Kamenz: Sportverein im Krisenmodus

Kamenz. Mittwochvormittag. Auf dem kleinen Trainingsplatz im Kamenzer Stadion tummeln sich die jungen Kicker. Mit Abstand und in kleiner Gruppe, aber mit ganz viel Spaß. Seit 13. März konnten sie daheim höchstens mit ihrem Fußball jonglieren. Jetzt dürfen sie wieder raus, ran ans Tor, hin zu den Kumpels. Und ihr Verein - der SV Einheit Kamenz - bietet aktuell sogar vormittags Trainingseinheiten. Solange der Schulbetrieb noch nicht normal läuft, ist das eine willkommene Alternative.
Auf dem Hauptplatz zieht Matthias Kischkel derweil mit dem Rasentraktor seine Runden. "Wir sind alle froh über die Lockerungen und dass wir endlich wieder loslegen können. Sogar die Turner wollen sich jetzt künftig erst einmal hier im Stadion unter freiem Himmel treffen. Platz ist genug. Wir müssen nur alles gut koordinieren", sagt Präsident Thorsten Edelmann.
Die Mitglieder halten zusammen
Dafür ist Tino Rölz zuständig, der die Geschäftsstelle leitet. Der studierte Sport-Manager ist voller Tatendrang. Und freut sich, dass das Stadion sich nun nach und nach wieder füllt. "Glücklicherweise haben wir noch keinerlei Austritte zu verzeichnen", sagt er. Die Mitglieder halten zusammen.
In den insgesamt vier Abteilungen Fußball, Leichtathletik, Turnen und Kegeln kommen immerhin mehr als 620 Mädchen und Jungen, Frauen und Männer regelmäßig in Trainingsgruppen zusammen. Einer der größten Sportvereine der Region hat gut zu tun - und mit dem Stadion der Stadt gerade jetzt in Corona-Zeiten einen absoluten Pluspunkt.
"Wir werden auch anderen kleinen Sportvereinen anbieten, hier zu trainieren. Der PSV Kamenz zum Beispiel hat derzeit keine Möglichkeit, ins Außengelände zu gehen, weil er gar keins hat. Warum sollen wir uns hier nicht vernetzen?", fragt Edelmann. Judo im Stadion? Warum nicht!

Die Corona-Krise hat viel durcheinander gewirbelt. Nicht nur Trainingsmöglichkeiten. Auch der wirtschaftliche Faktor spielt für den Verein eine große Rolle. "Wir müssen ihn wie ein Unternehmen führen. Eine andere Chance hat man nicht, wenn man Verantwortung für über 600 Mitglieder und acht Beschäftigte hat", sagt Vizepräsident Thomas Elitzsch. Letztere mussten in Kurzarbeit geschickt werden.
Der Rasen mäht sich trotzdem nicht von allein. "Gerade jetzt im Frühjahr gibt es täglich zu tun. Wir danken unserem Team, dass es trotzdem angepackt hat", lobt Thorsten Edelmann. Immerhin 33 Hektar groß ist die zu bewirtschaftende Fläche.
Viele positive Nachrichten gab es in der letzten Zeit wahrlich nicht für den SV Einheit Kamenz. Allen voran der Abbruch des Spielbetriebs in der Fußball-Landesliga. Dabei sah es gerade in dieser Saison sehr gut aus. "Unsere erste Männermannschaft führt mit elf Punkten Vorsprung die Tabelle an. Bislang waren wir davon ausgegangen, dass wir am Ende den Meistertitel auch bei frühzeitigem Wettbewerbsabbruch anerkannt bekommen. Aber diesen Zahn hat man uns vor ein paar Tagen gezogen. Wir gehen leer aus, obwohl wir souveräner Spitzenreiter sind", sagt Thorsten Edelmann.
Verein reicht Beschwerde beim Fußballverband ein
Der Sächsische Fußball-Verband beendet die Saison 2019/2020 zum 30. Juni. Der Ligaspielbetrieb auf Landesebene wird nicht wieder aufgenommen. "Es werden keine Meister ermittelt, Meisterehrungen werden dementsprechend nicht durchgeführt", heißt es im Beschluss vom 12. Mai. "Dagegen hat der Verein beim
Verband Beschwerde erhoben. Nun sind wir im Austausch mit den Verantwortlichen
in Dresden, um den Titel doch noch offiziell nach Kamenz holen zu können", sagt der Präsident.
Inzwischen sind auch die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise langsam spürbar: Eintrittsgelder von Fußballspielen fehlen. Einige Sponsoren haben bereits angedeutet, dass ihre Unterstützung nicht im vollen Maß weiter gehen kann, oder sie kündigten Verträge, weil die Corona-Krise ihre Unternehmen in die Schieflage gebracht hat. "Wir finanzieren den Verein zum größten Teil durch Einnahmen, Zuschüsse und Sponsorengelder", so Thomas Elitzsch. Sollte das Kamenzer Forstfest ausfallen, fehle zudem eine wichtige Einnahmequelle als Standbetreiber.
Eine große Herausforderung ist es, den Trainingsbetrieb im gesamtem Nachwuchsbereich neu zu organisieren. Es ist besonders bei den Kleinsten kaum möglich, alle geforderten Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen konsequent umzusetzen. Dennoch: Der Verein denkt voraus - sogar an ein großes Sportcamp in den Ferien. "Gerade jetzt müssen wir signalisieren: Wir machen weiter. Für euch und vor allem miteinander", sagt Thorsten Edelmann.
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