SZ +
Merken

Knöllchen-Schreiber dringend gesucht

Das Dresdner Ordnungsamt bekommt mehr Mitarbeiter. Falschparker müssen sich dennoch wenig Sorgen machen.

Von Christoph Springer
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Stadt nimmt weniger Geld durch Falschparker ein.
Die Stadt nimmt weniger Geld durch Falschparker ein. © Symbolfoto: Norbert Millaue

Kein Personal, keine Knöllchen, keine Einnahmen. Dieser Dominoeffekt beschäftigt spätestens seit dem vergangenen Jahr das Dresdner Ordnungsamt. Das Ergebnis: Die Zahl der Knöllchen, die die Mitarbeiter der Rathaus-Dienststelle im vergangenen Jahr verteilt haben, ist deutlich gesunken. Rund 264 000 waren es Ende 2017. Dagegen stehen etwa 195.000 bis Ende November 2018. Das Jahresergebnis ist nicht mehr zu erreichen, schon im November waren es etwa 47.000 weniger als im Jahr davor.

Das macht sich auch in der Stadtkasse bemerkbar. 4,11 Millionen Euro hat die Stadt 2017 von Falschparkern kassiert. Die Statistik für 2018 ist noch nicht komplett, fest steht aber: dieses Mal steht eine 3 vor dem Komma.

51 Mitarbeiter des Ordnungsamtes sollten regelmäßig Strafzettel verteilen. Im Schnitt waren es im vergangenen Jahr aber nur 14. Das heißt, nur knapp ein Drittel der Stellen waren dauerhaft besetzt. Den Grund dafür kennen auch andere Arbeitgeber: Fachkräftemangel. „Bezüglich der mangelnden Bewerberlage muss man sich bewusst machen, dass es der Arbeitsmarkt derzeit zulässt, dass potenzielle Arbeitnehmer aus einem großen Angebot an Jobs wählen können“, erklären die Verantwortlichen aus dem Rathaus. Im Klartext: Diese Arbeit ist nicht gefragt oder zu schlecht bezahlt oder beides zusammen.

Die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung, wie die Knöllchenschreiber offiziell heißen, gehören zum Gemeindlichen Vollzugsdienst der Stadt. 141 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Neun weitere sollen in den nächsten zwei Jahren dazu kommen. Diese neuen Mitarbeiter verstärken künftig unter anderem die Besondere Einsatzgruppe des Ordnungsamtes. Das sind die Mitarbeiter, deren Äußeres und deren Autos optisch der Polizei sehr ähnlich sind, die aber Polizeibehörde auf dem Rücken und den Fahrzeugen stehen haben. Sie dürfen fast alles, was auch die Polizei darf. Ausgenommen sind der Einsatz von Waffen, Gewalt und Festnahmen. Geht es wirklich zur Sache, müssen auch sie die Polizei rufen und dürfen die Beamten bei ihren Einsätzen lediglich unterstützen. 

Zur Besonderen Einsatzgruppe gehören aber ähnlich wie bei der Polizei auch Hundeführer. In Absprache mit den Beamten fahren die Mitarbeiter der Polizeibehörde Streife, unter anderem überwachen sie dabei auch die von den Beamten definierten gefährlichen Orte in Dresden, etwa den Amalie-Dietrich-Platz und die Alaunstraße vor der Scheune. Weitere Mitarbeiter des Gemeindlichen Vollzugsdienstes kontrollieren unter anderem, wo illegal Müll abgeladen wurde und ob die Regeln in den Grünanlagen beachtet werden.

Alle diese Rathaus-Mitarbeiter beschäftigen sich auch mit Anzeigen, die übers Internet eingegangen sind. 2018 betrafen 2430 davon den ruhenden Verkehr, also falsch abgestellte Autos. Das sind knapp 100 mehr als im Jahr zuvor. 90 Prozent der Anzeigeerstatter nutzen dabei das Online-Formular, das auf der Internetseite der Stadt zu finden ist. Dort werden die Daten des Absenders erfragt, danach muss das Vergehen erklärt und bestenfalls mit einem Foto dokumentiert werden. Datum, Uhrzeit und Tatort gehören zu den Pflichtangaben. Allerdings bearbeitet das Ordnungsamt nur Anzeigen, bei denen die Absender sich zu erkennen geben. „Anonyme Anzeigen werden in der Regel nicht verfolgt“, lautet eine entsprechende Erklärung auf der Internetseite der Stadt.

Bei Lieferdiensten, auch wenn sie es sehr eilig haben, gibt es übrigens kein Pardon. „Zum Teil gibt es Lieferzeiten für Bereiche, in denen sonst nicht gehalten werden darf“, erklären die Verantwortlichen. Außerdem seien Ausnahmegenehmigungen möglich. Doch die haben nur wenige und schon gar nicht Paketdienste oder Essenslieferanten, die kurz halten müssen, um binnen weniger Minuten ihre ... abzugeben. Ist dann ein Knöllchenschreiber in der Nähe, ist er verpflichtet, auch dem gestressten Dienstleister einen Strafzettel unter den Scheibenwischer zu klemmen. Wie viele das 2018 traf, kann die Stadtverwaltung nicht sagen. Denn die Art der Autos, die Knöllchen bekommen haben, wird nicht erfasst. Die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung fotografieren die Autos, notieren die der Falschparker im Handy und befestigen einen entsprechenden Hinweiszettel am Auto. Dann müssen sie schon weiter. Denn bis zum nächsten Parksünder ist es meistens nicht weit, und ohnehin sind sie viel zu wenige.