Patient aus Frankreich: "Ich bin noch am Leben"

Coswig. Schon als die Tür zum Patientenzimmer von Pascal Mann aufgeht, huscht dem 58-Jährigen ein Lächeln übers Gesicht. Dann breitet er die Arme aus und heißt die Gäste in seinem Zimmer willkommen. "Ich bin noch am Leben", ruft er. Es ist eine Szene, die die Ärzte und Schwestern im Fachkrankenhaus Coswig derzeit immer wieder erleben. Denn Pascal Mann könnte kaum glücklicher sein: Der Franzose hat Covid-19 überlebt – obwohl es anfangs schlecht für ihn aussah.
Alles begann im März dieses Jahres. Nachdem Pascal Mann fast zwei Wochen lang mit Fieber und Geschmacksverlust im Bett lag, verschlechterte sich sein Zustand drastisch. Als er nur noch für vier Sekunden die Luft anhalten konnte, schickte ihn sein Hausarzt ins Krankenhaus. Doch die Besserung blieb aus, Pascal Mann ging es von Tag zu Tag schlechter. Der 58-Jährige wurde verlegt, musste schlussendlich ins Koma versetzt und beatmet werden. Was dann geschah, hat dem Franzosen aus seiner Sicht das Leben gerettet.
Die Sächsische Staatskanzlei fragte Krankenhäuser in Sachsen an, ob sie bereit wären, Covid-19-Patienten aus dem Ausland aufzunehmen. "Da wir bereits vorausschauend entsprechende Vorbereitungen getroffen hatten, haben wir uns als spezialisiertes Krankenhaus dazu bereiterklärt, Patienten hier bei uns zu behandeln", erklärt Viktor Helmers, Geschäftsführer des Fachkrankenhauses Coswig. Insgesamt kamen zwei Patienten aus Frankreich und einer aus Italien nach Coswig. Alle drei haben die Erkrankung mittlerweile überstanden, eine Patientin konnte bereits entlassen werden.
Fußballspiel mit Sohn fällt aus
Und auch Pascal Mann wird schon bald zurück im Elsass sein, wo er mit seiner Familie lebt. Zurück in seiner Heimat wird er noch viel über das nachdenken, was ihm in den vergangenen Wochen widerfahren ist. "Es ist aktuell noch schwer, Worte dafür zu finden", sagt Mann. "Als sich mein Zustand in Frankreich immer weiter verschlechterte, glaubte ich schon, ich würde meine Familie nie wiedersehen."
Fast drei Wochen lag Mann im Koma und wurde beatmet, ein Großteil davon in Coswig. Seit neun Tagen ist er nun runter von der Intensivstation, von Tag zu Tag baut er seine Fitness wieder auf. Die Rückkehr in seine Heimat wird ein weiterer Schritt zurück in die Normalität. Viele Pläne für die nächsten Wochen hat Pascal Mann aber noch nicht gemacht, zunächst einmal will er vollständig genesen. Eines aber hat er sich doch vorgenommen: "Meine Familie und Freunde werden in Zukunft meine Priorität sein. Man weiß nie, wie viel Zeit man noch mit ihnen hat."
Zeit und Geduld wird es auch brauchen, bis Pascal Mann wieder bei voller Gesundheit ist. "Herr Mann ist bereits ziemlich fit, bei Belastung wird seine Lunge aber noch überansprucht. Er wird sich noch schonen müssen", sagt Dr. med. Jens Kraßler, Ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses. "Das Fußballspiel mit seinem Sohn fällt erst einmal aus. Es wird etwa ein Jahr dauern, bis sich seine Lunge erholt hat."

Gut möglich, dass der Ärztliche Direktor und das Team des Fachkrankenhauses Coswig den 58-jährigen Franzosen dann erneut treffen werden. Denn Pascal Mann hat sich bereits vorgenommen, nächstes Jahr nach Coswig zurückzukehren und seiner Familie das Elbland zu zeigen. "Ich habe den Ärzten hier mein Leben zu verdanken und will mehr von der Region sehen", sagt Mann. Außerdem wünscht er sich, dass seine Familie jene Menschen kennenlernt, denen er so viel zu verdanken hat. "Besonders Dr. Kraßler hat sich sehr um eine Verbindung zu meiner Familie bemüht. Als ich das erste Mal wieder allein auf meinem Bett sitzen konnte und Tränen in den Augen hatte, hat er mich per Videotelefonat mit meiner Frau verbunden."
Doch nicht jede Erkrankung verläuft so positiv wie die von Pascal Mann. Manche seiner Freunde seien in Frankreich an Covid-19 gestorben, erzählt der 58-Jährige. Das einzige Mal an diesem Dienstagvormittag wirkt er betrübt. "Es handelt sich um eine komplexe Erkrankung des Lungen- und Gefäßsystems, die noch recht unbekannt ist", sagt Dr. med. Kraßler. "Deshalb haben wir teilweise auch mehrere Stunden im Ärzteteam zusammengesessen und die nächsten Behandlungsschritte beraten." Dabei sei dem Fachkrankenhaus die enge Verzahnung von Anästhäsie und Pneumologie zugute gekommen.
Vorfreude auf Rotwein und Rumpsteak
Und noch etwas hat Pascal Mann aus seiner Sicht geholfen: "Ich habe Deutsch in der Schule als Zweitsprache gelernt. Die Sprache ist mir deshalb vertraut", sagt Mann. "Als ich im Koma lag, habe ich die Menschen um mich herum im Unterbewusstsein Deutsch reden hören. Ich wusste also, wo ich bin. Das hat mich beruhigt." Und auch in den Tagen nach dem Koma hat es die Verständigung zwischen Patient und Ärzteteam erleichtert.
Für alle, die die Corona-Pandemie verharmlosen, hat Pascal Mann indes eine klare Botschaft. "Jeder sollte sich schützen, schützen, schützen. Dieses Virus ist lebensgefährlich, man sollte nicht damit spielen." Umso glücklicher ist der 58-jährige Franzose, dass nach seiner Erkrankung auch seine Familie getestet wurde. Vorher hatte sie keinen Test bekommen. "Ich finde aber, dasss jeder wissen sollte, ob er infiziert ist oder nicht."
Über das und vieles anderes wird Pascal Mann schon in wenigen Tagen mit seiner Familie sprechen können. Dann soll es ein Willkommens-Essen geben. "Ich werde mit meiner Frau eine Flasche Rotwein trinken und ein Rumpsteak essen", sagt Mann und lacht. "Das Essen im Krankenhaus war sehr gut, aber ein Rumpsteak ist etwas anderes." Der Franzose wird die Mahlzeit guten Gewissens verdrücken können – während seiner Erkrankung hat er 25 Kilogramm abgenommen. "Da ist jetzt ein bisschen mehr Platz, daran muss ich mich erst noch gewöhnen." Und schon wieder huscht Pascal Mann ein Lächeln übers Gesicht.
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