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Eine Verkettung unglücklicher Umstände

Ein Döbelner soll Schuld an einem Unfall mit zwei Verletzten sein. Gekracht hatte es zwischen Ziegra und Meinsberg.

Von Maria Fricke
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Nahe dem ehemaligen Umspannwerk hatte es am 2. April 2019 auf der Strecke zwischen Meinsberg und Ziegra gekracht.
Nahe dem ehemaligen Umspannwerk hatte es am 2. April 2019 auf der Strecke zwischen Meinsberg und Ziegra gekracht. © Archiv: Dietmar Thomas

Waldheim. Zwei Verletzte, ein geschrottetes Motorrad und ein beschädigter Transporter − so die Bilanz eines Unfalls im Frühjahr zwischen Meinsberg und Ziegra. Dabei war ein damals 18-Jähriger mit seinem Leichtkraftrad in den Transporter eines damals 29-Jährigen gekracht. Verursacht worden sein soll der Unfall durch einen dunklen Audi- Kombi, den der Motorradfahrer in Richtung Meinsberg überholen wollte.

Am Donnerstag musste sich der Fahrer des Fahrzeuges erneut vor dem Döbelner Amtsgericht verantworten. Schon einmal war das Verfahren gegen ihn eingestellt worden. Der 43-Jährige blieb der Verhandlung fern. Rechtsanwalt Mathias Renner aus Döbeln vertrat ihn. Zum Vorwurf der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs und der Körperverletzung in zwei Fällen wollte sich der Angeklagte nicht äußern. Auf den Mann aufmerksam geworden ist die Polizei erst durch einen Zeugen.

Vorgeworfen wurde dem 43-Jährigen, während des Überholvorgangs durch den Motorradfahrer beschleunigt zu haben. Dies habe den Zusammenstoß des jungen Mannes mit dem Transporter verursacht. Der 19-Jährige gab vor Gericht an, freie Sicht gehabt zu haben, als er zum Überholen des scheinbar langsam fahrenden Autos ansetzte. 

„Auf Höhe der A-Säule habe ich dann gemerkt, dass ich es nicht schaffe und wollte den Vorgang abbrechen“, schilderte er. Doch dazu kam es nicht mehr. Sein Hinterrad habe sich quer gestellt, sodass er nicht mehr in seine Fahrspur zurückkam. Zeitgleich tauchte auf der Gegenspur aus Richtung Meinsberg ein Transporter auf. 

„Ich habe ein dunkles Fahrzeug an mir vorbeischießen sehen, habe nach links gezogen und dann hat es rechts auch schon gekracht“, beschrieb der 30-jährige Fahrer des Transporters. Zuvor habe er drei Lichter entgegenkommen sehen, zwei auf der Gegenspur, eines auf seiner.

Auch dem 41-Jährigen, der als Ersthelfer vor Ort eintraf, fiel der schwarze Kombi auf. „Ich kenne das Auto. Es kommt mir immer auf dem Weg zur Arbeit entgegen.“ Schon aus der Entfernung habe er die Lichter der Unfallfahrzeuge wahrgenommen. Als er an der Unfallstelle eintraf, sei er vom Fahrer des Transporters gebeten worden, Polizei und Rettungsdienst zu verständigen. Der Motorradfahrer habe auf dem Boden gelegen und über Schmerzen geklagt.

Der 19-Jährige hatte sich bei dem Unfall mehrere Brüche an den Händen, der Handwurzel, Fingern sowie später einen Schaden am Meniskus am linken Knie zugezogen. „Ich war anderthalb Wochen im Krankenhaus und fünf Monate krankgeschrieben. 

Bis heute habe ich Physio- und Ergotherapie“, sagte er. Erst vor kurzem hatte er wieder angefangen, zu arbeiten. Noch immer habe er aber Schmerzen in den Händen. Auch der Transporterfahrer klagte infolge des Unfalls über Schmerzen im Rücken. Drei Wochen war er krankgeschrieben. 

Zudem habe er psychisch mit den Folgen des Unfalls zu kämpfen gehabt. Das Motorrad musste der 19-Jährige nach dem Unfall verschrotten lassen. Der Schaden an dem Transporter: rund 12 000 Euro.

Die Witterung hatte bei dem Unfall keine Rolle gespielt. Trocken, kein Nebel, aber kalt. Dass der Audi-Fahrer den Unfall verursacht hatte, konnte bei der Verhandlung am Donnerstag nicht nachgewiesen werden. Sowohl Staatsanwältin Angelika Rickert als auch Verteidiger Renner plädierten auf Freispruch. 

„Es ist niemand zu schnell gefahren“, stellte die Staatsanwältin fest. Der Überholvorgang vor der Kuppe sei von dem Motorradfahrer zumindest riskant gewesen. Fraglich sei, ob der Audi-Fahrer den Motorradfahrer beziehungsweise den Unfall überhaupt bemerkt habe. „Sicherlich hätte er vielleicht das Licht des Motorradfahrers beim Überholen sehen müssen“, meinte Rickert. Ihrer Ansicht nach habe eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ zu der Kollision geführt. „Der Audi-Fahrer hat keine Fehler gemacht.“

Verteidiger Renner ergänzte, es sei nicht nachgewiesen, dass sein Mandant überhaupt hinter dem Steuer gesessen hat. Er sei überzeugt, dass der Motorradfahrer den Transporter vor dem Überholen habe erkennen müssen. Richterin Nancy Weiß folgte den Ausführungen der Staatsanwältin. 

Ein Fehlverhalten lasse sich dem Audi-Fahrer nicht mehr zweifelsfrei nachweisen. Dass er vermutlich plötzlich beschleunigt hat, könne sogar auch rechtens sein. Und zwar dann, wenn er den Transporter im Gegenverkehr wahrgenommen hat. „In dem Fall ist der zu Überholende zum Beschleunigen verpflichtet“, so Weiß.

Die Kreisstraße zwischen Meinsberg und Ziegra ist schon mehrfach Schauplatz von Unfällen gewesen. Besonders tragisch war der Tod eines Zehnjährigen vor fast genau einem Jahr. 

Am 9. Oktober 2018 war der Junge durch den Zusammenstoß mit einem Ford so schwer verletzt worden, dass er noch am Unfallort verstarb. Infolge des Unfalls waren mehrere Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Strecke erneuert beziehungsweise angepasst worden. So wurde unter anderem vor dem Ortseingang Meinsberg eine 70er-Zone eingerichtet.