SZ + Meißen
Merken

Jetzt kommen die Amerikaner

Elektronikschrott sollte in Mauna recycelt werden. Doch der er Investor gab den Standort auf. Nun ist Rettung in Sicht.

Von Jürgen Müller
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Dr. Felix-Michael Weber ist Geschäftsführer der MBA Polymers Deutschland, einer Tochter der MBA Polymers Inc mit Sitz in den USA. Diese hat jetzt die Kunststoff-Recyclinganlage in Mauna übernommen.
Dr. Felix-Michael Weber ist Geschäftsführer der MBA Polymers Deutschland, einer Tochter der MBA Polymers Inc mit Sitz in den USA. Diese hat jetzt die Kunststoff-Recyclinganlage in Mauna übernommen. © Claudia Hübschmann

Käbschütztal.  Von hier oben hat man einen weiten Blick auf die Lommatzscher Pflege. „Ist das nicht eine herrliche Landschaft“, schwärmt Dr. Felix-Michael Weber. Nun, als Großstädter ist er nicht so verwöhnt, was die Natur angeht, auch wenn er nahe der Alpen aufgewachsen ist. Doch nicht wegen der Landschaft ist der Münchener nach Mauna, den kleinen Ortsteil der Gemeinde Käbschütztal, gekommen. Er ist der Geschäftsführer der MBA Polymers Germany GmbH, einer Tochter der MBA Polymers Inc., einem weltweit führenden Recyclingspezialisten von Elektronik- und Elektroschrott mit Hauptsitz in New Jersey in den USA. 

Die Amerikaner wollen hier in Mauna Elektronikschrott recyceln. Moment mal, ist das nicht alter Wein in neuen Schläuchen? Ja und nein. Ja, weil dies ein Vorhaben der Sort-Tech GmbH, einer in München ansässigen deutschlandweit agierende Investorengruppe, war. Anfang 2018 sollte in Mauna bereits der Geschäftsbetrieb aufgenommen werden. Doch nach dem Tod von Firmeninhaber Ludbert Graf zu Münster zeigten die Erben kein Interesse an der Fortführung des Standortes in Mauna, gaben ihn auf und schrieben ihn zum Verkauf aus. 

Den Zuschlag erhielt die MBA Polymers. Diese hat am 19. Juli dieses Jahres den neuen Produktionsstandort in Mauna Meißen übernommen. Der neue Standort umfasst eine Fläche von 16.000 Quadratmetern, davon sind 5.500 Quadratmeter Produktionsfläche. „Wir haben seit eineinhalb Jahren einen Standort in Deutschland gesucht und sind froh, dass wir hier fündig geworden sind“, sagt Dr. Weber.

Allzu große Investitionen sind nicht mehr nötig. Die meisten Arbeiten in der ehemaligen offenen Siloanlage sind schon von den Vorgängern erledigt worden. So wurde die ehemals offene Halle geschlossen, die elektrostatische Kunststoffseparationsanlage ist ebenfalls schon eingebaut. Jetzt gehe es hauptsächlich noch um den Einbau der Elektrik. Im Januar nächsten Jahres soll alles fertig sein, die Anlage langsam hochgefahren werden. Vorgesehen ist, dass pro Tag rund 50 Tonnen Elektronikschrott vom Föhn über den Computer bis zum Elektroherd angeliefert, sortiert, getrennt und das Plastik geschreddert werden. 

„So entsteht aus dem Elektronikschrott ein neues Produkt, nämlich sortenreines Plastik zur Wiederverwertung“, sagt Felix-Michael Weber. Und umweltfreundlich ist das auch noch: „Eine Tonne des von MBA Polymers entwickelten Kunststoffs weist im Vergleich zu der herkömmlichen Kunststoffproduktion eine Kohlendioxid-Einsparung von 4,8 Tonnen auf“, so Weber. Fremdstoffe wie Metalle, vor allem Kupfer, werden getrennt und ebenfalls wiederverwertet, andere Stoffe wie Holz thermisch verwertet, also verbrannt.

Die Anlage soll im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten. Es ist vorgesehen, bis zu 20 Leute einzustellen. „Die Vorgänger hatten ja schon drei Mitarbeiter eingestellt, die wurden aber wieder entlassen. Wir versuchen jetzt, sie zurückzuholen, sofern sie nicht in der Zwischenzeit etwas anders gefunden haben“, sagt der Geschäftsführer. Gesucht werden vor allem Schlosser, Elektriker und Logistiker.

Eingestellt wurde schon Volker Lindemann, der Betriebsleiter. Der gebürtige Erzgebirger, der zuletzt in Berlin lebte, versichert, dass der Immissionsschutz eingehalten werde, die Anwohner nicht mit Lärmbelästigungen rechnen müssten. „Das Vorhaben wurde ja schon für die Vorgängerfirma genehmigt, wir halten alle Parameter ein“, sagt er. Auch der zu erwartende Lkw-Verkehr halte sich in Grenzen. Es würde etwa acht Fahrzeuge pro Tag das Unternehmen in Mauna anfahren, um Elektronikschrott anzuliefern und das Endprodukt abzuholen. 

Schwierig wird allerdings die Anfahrt auf den letzten Kilometern von der B 101 nach Mauna. Die Straße ist schmal und kurvenreich. „Ansonsten aber ist der Standort ideal. Wir liegen genau im Dreieck der Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz. Vor allem von den dortigen Werkstoffhöfen wird der Elektronikschrott angeliefert“, sagt Geschäftsführer Weber.

Er sieht großes Potenzial sowohl für Recycling von Elektronikschrott im Allgemeinen als auch für Mauna im Besonderen. Jeder Deutsche produziere im Schnitt pro Jahr acht Kilogramm Elektronikschrott. Nur 250 000 Tonnen, das ist etwa ein Drittel, werde davon recycelt. Auf Mauna werden dann immerhin 17 500 Tonnen entfallen.

Mauna ist die fünfte Recyclinganlage des Unternehmens, die mit einem patentierten Verfahren Post-Consumer-Kunststoff gewinnen wird. Standorte gibt es auch in Österreich, Großbritannien und China. Unter der Abkürzung MBA verbirgt sich die Mike Biddle Assoziation. Mike Biddle hat vor über 20 Jahren mit dem MBA Polymers begonnen, Kunststoffe aus langlebigen Gebrauchsgütern wie Computern, Elektronik, Haushaltsgeräten, Automobilen und Haushaltsmüll zurückzugewinnen. „Er ist sozusagen der Pionier des Plastikrecyclings“, sagt Felix-Michael Weber.