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Das sind Sachsens Kandidaten für Brüssel

Europa ist groß und so können sich nur wenige Kandidaten aus dem Freistaat Hoffnungen auf das EU-Parlament machen.

Von Gunnar Saft
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Sie alle wollen ins Europaparlament (v.l.n.r.): Hermann Winkler, Constanze Krehl, Cornelia Ernst, Anna Cavazzini, Toralf Einsle, Peter Jahr, Maximilian Krah.
Sie alle wollen ins Europaparlament (v.l.n.r.): Hermann Winkler, Constanze Krehl, Cornelia Ernst, Anna Cavazzini, Toralf Einsle, Peter Jahr, Maximilian Krah. © R. Bonß, Doering, O. Killig, S. Schulz, M. Jehnich

Die schier endlosen Reihen an Wahlplakaten, die zurzeit sachsenweit für die Europawahl am 26. Mai werben, suggerieren eine Menge an Möglichkeiten: Für jede politische Richtung und für jede denkbare Forderung präsentieren sich Kandidaten, die den Wählerwillen künftig im EU-Parlament in Brüssel durchsetzen wollen. Allein, eine solche Vielfalt wird es dort nie geben, denn das Wahlprozedere setzt den sächsischen Bewerbern auch diesmal klare Grenzen. Absehbar werden nach der Wahl gerade einmal fünf Sachsen den Freistaat im Europaparlament vertreten.

Der Grund: Für Deutschland insgesamt sind bei der diesjährigen EU-Wahl lediglich 96 Mandate vorgesehen. Und diese werden ausschließlich über Parteilisten vergeben – je nach dem erzielten Stimmenergebnis einer Partei darf die später die entsprechende Anzahl an Kandidaten von einer vor der Wahl aufgestellten Bewerberliste nach Brüssel schicken. Ein sogenanntes Direktmandat wie im Bundestag, wo es ein Einzelkandidat durch einen Sieg in einem Wahlkreis direkt in das Parlament schaffen kann, gibt es bei den Europawahlen nicht.

So gesehen sind schon im Vorfeld der Wahl wichtige Entscheidungen gefallen. Die Chancen der einzelnen sächsischen Bewerber, die uns zurzeit von den Plakaten anlächeln, hängen neben dem Wahlergebnis für ihre Partei auch ganz stark von der eigenen Platzierung auf deren Liste ab.

Für ein erneutes CDU-Doppelpack in Brüssel wird es diesmal ganz schwer

Am erfolgreichsten waren beim Kampf um die EU-Mandate bisher Sachsens Christdemokraten. Sie stellen bis heute sogar zwei Parlamentarier im EU-Parlament. Seit 2009 vertreten dort der frühere Landtagsabgeordnete und ehemalige Staatsminister Hermann Winkler sowie Peter Jahr – zuvor viele Jahre Landtags- und Bundestagsabgeordneter – die Interessen des Freistaates. 

Gewannen beide gleich zweimal hintereinander ein Mandat, sieht es in diesem Jahr für einen erneuten Erfolg des CDU-Doppelpacks deutlich schlechter aus. Sollten sich die Prognosen nicht noch entscheidend ändern, muss sich die Sachsen-CDU aufgrund erwarteter Stimmenverluste der Bundespartei nur noch mit einem Mandat begnügen. 

Im Vorfeld der Listenaufstellung kam es deshalb intern zu einem harten Zweikampf zwischen Winkler und Jahr um den sächsischen Spitzenplatz, den sowohl 2009 als auch 2014 der aus Grimma stammende Winkler innehatte. Diesmal sprach sich der CDU-Landesverband überraschend für Jahr aus, was bedeutet, dass die EU-Karriere von Winkler am 26. Mai enden könnte.

Ziehen diese Sachsen ins EU-Parlament? Die Chancen sind bei den Bewerbern unterschiedlich hoch.
Ziehen diese Sachsen ins EU-Parlament? Die Chancen sind bei den Bewerbern unterschiedlich hoch. © dpa/Laurent Dubrule, Montage: SZ

AfD hofft auf eine Premiere in Brüssel, die Grünen auf den Wiedereinzug

Optimistischer sehen dem Wahltag in der kommenden Woche dagegen zwei andere sächsische Landesverbände entgegen: die Grünen und die AfD. Sachsens Grüne setzen dann nämlich auf eine erfolgreiche Rückkehr nach Brüssel, nachdem sie dort zumindest bis 2009 noch mit der Abgeordneten Gisela Kallenbach aus Leipzig vertreten waren.

Nun hofft man mit der Politikwissenschaftlerin Anna Cavazzini auf eine Kandidatin, die gleichzeitig auch für die Landesverbände in Thüringen und Sachsen-Anhalt antritt. Der Sprung nach Brüssel scheint für die 36-Jährige, die aus Hessen stammt, diesmal sogar vergleichsweise leicht. So ist Cavazzini auf Platz sieben der Bundesliste der Grünen gesetzt und hat damit ein Mandat so gut wie sicher.

Ähnlich verhält es sich mit dem Dresdner Rechtsanwalt und AfD-Kandidaten Maximilian Krah. 2016 noch CDU-Mitglied schaffte es der Jurist nach dem Parteiwechsel schnell bis auf Platz drei der Bundesliste der AfD zur Europawahl. Der 42-Jährige dürfte so ebenfalls sicher ins EU-Parlament einziehen und seiner neuen Partei erstmals zu einem sächsischen Abgeordnetensitz im Europaparlament verhelfen.

SPD und Linke setzen auf Erfahrung, die Liberalen eher auf ein Wunder

Sachsens Linkspartei und SPD haben es auch fast geschafft: Beide Parteien konnten ihre jeweiligen EU-Favoritinnen erfolgreich auf den einzelnen Bundeslisten platzieren. Cornelia Ernst (62) steht bei den Linken sogar auf Platz drei, was dafür spricht, dass die frühere sächsische Parteichefin erneut für fünf Jahre nach Brüssel geht, nachdem sie dort bereits seit 2009 ein Mandat besitzt. Bei der SPD liegt Constanze Krehl – früher ebenfalls Parteivorsitzende im Freistaat – zwar „nur“ auf Platz elf. Allerdings gilt auch diese Position als vergleichsweise sicher. Krehl (62), die immerhin seit 1994 dem EU-Parlament angehört, wird absehbar weitermachen können.

Ganz anders sehen die Chancen dagegen für Sachsens Liberale aus. Deren Spitzenkandidat, der Löbauer Ingenieur Toralf Einsle, hat es nur auf Platz 17 der Bundesliste geschafft – viel zu weit hinten, um wirklich auf ein Mandat in Brüssel hoffen zu können. Wenn kein Wunder geschieht, müssen sich die Liberalen weiter damit trösten, dass man mit dem Leipziger Holger Krahmer zumindest von 2004 bis 2014 einen EU-Abgeordneten stellen konnte.