Die Landeskirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Sachsen hat dem Rücktrittsgesuch ihres Bischofs Carsten Rentzing entsprochen. Das teilte der stellvertretende Vorsitzende des 18-köpfigen Gremiums, Synoldalpräsident Otto Guse, am frühen Montagabend in Dresden mit. Vom 1. November an sei das Bischofsamt bis auf Weiteres verwaist.
Die Kirchenleitung habe am Montag (21. Oktober) den Bischof nochmals im Urlaub angerufen. Auf Nachfrage habe er eindeutig verneint, seine Rücktrittserklärung zurücknehmen zu wollen, sagte Guse und verwies auf eine bislang unbekannte Erklärung Rentzings vom Sonntag. Darin betont der 52 Jahre alte Bischof, er habe den Rücktritt „aus eigener freier Entscheidung“ beschlossen. Er sei „weder durch das Landeskirchenamt noch durch die Kirchenleitung unter Druck gesetzt worden“. Er habe sich bereits vor über 25 Jahren gegenüber seinem Beichtvater von allem distanziert, „was in meinem früheren Leben dem Geist des Evangeliums widersprach“. Entschieden wies der Bischof Versuche zurück, die Diskussion um seine Person politisch zu instrumentalisieren, „von links und vor allem von rechts“.
Guse sagte, er bedauere Rentzings Entscheidung maßlos. Er habe Carsten Rentzing als wunderbaren Geistlichen kennengelernt. Seinen Rücktrittswunsch sollten auch jene respektieren, die sich für seinen Verbleib im Bischofsamt stark machten. Die Landeskirche werde mehr denn je die Bergpredigt zum Prüfstein christlicher Ansichten machen. Man müsse sich zudem mit Definitionen wie national, nationalistisch, rechtsradikal oder rechtsextrem beschäftigen. Und diskutierten, ob etwa Petitionen ein geeignetes Instrumentarium seien, um Personalentscheidungen zu fällen. Nun aber gelte es, „an der Einheit unserer Kirche festzuhalten, ohne den nötigen inhaltlichen Auseinandersetzungen auszuweichen“. Analog hatten sich zuvor schon Rentzings Vorgänger geäußert, die beiden früheren Landesbischöfe Volker Kreß und Jochen Bohl.

Rentzing hatte am 11. Oktober überraschend sein Amt zur Verfügung gestellt. Einen Tag später war bekannt geworden, dass er während seines Studiums in Berlin als Autor und Herausgeber für eine Zeitschrift namens „Fragmente“ tätig war. Die Landeskirchenleitung stufte diese Texte als „elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich“ ein. Bereits zuvor hatte Rentzings andauernde Mitgliedschaft in einer schlagenden Studentenverbindung, seine Verbindung zur neurechten Bibliothek für Konservatismus, seine deutliche Distanz zu homosexuellen Kirchenmitarbeitern und seine Unentschlossenheit im Umgang mit AfD und Pegida kircheninterne Diskussionen verursacht.
Seine Unterstützer demonstrierten mit einer Mahnwache vor dem Landeskirchenamt. Organisator Christoph von Mohl sagte, „engagierte Mitglieder aus sächsischen Kirchgemeinden“ wollten damit „ein Zeichen setzen für einen Neuanfang mit Landesbischof Rentzing“. Der gelernte Bankkaufmann gehörte Anfang 2015 dem Gründungskreis der Gruppierung „Christen in der AfD“ an. Nach eigenen Angaben hat er jedoch die Partei noch im gleichen Jahr wieder verlassen.

Eine vor rund einer Woche gestartete Online-Petition zum Verbleib Rentzings im Bischofsamt verzeichnet inzwischen angeblich rund 20.000 Unterschriften. Ein Selbsttest von Sächsische.de ergab jedoch, dass dort ohne Kontrolle Mehrfacheintragungen mit erfundenen Mailadressen und Namen möglich sind. In einem Brief an die Landeskirchenleitung hatte sich ein gewisser Eduard Pröls als Erstunterzeichner der Online-Petition zu erkennen gegeben. Er bezeichnet sich als Deutschland-Direktor der in Spanien von einer ultrakatholischen Organisation gegründeten Online-Plattform CitzienGo. Auf deren deutschsprachigem Ableger läuft die Pro-Rentzing-Petition. Pröls tourte unter anderem mit einem „Bus der Meinungsfreiheit“ durch Deutschland. Er organisierte zudem die „Demo für Alle“, die gegen „Frühsexualisierung“ und Homosexualität kämpft.
Rentzing ist derzeit im Urlaub. In der Landeskirchenleitung hieß es, eventuell äußere er sich nach den Herbstferien noch einmal. In jedem Fall aber werde eine Erklärung des Bischofs vor der nächsten Landessynode am 15. November erwartet. Synodalpräsident Guse betonte, die Suche nach Bischofskandidaten habe noch nicht begonnen. „Ich bin einfach nur erschöpft, dafür ist es viel zu früh.“
Der Stellvertreter des Bischofs, Oberlandeskirchenrat Thilo Daniel, sagte, er stehe für das Bischofsamt keinesfalls zur Verfügung. Am 2. November will die Landeskirchenleitung zu einer erweiterten Präsidiumssitzung zusammenkommen. Ein Nachfolger soll am 29. Februar oder 1. März 2020 gewählt werden.