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"Offener Brief" an David Hasselhoff

Viele glauben, Kohl oder Gorbatschow hätten 1989 die Mauer zum Einsturz gebracht. Dabei war es in Wirklichkeit ganz anders. 

Von Marcus Thielking
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Hat David Hasselhoff den Kalten Krieg beendet? Unser Autor sagt: Ja, natürlich!
Hat David Hasselhoff den Kalten Krieg beendet? Unser Autor sagt: Ja, natürlich! © dpa

Lieber David Hasselhoff!

Heute will ich endlich mal die Gelegenheit nutzen und Ihnen im Namen aller Deutschen den Dank aussprechen, der Ihnen längst gebührt hätte. Die Bildschirme und Zeitungen sind jetzt wieder voll von Berichten und Geschichten über den Fall der Mauer und die deutsche Wiedervereinigung vor 30 Jahren. Und wie immer wird dabei fleißig Geschichtsklitterung betrieben über die wahren Hintergründe, die zum Ende der DDR führten. Mal soll es Gorbatschow gewesen sein, der alles ins Rollen brachte. Mal war es Helmut Kohl, der die Einheit mit Saumagen und Strickjacke quasi im Alleingang herbeiführte. Mal wird Johannes Paul II. genannt, der als erster Papst den Ostblock besuchte und damit den Eisernen Vorhang zu Fall gebracht hat. Und vereinzelt ist auch immer wieder die alte Mär zu lesen, die Ostdeutschen selbst hätten damals die Friedliche Revolution herbeigeführt.

Dabei wissen Sie und ich ganz genau, wie es wirklich war: Sie, und nur Sie waren es, der den Kalten Krieg beendet hat. Ich rede jetzt nicht nur von Ihrem Superhit „Looking For Freedom“, der 1989 die meistverkaufte Single in Deutschland war. Nein, ich rede von der wahren Geschichte, die jetzt in einem Hörbuch, das Sie produziert haben, erstmals öffentlich gemacht wird. Unter dem Titel „Mission Mauerfall“ erzählen Sie die Geschichte, wie Sie im Herbst ’89 in Ostberlin mit einem CIA-Agenten verwechselt wurden, der Ihnen zufällig ähnlich sah. In einem Interview sagten Sie neulich dazu: „Es gibt bei diesem Hörbuch einen schmalen Grat zwischen Fiktion und Realität.“ Und da wurde mir plötzlich alles klar: Diese Geschichte, die Sie da erzählen, ist natürlich nur eine Parabel. Wie es wirklich war, dürfen Sie wahrscheinlich gar nicht sagen. Weil es streng geheim ist. Weil Sie nämlich damals tatsächlich ein CIA-Agent waren!

Auf einmal ergibt alles einen Sinn: Der amerikanische Geheimdienst hat Sie damals als Spion mit „Looking For Freedom“ nach Deutschland geschickt, um den Sozialismus zu vernichten. Es war einfach klar: Wenn die DDR-Bürger diesen Hammersong hören, dann flippen sie total aus und reißen die Mauer ein. Hat dann ja auch super funktioniert. Sie brauchen jetzt nichts zu sagen, ich kann verstehen, wenn Sie nicht die ganze Wahrheit zugeben dürfen. Aber die Zeichen, die Sie setzen, sind doch nicht zu übersehen. Zum Beispiel haben Sie jetzt Ihre Deutschland-Tournee in Berlin gestartet – genau am Tag der Deutschen Einheit. Es kann mir doch keiner erzählen, dass da nicht auch wieder der CIA dahintersteckt …

Das Ganze bringt mich auf die Idee, wie wir Donald Trump wieder loswerden könnten. Der BND sollte Roland Kaiser in die USA schicken, mit seinem neuen Song: „Alles noch da.“ Ich denke, es dauert höchstens drei bis vier Wochen – dann sind die Amis so hin und weg, dass sie Trump zum Teufel jagen. Aber pssssst: Das muss bitte alles unter uns bleiben!

Ihr Marcus Thielking

Der "Offene Brief" ist eine satirische Kolumne im Wochenend-Magazin der Sächsischen Zeitung