SZ + Löbau
Merken

Muss das sein: Klinikessen aus Holland?

Ein Löbauer staunte nicht schlecht, als er kürzlich im Krankenhaus Essen aus den Niederlanden bekam. Ist das üblich? Ein Blick in die Klinikkochtöpfe* der Region.

Von Anja Beutler
 7 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
So sieht das Klinikessen aus Holland aus: Es kommt schockgefrostet in den Asklepios-Kliniken an und wird dann erwärmt.
So sieht das Klinikessen aus Holland aus: Es kommt schockgefrostet in den Asklepios-Kliniken an und wird dann erwärmt. © Archivfoto: Dirk Zschiedrich

Drei Tage und zwei Mittagessen hat der Löbauer André Richter in diesem Frühjahr in der Hohwald-Klinik in Neustadt/Sachsen erlebt. Medizinisch hatte er danach nichts Schlechtes zu berichten - die Sache mit dem Mittagessen aber, die liefert ihm noch heute einigen Gesprächsstoff. 

Ausschlaggebend ist dabei nicht unbedingt schlechte Qualität des Essens, sondern der Herkunftsort: "Das Klinikessen bekommt man dort aus Holland", berichtet André Richter kopfschüttelnd. Es wird schockgefrostet aus dem Nachbarland angeliefert und dann vor Ort aufgewärmt. "Die Qualität ist das eine - die Nachhaltigkeit das andere", sagt der Löbauer.

Ein prinzipiell negatives Urteil über das Klinikessen in Neustadt will er dabei nicht fällen: "Es ist ja nicht so, dass man es nicht essen kann", beschreibt er. Die Patienten hätten eine Auswahl wie auf der Menükarte eines Restaurants. Auch seine beiden Mahlzeiten mit Fleisch waren allesamt genießbar. Aber: "Wenn sie gefrorenes Gemüse aufwärmen, schmeckt das matschig, auch Salzkartoffeln habe ich da nicht gesehen, sondern alles, was man aus Kartoffelmehl zubereiten kann, aber auch Reis und Nudeln", berichtet er. Was ihm gefehlt hat, war am Ende "etwas Frisches". Dass man dort im November 2018 die gute eigene Küche eingestampft habe und nur noch Frühstück und Abendbrot vor Ort anrichte, sei für ihn kaum nachzuvollziehen.

Die Entscheidung für den Großlieferanten hat im Falle der Hohwald-Klinik der Konzern getroffen und er sieht dies als Weichenstellung für die Zukunft: Asklepios arbeitet bundesweit mit dem holländischen Anbieter zusammen. Damit soll, so bestätigt Patrick Hilbrenner, Regionalgeschäftsführer für Asklepios Sachsen/Sachsen-Anhalt, auch perspektivisch fehlenden Fachkräften in diesem Bereich der Versorgung vorgebeugt werden. Man wolle an diesem Konzept langfristig festhalten.

Auch bei anderen Kliniken ist die Frage der Essenszubereitung immer wieder Thema gewesen. Kritik an Caterern und Großversorgern haben viele Kliniken in der Region bereits hinter sich - und nun beinahe einheitlich ihren Weg gefunden. Hier ein Überblick und Einblick in die Kochtöpfe:

Klinikum Oberlausitzer Bergland in Ebersbach, Zittau und Kreiskrankenhaus Weißwasser

Das Essen in Ebersbach, Zittau und Weißwasser wird dort gekocht, wo es gegessen wird. Wie Klinik-Sprecherin Jana-Cordelia Petzold bestätigt, gibt es vor Ort Küchen, die von Servicegesellschaften betrieben werden. Im Süden ist das die Krankenhausservicegesellschaft Löbau-Zittau mbH - für Weißwasser gibt es eine separate Gesellschaft - zu deren Aufgaben seit mehr als 15 Jahren die Zubereitung der Speisen gehört. Das Essen werde täglich frisch zubereitet, proportioniert und dann im Transportwagen zu den Stationen aktiv erwärmt oder bei Bedarf gekühlt, erklärt Frau Petzold. 

Die Zutaten beziehe man zum Teil von Großlieferanten, bei Backwaren, Obst, Gemüse, Fleisch- und Wurstwaren von regionalen Anbietern. Da die Patienten sich insgesamt mit dem Essen zufrieden zeigen und auch Angehörige, Mitarbeiter und weitere Gäste das Essenangebot gern nutzen, sieht man beim Klinikverbund keinen Grund, auf einen anderen Anbieter zu wechseln - schon gar nicht aus dem Ausland.

Fachkrankenhaus Großschweidnitz

Andrea Witschel, Sprecherin für das Großschweidnitzer Fachkrankenhaus, stellt zum Thema Essen sofort klar: "Wir sind froh, dass wir eine eigene Küche haben und keinen externen Dienstleister beauftragen zu müssen." Damit sei man bislang sehr gut gefahren und auch die Patienten seien zufrieden. Natürlich bleibe es eine Herausforderung, den Geschmack von Kindern und Jugendlichen und von älteren Leuten zu treffen. 

Gekocht und teilweise gegessen wird in Haus 17 auf dem Krankenhausgelände. Dort gibt es seit rund einem Jahr auch eine neue Cafeteria, die Mitarbeiter aber auch externe Gäste nutzen. Gewählt werden kann täglich zwischen drei Gerichten, zudem gibt es eine Salatbar und eine Desserttheke, betont Frau Witschel. Als zusätzliche Aufgabe übernimmt die Krankenhausküche auch das Catering für eigene Veranstaltungen oder auch Weiterbildungen.

Städtisches Klinikum Görlitz

Für die im Schnitt etwa 800 Portionen täglich hat das Klinikum Görlitz eine eigene Küche. Hier werden die Speisen frisch zubereitet, dann aber heruntergekühlt, um auf den Stationen vor Ort schonend auf die richtige Temperatur gebracht zu werden. "Wir haben keine Bestrebungen, an unserer Essenversorgung etwas zu ändern", sagt Klinikumssprecherin Katja Pietsch. 

Auch die Patienten sind insgesamt zufrieden. "Natürlich gibt es vereinzelt auch mal Beschwerden, aber man muss bei allem eben bedenken, dass wir ein Krankenhaus sind und kein Hotel", ordnet sie ein und ergänzt: "Essen gehört zum Gesundwerden dazu." Deshalb gebe man sich auch in der Krankenhausgroßküche größte Mühe, koche aber ebenfalls für Mitarbeiter und Gäste, die die Cafeteria nutzen. Das junge Team an Topf und Pfanne lasse sich dabei immer wieder etwas einfallen: "So haben wir zur Fußball-WM-Themenwochen angeboten", skizziert Frau Pietsch. Noch mehr Möglichkeiten zum kreativ sein haben die Köche zudem beim Catering, das ebenfalls angeboten werde. Die Zutaten für die Görlitzer Klinikküche kommen seit Jahren vorrangig von regionalen und sachsenweit oder auch in Mitteldeutschland agierenden Produzenten. Deutschlandweit liegt das Klinikum übrigens im Vergleich mit 50 weiteren Häusern beim Preis pro Essen im guten Mittelfeld.

Malteser Krankenhaus St. Carolus in Görlitz

Zentralisiert haben die Malteser die Essenversorgung ihrer Einrichtungen. Allerdings wird nicht von einem Standort bundesweit das Essen verteilt: So erhält das Görlitzer Haus - wie viele andere in Sachsen und Brandenburg - das Essen aus der Küche in Kamenz. Dort kochen Mitarbeiter der Primus Service GmbH, einer Tochtergesellschaft der Malteser Deutschland GmbH, das Essen nicht nur für Kliniken, sondern auch für Senioreneinrichtungen und Betriebskantinen. 

Ähnlich wie in vielen anderen Krankenhäusern wird frisch gekocht, gekühlt, kalt proportioniert, transportiert und dann vor Ort auf die passende Temperatur erwärmt. Durch dieses Kühlsystem sei auch der Weg zwischen Küche und Patient unerheblich, weil er es dennoch durch das Erwärmen vor Ort passend serviert bekomme, erklärt die Sprecherin des Carolus-Krankenhauses, Stephanie Hänsch.

Krankenhaus Emmaus in Niesky

Am Krankenhaus Emmaus Niesky wird das Essen täglich frisch vor Ort zubereitet. Die Küche der Diako Versorgungs- und Service GmbH gehört zum Unternehmensverbund. Auf diese Weise, so betont Victor Franke, Sprecher der Evangelisch-Lutherischen Diakonissenanstalt Dresden, zu der Niesky gehört, setze man eine Tradition fort, die es hier schon seit 150 Jahren gibt. Den Patienten scheint es zu schmecken: Von 4.000 stationär behandelten Patienten im Jahr 2018 gab es zum Essen nur fünf Verbesserungsvorschläge, führt Franke auf. 

Die Zubereitung vor Ort macht für die Patienten und das Personal einiges leichter: So könne man kurzfristig auf Wünsche reagieren und auch mit der Diabetesberatung - in Niesky gibt es einen diabetologischen Schwerpunkt - arbeite man eng zusammen. Einen externen Anbieter zu wählen oder gar aus dem Ausland Essen zu beziehen, komme nicht infrage.

Klinik Rothenburg - Orthopädisches Zentrum

Die Rothenburger Klinik verfügt über eine eigene Küche mit fest angestellten und tariflich gebundenen Mitarbeitern, erklärt Sprecherin Nadja Keller über die Herkunft des Essens für die Patienten. Die Waren kaufe man zudem überwiegend bei regionalen oder sachsenweit agierenden Unternehmen wie beispielsweise bei Rothenburger Marktfrisch oder der Bäckerei Tschirch. Mit dieser Philosophie vor Augen komme ein Wechsel zu einem externen, ausländischen Lieferanten nicht infrage. 

Die Patienten seien insgesamt sehr zufrieden, betont Frau Keller. Teilweise werde die Küche sogar explizit gelobt. Verköstigt werden dabei nicht nur die Patienten der Klinik, sondern auch Bewohner eines Pflegeheimes und einer Tagespflege, sowie ein Kindergarten. Das Essen selbst wird nach der Zubereitung vor Ort in Wärmesystemen aufbewahrt und zum Servieren gebracht.

* Die Oberlausitz-Kliniken Bautzen und Bischofswerda ließen eine entsprechende Anfrage bislang unbeantwortet.

Mehr Lokales unter:

www.sächsische.de/loebau

www.sächsische.de/zittau