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Sportstunde im Foyer

33 Jahre war Christa Falkenberg Sekretärin im ersten Schulneubau nach dem Krieg. Jetzt erinnert sie sich zurück.

Von Henry Berndt
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Christa Falkenbergs geliebte Schule an der Fetscherstraße hat sich sehr verändert.
Seinen besonderen Charme hat das Gemäuer aber
bis heute
behalten.
Christa Falkenbergs geliebte Schule an der Fetscherstraße hat sich sehr verändert. Seinen besonderen Charme hat das Gemäuer aber bis heute behalten. © Marion Doering

Diese Treppe! Christa Falkenberg ist immer noch jedes Mal hin und weg, wenn sie in der Eingangshalle ihrer Schule steht und auf den geschwungenen Aufgang blickt. „Das ist einfach das Schönste“, schwärmt sie. „Das gibt dem Schulhaus so eine Weite und Geräumigkeit.“ Ganz anders als die starren Formen in den Schulen vom Typ Dresden.

Von 1965 bis 1998 war Christa Falkenberg Sekretärin in der 6. Grundschule „Am Großen Garten“, die anfangs noch Polytechnische Oberschule hieß. Die meisten ihrer früheren Wegbegleiter sind sich bis heute einig: Eine bessere Sekretärin hätte es nicht geben können. Statt nur Dienst nach Vorschrift zu machen, habe sie immer ein offenes Ohr für alle Probleme von Schülern, Lehrern und Direktoren gehabt. Ganze sieben Schulleiter sah sie kommen und gehen.

Dabei war es purer Zufall gewesen, der sie einst zur Anstellung in der Schule brachte. Ab 1963 besuchte ihr erster Sohn hier den Unterricht. Christa Falkenberg engagierte sich damals im Elternbeirat. Als der damalige Direktor zunehmend verzweifelt nach einer neuen Sekretärin suchte, habe sie irgendwann einfach mal die Hand gehoben. Der Rest war Formsache. Schon kurze Zeit später trat sie ihren Dienst an – und blieb einfach bis zur Rente mit 61 Jahren.

Gut erinnert sie sich noch an die Anfangszeit. Das 1959 eröffnete Gebäude an der Fetscherstraße war der erste Schulneubau in Dresden nach dem Krieg. Die verbliebenen Altbauten waren massiv überbelegt – und ähnlich sah es bald auch hier aus. 1965 seien an der Schule 1 350 Schüler unterrichtet worden, obwohl sie damals nur für 600 ausgelegt war. Die zwei mit Gängen verbundenen Anbauten standen damals noch nicht. „Es war Wahnsinn. In den ersten Jahren gab es auch noch keine Turnhalle“, erinnert sich Christa Falkenberg. „Der Sportunterricht fand in der Eingangshalle statt.“

Mehr als drei
Jahrzehnte lang gehörte Christa Falkenberg (l.)
praktisch zum
Inventar der Schule. Jeder kannte sie und wusste: Die Frau Falkenberg hat immer ein offenes Ohr.
Mehr als drei Jahrzehnte lang gehörte Christa Falkenberg (l.) praktisch zum Inventar der Schule. Jeder kannte sie und wusste: Die Frau Falkenberg hat immer ein offenes Ohr. © privat

So viel habe sie in ihren 33 Dienstjahren erlebt, dass ihr schon oft gesagt wurde, sie müsse doch unbedingt mal ein Buch darüber schreiben. Getan hat sie es nie, und deswegen wissen heute nur noch wenige von den qualmenden Kohlebergen im Hof und den Rosen im Beet vorn an der Straße, die von den Lehrern selbst umsorgt wurden. Dafür habe es sogar einen Plan gegeben. Heute wachsen dort wesentlich pflegeleichtere Gehölze.

Zweimal im Jahr treffen sich alte Kollegen aus der Schule zum Plausch in Lokalen in der Umgebung. „Der Zusammenhalt ist immer noch groß“, sagt die 81-Jährige. Das war etwas Besonderes damals.“ Wenn die Schule nun vom 13. bis 15 Juni ihr 60-jähriges Bestehen mit einem Hoffest feiert, dann werden auch die Mitarbeiter von einst eingeladen sein. Am 13. Juni treffen sich Christa Falkenberg und ihre früheren Kollegen früh morgens in der Schule, laufen durch die Gänge und trinken dann gemeinsam Kaffee.

Viel habe sich durch die grundlegende Sanierung in den letzten Jahren geändert. Zum Guten, wie sie betont. Es gibt jetzt einen toll gestalteten Schulhof und Trinkwasserspender auf jeder Etage. Dennoch habe sich das denkmalgeschützte Haus seinen unvergleichlichen Charme bewahrt.

Im Jahr bevor Christa Falkenberg in Rente ging, feierte sie noch ihren 60. Geburtstag mit Freunden und Familie – in der Schule. So eng verbunden war sie mit dieser Welt, dass ihr der Abschied äußerst schwer fiel. „Es war furchtbar“, sagt sie heute. „Ich konnte einfach nicht loslassen.“ Anfangs sei sie noch jeden Tag herkommen. Glücklicherweise habe ihre Nachfolgerin die verlängerte Einarbeitungshilfe gern angenommen.

Nach ihren zwei Söhnen lernten auch ihre zwei Enkel hier das Alphabet. Auch deswegen wird diese Schule immer mehr als nur ein Arbeitsplatz für sie sein.