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Frau Schmeißers zweiter Frühling

Eine schwere OP rettete der Ebersbacherin vor 20 Jahren das Leben. Inzwischen ist sie 86, bei guter Gesundheit  - und hat jetzt sogar eine neue Liebe gefunden. 

Von Romy Altmann-Kuehr
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Die 86-jährige Irmgard Schmeißer erfreut sich trotz schwerer OP guter Gesundheit - und hat mit ihrem Manfred sogar einen neuen Lebenspartner gefunden.
Die 86-jährige Irmgard Schmeißer erfreut sich trotz schwerer OP guter Gesundheit - und hat mit ihrem Manfred sogar einen neuen Lebenspartner gefunden. © Rafael Sampedro

Einen Termin mit Irmgard Schmeißer auszumachen, ist gar nicht so einfach. Fast täglich hat die Rentnerin etwas vor. Ihre Wohnstube daheim in Ebersbach erzählt ebenfalls, dass hier eine Frau wohnt, die nicht die Hände in den Schoß legt. Auf einem Tischchen an der Wand steht eine Nähmaschine, daneben stapeln sich Stoffe und Kleidungsstücke. "Ja, ich mache ab und zu noch ein paar Änderungen für Bekannte", erzählt die 86-Jährige. Das Nähen hat sie mal professionell gelernt, sie ist Schneiderin von Beruf. Lange Jahre arbeitete Frau Schmeißer aber in der Modelleisenbahnfabrik Piko in Hirschfelde. Damals wohnt sie noch im Oybiner Ortsteil Hain. Vor über 20 Jahren zog sie nach Ebersbach, wo sie bis heute lebt. 

In ihrem vollen Kalender steht auch ein Termin in Görlitz am Krankenhaus St. Carolus in Görlitz. Dort arbeitet seit April dieses Jahres Dr. Matthias Karutz, der früher Chirurg am Ebersbacher Krankenhaus war, als Chefarzt. An seiner neuen Arbeitsstätte in Görlitz hält er nun einen medizinischen Vortrag. Davon hat Irmgard Schmeißer in der SZ gelesen. Und gleich beschlossen: Da will sie unbedingt hin, "ihren" Doktor mal wieder besuchen. Denn ihm verdankt sie ein für ihr Alter sehr gesundes Leben, wie sie sagt. Und ein längeres, als sie es selbst gedacht hatte. Denn Irmgard Schmeißer hatte Magenkrebs. Weil es keine andere Rettung gab, entfernte Dr. Karutz ihr den kompletten Magen. "Seit 20 Jahren lebe ich nun schon so. Ich hätte nach der OP nie gedacht, dass ich so alt werde", sagt Frau Schmeißer. Nicht einmal mehr Medikamente brauche sie. Lediglich eine Spritze pro Monat für die Knochendichte. "Ich habe keine Beschwerden, keinen Zucker und auch keine schlechten Blutwerte. Ich hatte wirklich großes Glück", sagt Frau Schmeißer und lächelt.  

Sie war so dankbar, dass sie fortan jedes Jahr im Oktober - also um die Zeit herum, als damals die OP stattgefunden hatte -  Dr. Karutz am Ebersbacher Klinikum besuchte. "Ich habe ihm immer eine Flasche Wein als Dankeschön mitgebracht." Der freundliche Arzt habe sie jedes Mal in sein Büro gebeten und sich nett mit ihr unterhalten. "Das war noch einer von der alten Schule", erinnert sich Frau Schmeißer. Inzwischen arbeitet Dr. Karutz nicht mehr in Ebersbach. Deshalb hat Frau Schmeißer auch ihre jährlichen Besuche einstellen müssen. 

Ihr wieder gewonnenes Leben aber will sie nicht allein verbringen. Nachdem ihr langjähriger Lebensgefährte, den sie lange zu Hause pflegte, vor einem Jahr verstarb, entschloss sie sich, erneut einen Mann zu suchen. Über eine Kontaktanzeige fand sie Manfred aus Friedersdorf. Er hatte das Alleinsein ebenfalls satt. Schon die Partnersuche tat ihr unheimlich gut, erzählt die lebhafte Seniorin. "Viele Männer haben mich angerufen. Ich hatte sehr nette Gespräche. Viele wollten mich unbedingt kennenlernen, das hat mich richtig aufgebaut." Dabei hatte die Rentnerin ihr Alter in der Anzeige gar nicht verraten. "Ich habe nur geschrieben, dass ich einen Partner bis 80 Jahre suche." Denn einen gleichaltrigen Mann zu finden, der ähnlich unternehmungslustig ist, würde schwierig werden - das war Irmgard Schmeißer klar. 

Manfred, auf den schließlich die Wahl fiel, ist 13 Jahre jünger als seine rüstige Partnerin. Auch er war gleich angetan von Frau Schmeißers Lebensfreude. "Beim ersten Telefonat haben wir eine halbe Stunde gequatscht." Erst seit einem halben Jahr kennen sich die beiden, jetzt zieht Manfred mit Sack und Pack und seiner Katze bei Irmgard Schmeißer in Ebersbach ein.  "Uns ist klar, dass wir nicht mehr so viel Zeit haben", begründen sie die schnelle Entscheidung. Die Zeit, die ihnen bleibt, wollen sie gemeinsam so intensiv wie möglich nutzen.  "Das Alleinsein, das ist das schlimmste", sagt Manfred, der ebenfalls zuvor seine langjährige Partnerin verloren hat. Nun genießen sie das Rentnerleben wieder zu zweit - und sind beide glücklich darüber. "Ich schlafe gerne aus, während Manfred schon die Zeitung liest. Wenn dann der Kaffee fertig ist, stehe ich auch auf und wir starten gemütlich in den Tag. Es passt einfach", erzählt Irmgard Schmeißer. 

Das Autofahren hat die unternehmungslustige Rentnerin inzwischen aufgegeben. Gemeinsam mit Manfred kann sie aber wieder unterwegs sein. So freut sie sich schon auf den Eibauer Bierzug Ende des Monats, den sie gemeinsam besuchen wollen. Freitags studiert Manfred immer die Zeitung und schaut nach, was so los ist. Sie gehen zum Beispiel gern auf Volksfeste - eben überall dorthin, wo was los ist. 

Regelmäßig unternimmt das Senioren-Paar auch Tagesausflüge mit Busunternehmen. Das Leipziger Seenland steht unter anderem dieses Jahr noch auf dem Plan. Und im August geht es gemeinsam zu einer Familienfeier nach Berlin. Dort wird der Urenkel von Irmgard Schmeißer eingeschult. "Solange die Gesundheit mitspielt, mache ich alles mit. Und wenn Schluss ist, dann ist eben Schluss", sagt Irmgard Schmeißer. Das klingt ziemlich abgeklärt. Aber sie weiß wovon sie spricht, immerhin war sie ja schon mal beinahe am Ende ihres Lebens angekommen, hätte selbst nicht geglaubt, dass sie das alles noch erleben darf. 

Nun freut sie sich sehr darauf, den Doktor wiederzutreffen, der das möglich machte. Die obligatorische Flasche Wein will sie natürlich auch mitnehmen. "Mal sehen, ob er sich dann immer noch an mich erinnert." Immerhin habe sie ihm mindestens 20 Jahre schöne Lebenszeit zu verdanken. Und Irmgard Schmeißer hofft, dass es noch ein paar mehr werden. Für ihre Zukunft hat die Seniorin nur einen Wunsch: "Ich wünsche mir für die nächsten Jahre ein wunderbares Zusammenleben." 

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