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Forscher für Sachsen zum halben Preis

Frische Millionen der EU eingetroffen: Firmen mit Ideen werden hoch subventioniert.

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© Ronald Bonß

Von Georg Moeritz

Dresden. Das hat sich gelohnt: Als Cornelia Pretzsch und Dr. Antje Sterker ihre ersten Stellen als Innovationsassistentinnen in Dresden-Rossendorf antraten, da half Fördergeld von der Europäischen Union. Inzwischen hat ihr Arbeitgeber Rotop Pharmaka GmbH die beiden Forscherinnen übernommen. Geschäftsführer Jens Junker will bald die nächsten in sein wachsendes Unternehmen holen – denn Rotop stellt Diagnostika und Therapeutika mit leicht radioaktiven Bestandteilen für die Krebsmedizin her und erzielt damit vor allem im Ausland „ein sehr gutes Preisniveau“. Der Umsatz soll von neun Millionen Euro im vorigen Jahr auf mehr als 16 Millionen im Jahr 2017 wachsen, die Mitarbeiterzahl von jetzt 52 über 100 steigen.

Zum Wachstum will Rotop-Chef Junker auch gerne wieder subventionierte Forscher nutzen – über die Vorteile sprach er vor 300 Unternehmern in der Sächsischen Aufbaubank in Dresden. Die staatliche Förderbank verteilt das Geld von der EU: Rund 80 Millionen Euro pro Jahr stehen für Technologieförderung in Sachsen bereit. In vielen Fällen übernimmt die EU die Hälfte der Kosten – auch das halbe Gehalt der Innovationsassistenten, bis zu 30 Monate lang.

Neue Assistenten: Erlaubnis

überrascht das Ministerium

Mehr als 500 Innovationsassistenten hat die EU seit 2007 in Sachsen mitbezahlt. Laut Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) eine nützliche Subvention: Innovative Unternehmen seien „doppelt so ertragreich“ wie andere, sagte der Minister – außerdem zahlten sie höhere Löhne und Steuern, gäben dem Staat also etwas zurück. Dulig warb bei den Unternehmern dafür, das Fördergeld zu nutzen. Künftig können die forschenden Firmen auch einen „Transferassistenten“ bekommen – also einen Experten, der den Kontakt zu Hochschulen und anderen externen Forschern hält. Er soll helfen, aus einer Idee ein marktreifes Produkt zu machen. Für diese neuen Assistenten zahlt die EU ebenfalls die halben Personalkosten, bis zur Grenze von 60 000 Euro im Jahr.

Vier Jahre lang wird gefördert – den Grund dafür nennt Christoph Zimmer-Conrad, Leiter des Referats Technologieförderung: Wenn ein solcher Experte nur für kurze Zeit in einer Firma beschäftigt wird, „ist die Gefahr groß, dass er sich selbst vermittelt“. Außerdem müsse der neue Assistent erst im Unternehmen Vertrauen aufbauen. Laut Zimmer-Conrad hat sich Sachsen schon seit Jahren bei der EU um diese Art von Förderung bemüht: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir das durchkriegen.“

Kritik an Beihilfen: Finanzminister

heißt Großunternehmen willkommen

Die Förderpolitik steht häufig in der Kritik. Erst am Dienstagabend stellte ein ZDF-Bericht infrage, ob Sachsen wirklich weitere Milliardenbeträge benötige – angeprangert wurden die EU-Subventionen für große Landwirtschaftsbetriebe sowie Geld vom Bund für die Autofabriken von BMW und Porsche in Leipzig. Finanzminister Georg Unland (CDU) hielt entgegen, Sachsens „Aufholprozess“ sei nicht abgeschlossen, Großunternehmen seien weiterhin herzlich willkommen.

Für Firmenneubauten oder für die Rettung stillgelegter Betriebe gibt es in Sachsen noch bis zum Jahr 2020 in der Regel Beihilfen bis zu 35 Prozent, im Landkreis Görlitz bis zu 40 Prozent. Das sind allerdings die Subventionen für Kleinbetriebe; Große müssen sich mit 15 bis 20 Prozent begnügen, im Bezirk Leipzig gibt es etwas weniger. Landwirten winken Extra-Bauprämien, wenn sie jünger als 40 Jahre sind.

Sachsen überholt: Guter Zugang zu den Fördertöpfen

Bei der Forschungsförderung steht Sachsen laut Minister Dulig gut da: Fast 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wurden im Jahr 2011 für Forschung und Entwicklung ausgegeben, etwas mehr als in Niedersachsen – allerdings weniger als in Berlin oder Baden-Württemberg. Laut Referatsleiter Zimmer-Conrad bekommt kein anderes Bundesland so viel Geld wie Sachsen aus den EU-Förderprogrammen ESF und Efre: 2,75 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. Gut genutzt habe Sachsen auch das Bundes-Förderprogramm ZIM: Daraus flossen 579 Millionen Euro seit 2008 nach Sachsen, mehr nur nach Baden-Württemberg. Zimmer-Conrad sagte, sein Kollege in Nordrhein-Westfalen habe Ärger mit dem eigenen Minister bekommen, als er von Sachsen beim Subventionieren überholt wurde.

Formulare bleiben: Aufbaubank prüft Berichte und Originalbelege

Sachsens Firmen können künftig auch Geld für Berater bekommen, um bestimmte Förderanträge direkt an die EU zu stellen. Das Ziel: möglichst viel vom EU-Forschungsprogramm „Horizon 2020“ nach Sachsen zu holen, das mehr als 70 Milliarden Euro umfasst. Allerdings kritisieren die Grünen im Landtag, diese Horizon-Anträge seien wohl nur von Firmen zu schaffen, die auf Zuschüsse für den Berater gar nicht angewiesen seien. „Mitnahmeeffekte“ gebe es immer, sagte Zimmer-Conrad dazu.

Die Sächsische Aufbaubank rechnet damit, bis 2020 rund 6 000 Projektskizzen von Firmen zur Technologieförderung zu bekommen. In der Bank arbeiten auch Chemiker, Physiker und Informatiker und prüfen sie. Beschwerden der Firmenchefs über Bürokratie wird es weiter geben: Die Bank besteht auf Originalbelegen und Zwischenberichten zum Projektfortschritt.