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Warum eine Straße plötzlich viel teurer wird

Ein kurioser Fehler bei der Ausschreibung führt zur Preiserhöhung beim Bau der Ortsdurchfahrt Gombsen. Die Gemeinderäte fordern Konsequenzen.

Von Annett Heyse
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Die Firma Teichmann bekam den Zuschlag für den Bau der Straße und fordert nun mehr Geld.
Die Firma Teichmann bekam den Zuschlag für den Bau der Straße und fordert nun mehr Geld. © Andreas Weihs

Eigentlich könnten sich alle über das schöne, neue Asphaltband, welches sich seit einigen Tagen durch den unteren Teil von Gombsen zieht, freuen. Die alte, holprige Baumschulenstraße ist zwischen Rosenschänke und der Straße durchs Lockwitztal endlich Geschichte. Doch der Straßenbau in dem Kreischaer Ortsteil wird wohl alle Beteiligte - Gemeinde, Baufirma und Ingenieurbüro - noch eine Zeit lang beschäftigen. Und von Freude kann da kaum die Rede sein. Denn die Kosten für den Straßenbau sind deutlich höher ausgefallen als zunächst gedacht. Es geht um 263.000 Euro.

Diese Summe teilte Bürgermeister Frank Schöning (Freie Bürgervertretung) den Gemeinderäten kürzlich mit und rang ihnen einen Beschluss über die zusätzliche Ausgabe ab. Dieser fiel am Ende einstimmig, allerdings erst nach langer Diskussion. Denn der Grund für die Preiserhöhung ist zwar eindeutig, das Zustandekommen jedoch kurios. Oder merkwürdig. Es fiel sogar die Bezeichnung "Geschmäckle". 

Das Projekt Ortsdurchfahrt zieht sich schon ein paar Jahre hin. Bereits 2017 waren die Pläne für die Sanierung fertig. Gebaut werden sollte in drei Abschnitten: zunächst zwischen dem Lockwitztal und der Rosenschänke, dann von der Rosenschänke bis zum Ortsausgang in Richtung Saida. Der dritte Bauabschnitt bezieht sich auf die Kreischaer Straße, sie soll zwischen der Einmündung an der Rosenschänke und der Dresdner Straße saniert werden. 

Für das insgesamt 2,3 Millionen teure Vorhaben beantragte die Gemeinde Kreischa Fördermittel beim Freistaat Sachsen. Als der Zuschuss von 1,5 Millionen Euro im vergangenen Frühsommer bewilligt wurde, veröffentlichte das von der Gemeinde beauftragte Planungsbüro ACI-Aquaproject Consult aus Dresden die Ausschreibung für den ersten Bauabschnitt.

Vier Bauunternehmen gaben daraufhin Angebote ab, im September erfolgte die Vergabe im Gemeinderat. Den Zuschlag erhielt die Firma Teichmann aus Wilsdruff. Teichmann hatte 918.000 Euro geboten.

Was damals keinem aufgefallen war, nicht den Ingenieuren von Aquaproject, nicht den Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung, nicht den beteiligten Bauunternehmen: Die Ausschreibung enthielt einen Fehler. Das Ingenieurbüro hatte bei der Auflistung der einzelnen Positionen den sogenannten Straßenunterbau vergessen. 

Manche Gemeinderäte können es nicht fassen. "Mir würde man grobe Fahrlässigkeit vorwerfen, dass wäre vielleicht mein wirtschaftliches Ende", schimpfte Stephan Hermann (AfD), der selbst ein Unternehmen im Garten- und Landschaftsbau hat, und forderte eine juristische Aufklärung. Jens Rühle (CDU) kommentierte: "Man nimmt sich doch ein Ingenieurbüro, damit solche Ausschreibungen funktionieren." Andreas Wohlfahrt (Freie Bürgervertretung) gab zu bedenken, dass der Fehler zwar ärgerlich sei, aber der Gemeinde letztendlich vermutlich gar kein Schaden entstanden ist: "Wenn die Position Straßenunterbau in der Ausschreibung gestanden hätte, wäre sie auch in allen Angeboten eingepreist gewesen. Dann wären die Angebotspreise von vornherein höher gewesen. So oder so, den Unterbau hätten wir eh bezahlen müssen."

Die Frage ist nur, wie teuer der von vornherein gewesen wäre und ob Teichmann dann noch als günstigster Bieter den Zuschlag erhalten hätte. Und die Frage ist auch, warum das mit dem fehlenden Unterbau niemanden auffiel. Denn dass eine neue Straße nicht ohne Unterbau einfach in die Landschaft asphaltiert werden kann, ist selbst jedem Laien klar. Und hätte eigentlich auch allen mitbietenden Baufirmen klar sein müssen. Fiel das wirklich rein zufällig niemanden auf? Oder haben sie alle gepokert? Das zumindest glaubt man bei der AfD. Herrmann: "Ich möchte wissen, wie das passiert ist und wer daran Schuld hat."

Bürgermeister Frank Schöning will niemanden etwas unterstellen. "Wo gearbeitet wird, werden Fehler gemacht. Auch in einem Ingenieurbüro", sagt er. Doch selbst ihn wundert, dass bei der Ausschreibung keine Baufirma Alarm schlug. "Wenn in einer Ausschreibung grobe Fehler auffallen, gehört es zur Sorgfaltspflicht, darauf hinzuweisen."

Die fehlende Position in der Kalkulation fiel erst auf, als die Arbeiten längst begonnen haben. Daraufhin stellte Teichmann die Nachforderungen, zunächst in Höhe 268.000 Euro und gewährte anschließend noch einen Rabatt, sodass nun 263.000 Euro fällig sind. In den Preis eingerechnet ist auch der Ausbau des alten Unterbaus, der aufgrund seiner stark arsenhaltigen Zusammensetzung auch noch kostspielig entsorgt werden musste.   

Im Kreischaer Rathaus hofft man nun ein bisschen auf den Freistaat und hat einen Fördermittel-Nachschlag beantragt. Mittlerweile geht man nämlich sogar von Gesamtbaukosten von rund 3,2 Millionen Euro aus. Zudem wolle man prüfen, inwieweit das Planungsbüro zur Verantwortung gezogen werden kann. "So ein Auftrag ist schließlich mit einem Honorarvertrag und einer Vergütung verbunden", begründet der Bürgermeister. In der Regel kümmert sich die Gemeindeverwaltung selbst um solche Ausschreibungen. Im Falle Baumschulenstraße hatte man das Büro bemüht, weil das Projekt so umfangreich ist. 

Die nächste Ausschreibung läuft übrigens derzeit. Anfang Juni erfolgt die Prüfung der Angebote. Es geht um den zweiten Bauabschnitt. Noch vor den Sommerferien soll die Vergabe erfolgen. 

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