Pappe satt

Zwickau ist immer noch drin. Wenn das Trabant-Treffen ruft, macht sich Jürgen Walter mit seinem Gefährt auf den Weg. Weiter weg sollte es dann aber nicht unbedingt gehen. „Eigentlich besuche ich mehr die regionalen Treffen“, sagt der Markersdorfer. Jürgen Walter fährt ein dunkelblaues Trabant-Cabrio. Ein Hingucker. Der Trabi ist mit einem Umbausatz der Firma Ostermann aus Osnabrück ausgestattet.
Über zehn Jahre lang hatte Jürgen Walter eine Autowerkstatt in Markersdorf. Inzwischen gab er den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen auf. Aber privat bastelt er weiter an Oldtimern. Ein paar Trabis hat er noch auf Halde stehen. „Wenn ich mal viel Zeit habe, kümmere ich mich um sie“, schmunzelt er. Der Trabant, eine Lebenseinstellung? Vielleicht. Fest steht: Die Pappe lebt. Ende 2018 waren im Landkreis Görlitz 742 Trabis zugelassen, Ende 2019 sogar 760. Deutschlandweit waren im vergangenen Jahr 36 000 Exemplare auf den Straßen unterwegs und damit etwa 1.000 mehr als 2018. Die meisten davon rollen auf sächsischen Pisten. Kein PKW mit Zweitaktmotor wurde länger als der Trabant gebaut. Große Stückzahlen erreichte von 1964 bis 1991 insbesondere der Trabant P 601. Insgesamt wurden drei Millionen Trabis in Zwickau gebaut.
Kurz nach den gesellschaftlichen Veränderungen nach 1989 von den DDR-Bürgern eher geschmäht, für kleines Geld verkauft, verschenkt oder gar entsorgt, erlebt der Trabant heute eine kleine Renaissance. Was den prozentualen Zuwachs angeht, hatte der Trabant 2019 sogar ein größeres Plus als Volkswagen. Offensichtlich werden demnach viele Trabis restauriert und wieder in den Verkehr gebracht.
Trabant, das ist inzwischen auch ein Stück Erlebnistourismus. Man kann die Fahrzeuge leihen, es gibt Trabi-Safaris, Rundfahrten übers Land und durch Städte, unzählige Treffen und, und, und. Und eben Leute wie Jürgen Walter, die sie erhalten und daran schrauben. Es sei die einfache, alte Technik, die ihn reize, sagt er. „Da kann fast jeder was dran machen“, so Jürgen Walter. Außerdem: Trabant, das bedeutet für ihn auch ein Stück Kindheitserinnerung.
Dabei kann so ein (Neu-)Aufbau durchaus Tücken haben, weiß der Experte. Abzuschätzen, was eine Vollrestaurierung am Ende für einen zeitlichen und finanziellen Aufwand mit sich bringt, sei sehr schwierig. Was unter dem Duroplast steckt, sieht man eben erst, wenn das gute Stück zerlegt ist. Auch bei der Pappe spielt der Rost, etwa an den Schwellern eine Rolle. Manche Teile sind so verschlissen, dass sie neu angefertigt werden müssen. „Mancher Trabi-Freund streicht dann die Segel“, sagt Jürgen Walter. Und nur halben Herzens mit der Restaurierung zu beginnen, bringe auch nichts.
Trotz allem, missen möchte Jürgen Walter das Trabant-Gefühl keinesfalls. Um den Nachschub an Ersatzteilen macht er sich keine Sorgen. Der Markt ist groß. „Wer noch an die Original-Ersatzteile aus DDR-Zeiten kommt, hat den Hauptgewinn. Die halten einfach länger“, schildert Jürgen Walter. Inzwischen gibt es aber auch Firmen, beispielsweise in Ungarn, die sich auf den Nachbau konzentriert haben.