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Fahrschulen bangen um Existenz

Unterricht, Theorie- und Praxisprüfungen werden für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Auch viele Fahrschüler trifft das hart.

Von Ina Förster
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Steffen Kejwal betreibt eine Fahrschule in Königsbrück. Für ihn als Ein-Mann-Firma wird die Corona-Krise doppelt schwer.
Steffen Kejwal betreibt eine Fahrschule in Königsbrück. Für ihn als Ein-Mann-Firma wird die Corona-Krise doppelt schwer. © René Plaul

Bautzen. Die Corona-Krise weitet sich aus - und tangiert mittlerweile  fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Auch die Fahrschulen sind von Zwangsschließungen betroffen. Sie mussten den Unterricht aussetzen und dürfen keine theoretischen oder praktischen Prüfungen mehr durchführen. "Bis kurz vor knapp waren wir alle sehr verunsichert. Sind wir nun Ausbilder oder Dienstleister?", erzählt der Bautzener Fahrlehrer Mario Klingauf. "Als es dann endlich konkrete Ansagen seitens der Dekra  gab, wussten wir wenigstens Bescheid. Und konnten agieren."

Klingauf führt Fahrschulen in Bautzen und Cunewalde. Er hat sich um ein großes Team zu sorgen, die Verantwortung wiegt schwer. "Ein paar Kollegen haben Überstunden abzubummeln und alten Urlaub wegzunehmen, aber natürlich mussten wir noch am gleichen Tag für sechs Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden", sagt Mario Klingauf betrübt. Allein sich mit der Beantragung bei der Arbeitsagentur auseinanderzusetzen, sei eine Herausforderung gewesen. "Man hat ja glücklicherweise sonst nichts damit zu tun."

Letzte Woche war gerade die Moped-Ausbildung angelaufen. Das gute Wetter hatte Hoffnung gemacht. Auch die praktische Ausbildung per Pkw war gut aufgestellt. "Wir haben einige Fahrschüler kurz vor der praktischen Prüfung, die nun natürlich total verzweifelt sind und warten müssen, bis sich die Lage entspannt. Das kann dauern. Ein paar zusätzliche Fahrstunden werden nach der langen Zwangspause leider auf sie zukommen", weiß Mario Klingauf jetzt schon.

Außerdem stehen zwei nagelneue Busse auf dem Hof. Einer dient der Ausbildung künftiger Busfahrer. Vier von der Arbeitsagentur geförderte Maßnahmen standen laut Klingauf kurz vor dem Abschluss. "Natürlich zeigen alle irgendwie Verständnis für die Lage, aber andererseits sind sie auch frustriert."

Die Fahrschule Klingauf hatte als eine der wenigen bereits vorige Woche alle  theoretischen Prüfungen abgesagt. "So viele Leute in einem Raum - das war uns dann doch etwas zu heikel." Auch wenn es die Kunden noch gelassen sahen.

Finanzielle Unterstützung noch völlig unklar

Eben solche Reaktionen kennt auch Steffen Kejwal aus Laußnitz. Seine Fahrschule in Königsbrück lief eigentlich bestens. Bis Donnerstag. Der Terminkalender war voll. Prüfungen standen an. "Aber nicht einmal die Dekra konnte uns genaue Auskünfte bis kurz vor Toresschluss geben", bemängelt der Fahrlehrer. Die Prüfer wussten selber nicht, wie es weitergehen soll.

Freilich seien viele seiner Fahrschüler sehr traurig, dass sie die angesetzte Prüfung nicht ablegen konnten.  "Die Unsicherheit hat am meisten genervt. Aber natürlich brauchen wir hier keine italienischen Verhältnisse. Das müsste jedem klar sein", sagt der  55-Jährige. 

Der Laußnitzer ist Einzelkämpfer, und obendrein auch noch Alleinverdiener in der Familie. "Die finanzielle Last, die auf mich zurollt, ist enorm. Viele aus unserer Branche haben geleaste Fahrzeuge, Außenstände zu bedienen. Was wird nun damit?", fragt er besorgt. " Die  Aussicht auf zinslose Kredite und andere Unterstützung der Landesregierung sei momentan sehr vage. Keiner wisse genau, wie alles ablaufen soll.

Dabei hoffte er bis zum Schluss, dass vielleicht wenigstens die Motorrad- und Mopedausbildung fortgeführt werden könnte. "Da arbeitet man ja nur mit Einzelpersonen und an der frischen Luft zusammen. Der Abstand zum eigenen Fahrzeug ist auch groß, das Risiko einer Ansteckung also gering", so Kejwal.

Auch sein Kollege Mario Klingauf aus Bautzen sah das ursprünglich ähnlich. "Es hätte alles gut gepasst. Gerade die Schüler hatten auch tagsüber Zeit. Doch bei den Prüfern kommt dann schon eine größere Menschenmenge in einer Woche zusammen - um die 60 bis 70 Prüfungen nehmen sie ab. Klar, dass das nicht mehr lange so weitergehen konnte", sagt er.  Klingauf ist im Sächsischen Fahrlehrerverband organisiert. Von diesem gab es die ersten Anweisungen.

Riesenansturm nach der Krise?

Volker Höhn, Fahrlehrer aus Elstra,  ist froh, dass die Branche in diesen verrückten Zeiten wenigstens zusammenrückt. "Es trifft uns ja alle gleichermaßen, und man muss sich einfach über seine Sorgen und Nöte austauschen", sagt er.  Das klappe ganz gut mit den Kollegen im Kamenzer Land. An Zeit mangele es schließlich momentan  nicht. Ein größeres Problem sieht er allerdings genau wie die Kollegen aus Bautzen und Königsbrück auch in den Monaten nach Corona auf sich zukommen.

"Prüfungstermine mit der Dekra waren bereits vorher Mangelware. Denn es gibt eben auch zu wenige Prüfer. Wenn wir anschließend wieder voll durchstarten können, werden wir den Ansturm gar nicht bewältigen können", vermutet Volker Höhn. Das werde wieder zu Unmut bei der Kundschaft führen.

Einerseits ist dann wahrscheinlich ein Berg neuer Fahrschüler zusammengekommen. Neue Kurse können in den nächsten Wochen schließlich nicht begonnen werden. Und die nächsten Anmeldungen stehen schon in den Startlöchern. Das wäre erfreulich aus  wirtschaftlicher Sicht. "Andererseits haben wir nicht genügend Fahrlehrer, der Markt ist wie leer gefegt. Wenn ich dann beispielsweise  jemanden zur Unterstützung einstellen wöllte, gibt es da niemanden. Und da es allen anderen Fahrschulen ähnlich geht, wird eine Schräglage eintreten", sagt Steffen Kejwal. 

Die Hoffnung liegt in einer schnellen Besserung der Lage. "Vielleicht könnte man nach zwei, drei Wochen wenigstens schon wieder die Moped- und Motorrad-Prüfungen abnehmen. Das würde wirtschaften helfen", wünscht sich Höhn.

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