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Der Fluch des Fehlalarms

Fast 900 Brandmeldeanlagen überwachen in Dresden große Gebäude. Für die Feuerwehr ist das nicht immer erfreulich.

Von Christoph Springer
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Wenn’s mal wieder schnell gehen muss bei der Feuerwehr, heißt das nicht immer auch, dass ein Brand gelöscht werden muss. Mehr als 1 100 Fehlalarme gab es 2018.
Wenn’s mal wieder schnell gehen muss bei der Feuerwehr, heißt das nicht immer auch, dass ein Brand gelöscht werden muss. Mehr als 1 100 Fehlalarme gab es 2018. © Archiv/S. Füssel

Drei Mal pro Tag ist alle Mühe umsonst: der Sprung in die schwere Schutzkleidung, die Eile auf dem Weg zum Auto, die Blaulichtfahrt durch die Stadt und die Vorbereitung am Alarmort. Denn im Schnitt drei Mal pro Tag fährt die Dresdner Feuerwehr zu Bränden, die es gar nicht gibt. Fehlalarm, die Brandschützer können kurz nach ihrer Ankunft wieder einpacken und unverrichteter Dinge zurück zur Wache fahren. So wie am Montagmorgen: Alarm im Maritim-Hotel am Kongresszentrum. 8.20 Uhr rückt die Feuerwehr an. Doch es brennt nirgendwo. Maritim-Sprecherin Harriet Eversmeyer will nicht genau sagen, was passiert war. Nur so viel: Ursache war „eine fehlerhafte Arbeitshandlung eines Mitarbeiters“.

2018 ist die Dresdner Feuerwehr 1 125 Mal wegen Fehlalarmen ausgerückt. Schon 2017 hat diese Zahl die 1 000er-Grenze überschritten, damals gab es 1 046 Fehlalarme. 2016 war das letzte Jahr mit weniger als 1 000 falschen Alarmierungen, damals waren es 981.

Diese Entwicklung überrascht nicht, passt sie doch zur steigenden Zahl der Brandmeldeanlagen, die direkt mit der Feuerwehrleitstelle in Übigau verbunden sind. Sie ist seit 2016 von 854 auf 893 im vergangenen Jahr gestiegen. Dazu kommen 200 Anlagen, die nicht direkt mit der Feuerwehr verbunden sind. Das Gros der Fehlalarme wird von den automatischen Brandmeldern ausgelöst. 785 waren es im vergangenen Jahr. Diese Zahl steigt langsam, aber ebenfalls stetig. Dazu kommen böswillige Falschmeldungen, sie machen allerdings einen Minimalanteil an allen Fehlalarmen aus. Im vergangenen Jahr waren es 22. Knapp 320 Mal rückte die Feuerwehr nach blindem Alarm aus. Das heißt zum Beispiel, Augenzeugen meinen, Brände entdeckt zu haben, vor Ort gab es aber keine Probleme. Feuerwehrchef Andreas Rümpel nennt sie Anscheinsalarme. „Da sehen Personen Wasserdampf, der aufsteigt oder sie halten bei entsprechenden Lichtverhältnissen Wolken, die über ein Dach ziehen, für den Qualm eines Feuers.“

Besonders häufig taucht die Feuerwehr umsonst an großen Gebäuden mit Brandmeldeanlagen auf, die viele Räume oder große Menschenmengen überwachen. Einkaufszentren, die Universität und Krankenhäuser gehören dazu. Beispiel Centrum-Galerie: Seit Oktober 2018 gab es dort vier Feueralarme, unter anderem einen am 24. Dezember gegen 12.30 Uhr. Immer haben Feuermelder ausgelöst, aber es gab nie Feuer. Centermanager Jürgen Wolff sagt, dass Feueralarm unter anderem durch Rauchentwicklung an einer Fritteuse ausgelöst wurde oder auch durch die Fehlbedienung eines Alarmkästchens.

Außerdem „spielen Pflegeeinrichtungen und spezielle Unterkünfte in der Statistik eine Rolle“, teilte die Feuerwehr mit. Das heißt, auch Asylbewerber lösen immer mal wieder Brandmeldeanlagen aus.

Was letztlich die Ursachen für die Fehlalarme im vergangenen Jahr waren, steht nicht in der Statistik der Feuerwehr. Die Einsätze laufen aber immer ähnlich ab. Je nach Größe des betroffenen Gebäudes fahren ein oder zwei Löschzüge los. Falls nötig ist auch noch ein Führungsdienst im Einsatz. Der Zugführer geht vor Ort sofort in die Brandmeldezentrale oder zum Feuerwehrtableau am Hauseingang. Dort erfährt er, welcher Melder den Alarm ausgelöst hat. Für jeden dieser kleinen Apparate gibt es sogenannte Laufkarten. Das sind Gebäudepläne, auf denen die Brandschützer sehen, wie sie zum angenommenen Brandort gelangen. Der Angriffstrupp hat sich inzwischen vorbereitet, Atemschutz angelegt und Schläuche gepackt und läuft mit der Gebäudekarte ins Haus. Er muss den betroffenen Bereich prüfen.

Bei einem Fehlalarm dauert das bis zu 30 Minuten, teilte die Feuerwehr mit. Zusätzliche Probleme können die Feuerwehr auch länger beschäftigen. Dazu gehören zum Beispiel veraltete Gebäudepläne, technische Störungen und Schwierigkeiten mit Schlössern. Samt den Fahrzeiten sind die Brandschützer auch bei einem Fehlalarm bis zu eine Stunde unterwegs.

Die Gebäudeeigentümer kommt das teuer zu stehen. Was zu zahlen ist, steht in der Feuerwehrkostensatzung der Stadt. Bei der Berechnung der Gebühren zählt jede Einatzminute. Rückt nur ein Löschzug mit vier Fahrzeugen an, kostet das knapp 820 Euro pro Stunde, zwei Löschzüge fast 1 550 Euro. Wie viele Euro die Feuerwehr in den vergangenen Jahren für Fehlalarme berechnet hat, teilten die Verantwortlichen nicht mit. (mit SZ/kh)