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Herr Scheibe und sein Weihnachtsvorgarten

Hans-Jürgen Scheibe bringt einen Hinterhof im Stadtkern zum Leuchten. Der Reichenbacher bastelt in seiner Freizeit Märchenfiguren.

Von Constanze Junghanß
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Eine Krippe für die Vorweihnachtszeit ist jetzt entstanden. Hans-Jürgen Scheibe baut Figuren und Häuschen in Handarbeit.
Eine Krippe für die Vorweihnachtszeit ist jetzt entstanden. Hans-Jürgen Scheibe baut Figuren und Häuschen in Handarbeit. © Constanze Junghanß

Rumpelstilzchen tanzt ums Feuer. Rapunzel lässt ihr Haar aus dem Turmfenster fallen. Aschenputtel füttert die Täubchen. Und seit einigen Tagen ist – ganz im Sinne der Weihnachtszeit– die Heilige Familie mit dem Jesuskind in der Krippe eingezogen. Im Hinterhofgarten an der Färbergasse glitzert und funkelt es.

Seit dem Sommer baut Hans-Jürgen Scheibe an seiner Märchenstrecke. Die soll weiter wachsen, zur Freude der Anwohner. Immer wieder mal bleiben vor allem Eltern mit Kindern stehen, um zu schauen, was da an bunten Figuren aufgebaut ist. Der Hinterhof liegt etwas versteckt im Innenstadtbereich.

Früher stand da mal ein Haus. „Irgendwann kurz nach der Wende wurde das wegen Baufälligkeit abgerissen“, erinnert sich Hans-Jürgen Scheibe. Dadurch entstand eine Baulücke mitten im Gebiet mit den teils unter Denkmalschutz stehenden, historischen Reihenhäusern. Die Fläche vom Abrisshaus gehört der Stadt. Familie Scheibe hat sie gepachtet. Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern oder einen richtigen Garten anlegen geht an dieser Stelle aber nicht. Der Boden ist vom Abriss voller Steine. Da wachse so gut wie nichts. Selbst Gras habe es da schwer.

Mit Grimmschen Märchen aufgewachsen

Deshalb überlegte der 62-Jährige, wie man die Fläche mit anderen Ideen optisch aufhübschen kann. „Von Kindheit an habe ich gern gemalt“, sagt er. Der Reichenbacher und seine Frau Sigrid lieben außerdem die alten Grimmschen Märchen, sind, wie sie erzählen, damit aufgewachsen. Die Bücher aus der eigenen Kindheit wurden aufgehoben, die Geschichten vom süßen Brei, dem Froschkönig oder von Hänsel und Gretel stehen noch heute im Bücherregal. Den eigenen drei Kindern und später auch den Enkelkindern wurde daraus vorgelesen.

Malen und Märchen sollten irgendwie miteinander verknüpft werden. Hans-Jürgen Scheibe kaufte eine Laubsäge, nahm Papier und Bleistift in die Hand, um Skizzen mit Märchenfiguren zu zeichnen. Die Skizzen übertrug der Bastler auf Sperrholz, sägte in stundenlanger Fipselarbeit die Motive aus, bemalte seine Märchengestalten und baute den Figuren kleine Holzhäuser. Nur Rapunzel bekam einen Steinturm. Der hat auch die meiste Arbeit gemacht: Kieselstein an Kieselstein hat der gelernte Koch dafür auf Holz geklebt und ein Fenster frei gelassen.

Schneewittchen und Frau Holle fehlen noch

Aus dem hängt der geflochtene Zopf heraus. Der etwa ein Meter hohe Turm sieht aus, wie in Miniatur gemauert. Die Märchenbehausungen werden sich „vermehren“. Hans-Jürgen Scheibe will den Figurengarten peu à peu vergrößern. „Frau Holle fehlt beispielsweise noch und auch Schneewittchen mit den sieben Zwergen“, sagt er. Familie Scheibes Märchenwald wird die kommenden Monate weiter aufgestockt – auch mit Szenen aus eher unbekannten alten Märchen. Die Grimms sind Scheibes aber am liebsten.

Sogar mit der Familiengeschichte der berühmten Sprachwissenschaftler und Volkskundler haben sie sich beschäftigt. „Die alten Märchen strahlen Geborgenheit aus und haben in der Regel einen moralischen Ansatz“, sagt Hans-Jürgen Scheibe. Nun will der Vater und Großvater mit seinen Laubsägearbeiten auch anderen Menschen eine Freude machen. Der kleine Märchenwald im Hinterhof soll zu einem festen Bestandteil von Reichenbach werden.

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